(Rö.) Traurig, aber wahr: Einen der überraschendsten Hafensommer-Abende in diesem Jahr erlebte nur eine sehr überschaubare Besucherschar. Das Quartett Mamsell Zazou, das an der Würzburger Musikhochschule zueinander fand, hätte mehr Aufmerksamkeit verdient. Und was anschließend der Musikjournalist und Buchautor Karl Lippegaus an seinen CD-Spielern zusammenfügte, das war ganz große Kunst.
Ist das noch Jazz oder schon Pop oder umgekehrt? Die Musik der vier jungen Musiker von Mamsell Zazou passt in keine Schublade. Unbeirrt von Kategorisierungen gehen Christine Boersch-Supan (Gesang), Gitarrist Phillip Staffa, Martin Knorz (Fender Rhoses, Moog) und Schlagzeuger Fabian Hönes ihren eigenen Weg. In ihrem Indie-Jazz oder Avantgarde-Pop sind vielerlei Spurenelemente aus der Musik des 20. Jahrhunderts enthalten, die sie zu einem stimmigen Puzzle zusammenfügen. „We begin where the line ends“ heißt es im „Riverside Song“ und das beschreibt treffend, wo „Mamsell Zazou“ ansetzen – wo Gängiges und Bekanntes aufhört, da beginnen sie mit ihrer Klangforschung, die sie auf der Bühne routiniert und überzeugend umsetzen. Und auch wenn sie hörbar vom Jazz kommen, entfernen sie sich doch immer weiter von ihm. Ein feines Konzert, das mehr Zuhörer verdient hätte.
Das gilt auch und erst recht für Karl Lippegaus und seinen „Stille im Kopf-Remix“. Aus seinem gleichnamigen Buch liest Lippegaus nicht an diesem Abend, dafür blättert er ein musikalisches Hörbuch auf, das seinesgleichen sucht. Blues, Rock'n Roll, Jazz, Ambient, Brasilianisches und Afrikanisches, Sphärisches und Zupackendes – Lippegaus kombiniert an seinen CD-Playern spontan aus zahllosen kurzen Ausschnitten ein globales Musikmosaik. Er fügt scheinbar Fremdes und Gegensätzliches zueinander, stellt unbekannte Querverbindungen her, und plötzlich hört und spürt der Zuhörer, dass das alles schon immer irgendwie zusammengehört. Nur schade, dass es in Würzburg kaum jemand gehört hat.