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WÜRZBURG: Mainfranken Theater: Kinder auf der Bühne

WÜRZBURG

Mainfranken Theater: Kinder auf der Bühne

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    Feinschliff: Regisseur Malte Kreutzfeldt arbeitet mit David Siebert (Mitte) und Luke Finnegan.
    Feinschliff: Regisseur Malte Kreutzfeldt arbeitet mit David Siebert (Mitte) und Luke Finnegan. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    „Hey David, wie sehe ich aus?“, fragt Luke und rückt sich den schwarzen Zweispitz mit der breiten Krempe zurecht. Das Gesicht des schmalen Elfjährigen verschwindet beinahe unter dem übergroßen Hut. David reckt den Daumen nach oben: „Super!“, ruft er seinem Kumpel zu. Beruhigt entledigt Luke sich seiner bunten Airmaxx Turnschuhe und tapst barfuß über den Holzboden zum Zentrum der Bühne. Während das Licht gedimmt wird und gefühlvolle Musik aus zwei großen Lautsprechern erklingt, verändert sich sein Gesichtsausdruck. Aus dem Jungen, der eben noch unbedarft durch den Probenraum getobt ist, wird Petja Rostow, der nachdenkliche Kindersoldat in Leo Tolstois Epos „Krieg und Frieden“.

    Der schnelle Wechsel in die Rolle muss sitzen, denn Petja ist eine der Hauptfiguren in der Inszenierung des Stücks am Würzburger Mainfranken Theater. „Eine alte Theaterregel lautet: ,Kinder und Hunde dürfen nicht auf die Bühne.‘ Das Risiko, dass etwas schiefgeht, ist zu groß“, sagt Regisseur Malte Kreutzfeldt, der auch die Bühnenfassung des Romans erarbeitet hat. Deshalb ist es eine absolute Besonderheit, dass ein Kind eine tragende Rolle spielt. Ab und zu gäbe es minderjährige Statisten, doch dass eine große Sprechrolle mit einem Kind besetzt werde, komme fast nie vor, heißt es vom Theater. Luke Finnegan und sein Zwölfjähriger Kollege David Siebert tauchen in „Krieg und Frieden“ viermal in großen Szenen auf. Sie müssen sogar Monologe sprechen, bei denen der ganze Fokus des Publikums auf sie gerichtet ist.

    Um sich darauf vorzubereiten, haben die beiden insgesamt sechs Wochen Zeit. In einem Auswahlverfahren haben sie sich unter 30 Kindern durchgesetzt. „Das Casting war lustig, da mussten wir mit den anderen auf dem Boden herumkriechen“, erzählt Luke. Über Aufregung oder Nervosität verliert er kein Wort. Dabei stand der Junge aus Rimpar noch nie auf einer großen Bühne. Lediglich in Ferienkursen hat er ein paar Erfahrungen gesammelt. David, der im Frauenland zur Schule geht, hatte immerhin schon Statistenauftritte am Mainfranken Theater. Doch so eine große Rolle ist auch für ihn neu.

    Der Regisseur sieht diesen Mangel an Erfahrung nicht als Problem, er setzt sogar auf eine gewisse Unbedarftheit im Spiel der beiden. „Petja ist ein sehr unschuldiger Charakter. Ein Erwachsener kann das nicht authentisch spielen, das bekommt nur ein Kind hin“, so Kreutzfeldt. Ausschlaggebend für die Wahl von Luke und David war ihre zierliche Erscheinung. Beide Jungs gehören zu den kleinsten in ihren Klassen, haben feine Gesichtszüge und helle Haare. „Für die Rolle haben wir uns bewusst für Jungs entschieden, die nicht so draufgängerisch sind. Trotzdem dürfen sie natürlich nicht scheu sein“, so Kreutzfeldt.

    Dass sie das nicht sind, beweisen Luke und David bei der Probe. Während sie einen Monolog einüben, lassen sie sich nicht aus der Ruhe bringen, auch nicht von den gespannten Augen von Eltern, Regisseur und Dramaturgin. Luke macht sich ein bisschen Sorgen wegen der Kostüme, die er auf der Bühne tragen muss. „In der ersten Szene haben wir ein Nachthemd an, davon bin ich nicht so begeistert“, sagt er. Schließlich haben alle seine Freunde angekündigt, das Stück sehen zu wollen. „Ich glaube aber nicht, dass die wirklich alle kommen“, so Luke.

    Insgesamt elf Aufführungen teilen die Jungs in ihrer Doppelbesetzung untereinander auf. Die Abendvorstellungen werden wohl bis etwa 23 Uhr dauern, Luke und David sind bis zum Ende dabei. Das Theater hat dafür eigens eine Sondergenehmigung vom Jugendamt eingeholt, denn Minderjährige dürfen nach 22 Uhr eigentlich nicht mehr öffentlich auftreten. An Schultagen besteht für Luke und David die Möglichkeit, nach einer Vorstellung etwas später zur Schule zu kommen.

    Trotz des enormen Aufwands für die Kinder – dreimal in der Woche finden Proben statt, in der Woche vor der Premiere sogar täglich – sind die Jungs ganz entspannt. „Für mich ist das ein Hobby“, sagt Luke. Eine Gage bekommen sie für ihr Engagement nicht, lediglich eine kleine Aufwandsentschädigung. „Die Kinder müssen das wirklich wollen, sonst klappt das nicht. Bei Luke und David bin ich mir aber ganz sicher, dass die das prima machen werden“, so Kreutzfeldt. Er glaubt, dass die Kinderschauspieler das Stück sogar noch spannender machen werden. „Das Publikum atmet mehr mit, wenn Kinder auf der Bühne stehen, eben weil das Risiko höher ist.“

    Nach der Probe gibt David seinem Regisseur die Hand. „Wasch dir beim Rausgehen bitte noch mal die Hände, ich glaube ich erkälte mich gerade“, ruft dieser ihm hinterher. Ein kranker Kinderschauspieler wäre kurz vor der Premiere fatal. Der große Auftritt der beiden steht schließlich erst noch bevor.

    „Krieg und Frieden“ ab 11. April im Mainfranken Theater. Vorverkauf: Tel. (09 31) 39 08 124

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