Unter dem Motto „Mama & Papa ante portas!“ haben sich am Samstag rund 300 Eltern von Erstsemester-Studenten in Würzburg getroffen. Bei dem ganztägigen Aktionstag, der von der Stadt (Congress-Tourismus-Wirtschaft) in Kooperation mit den Würzburger Hochschulen und dem Studentenwerk 2011 ins Leben gerufen wurde, war auch in diesem Jahr der Andrang groß.
Ein verstärktes Interesse am Leben der Kinder am meist unbekannten Studienort war Grund, diesen Elterntag ins Leben zu rufen. Aber auch die Reformen in den deutschen Gymnasien mit G8 tragen zu derlei Veranstaltungen bei: Die heutigen Abiturienten können in manchen Fällen gerade mal 17 Jahre alt sein und sind daher rechtlich gesehen noch nicht volljährig.
„Als Mutter macht man sich halt immer so seine Gedanken und das Kind ziehen zu lassen, fällt einem recht schwer“, erzählt Mutter Kinz, deren 21-jährige Tochter Natascha in Würzburg Informatik studiert. Einen Einblick zu erhalten, auch wenn Karlstadt nicht weit weg ist, sei ihnen dennoch wichtig, erzählen die Eltern. „Ich selber habe zudem nicht studiert. Den Unibetrieb mal von innen zu sehen, ist einfach auch ein interessanter Perspektivenwechsel“, meint Papa Kinz begeistert zu der Veranstaltung.

Das Echo ist geteilt: So berichten einige Eltern über genervte und augenrollende Sprösslinge, die keine rechte Lust auf das Nachreisen in ihr „neues Leben“ haben. Andere „Erstis“ dagegen zeigen sich ganz offen für die Besuche von Papa und Mama.
Der 22-jährige Christian Geiger aus Schwäbisch Gmünd hat als einer von wenigen Studienanfängern sogar den Weg mit zum Elterntag gefunden. Der Musikwissenschafts-Student findet es „vollkommen in Ordnung, wenn seine Eltern wissen wollen, wo er abbleibt“, er habe die Einladung per e-Mail postwendend an seine Mutter weitergeleitet,ohne „groß darüber nachzudenken“.
In diesem Wintersemester 2014/2015 haben sich wieder rund 6.000 junge Frauen und Männer für ein Studium an einer der Würzburger Hochschulen eingeschrieben. Die Stadt ist nach wie vor heiß begehrt für allerlei Studiengänge von Medizin über Jura, Lehramt und Exoten wie Digital Humanities oder Altorientalistik. Professionell organisiert hatte der Elterntag mehrere Highlights zu bieten.
Morgens eine eineinhalbstündige Busrundfahrt mit Fremdenführerin Christina Walther und allerlei historischen Infos zur Stadtgeschichte sowie eine Besichtigung der FH am Sanderheinrichsleitenweg mit Rundgang im professionellen Fotostudio der Studenten der gestalterischen Studiengänge.
Der größte Standort für universitäre Bildung, das Hubland, war selbstverständlich ebenfalls im Programm integriert. Aber auch das leibliche Wohl der Besucher von Nah und Fern kam nicht zu kurz, eine Einkehr in der Stadtmensa stand auch auf dem Plan. Nachmittags wurde dann zu Fuß der innerstädtische Bereich erkundet und am Abend klang der Informationstag bei der Nacht der Offenen Weinkeller gemütlich aus.
Helikopter-Eltern oder voneinander profitieren?
Wenn man kritischen Zungen Glauben schenkt, sind Kinder, deren Eltern an derlei Veranstaltungen teilnehmen, überbehütet – Medienwissenschaftler und Pädagogen bezeichnen diese Mütter und Väter als „Helikopter-Eltern“. Ein ständiges Kreisen um die Sprösslinge könne die Entwicklung zur Selbständigkeit, welche ja gerade im Studium gefordert ist, hemmen.
„Sachliches Interesse und Fürsorge lassen uns Eltern solche Touren machen“, so Papa Brose aus Potsdam. 480 Kilometer Distanz zum Elternhaus und ein neuer, wichtiger Lebensabschnitt lassen das Interesse an der neuen Wahlheimat zudem steigen. „Wir vermissen unsere Tochter Maxi natürlich, sie ist unser einziges Kind und wir freuen uns aber gleichzeitig über ihre tolle Entwicklung seit dem Auszug – sie ist regelrecht erwachsen geworden. Aber ein wenig Präsenz zu zeigen, ist natürlich auch nicht verkehrt, um unterstützend zur Seite zu stehen“, so das Ehepaar. Deren 19-Jährige hat in diesem Semester ihr Studium in Medienkommunikation aufgenommen.
Egal ob weiter angereist oder schon ortskundig, viele Eltern wie auch ihre Kinder profitieren am Ende von solchen Zusammenkünften. Auch wenn die frischgebackenen Studenten nach diesem Tag sicherlich den ein oder anderen elterlichen Kommentar einstecken müssen, haben wohldosierte Ratschläge noch keinem Heranwachsenden geschadet. Oder wie es die Tochter einer Teilnehmerin auf den Punkt brachte: „Ich weiß, du hast es wieder mal gewusst.“