Eine Nacht im Mai: Vor seinem Konzert in der Posthalle im Mai angelt Marten Laciny alias Marteria mit Freunden an einem See im Würzburger Stadtteil Lengfeld. Man sitzt beisammen, hängt die Angel ins Wasser und zieht mehrere Fische an Land. Der Musiker lässt sich mit den Tieren filmen und setzt sie danach wieder in den See. Ist das Tierquälerei? Dem Rapper droht eine Geldstrafe.
Tierschutzorganisation Peta zeigte Marteria an
Die Sache wurde publik, weil Marteria das Video „One night in Würzburg“ mit Sequenzen vom nächtlichen Fischen in Würzburg im Internet veröffentlicht hat. Nachdem Aktivisten von Peta (Abkürzung für die englische Bezeichnung von „Menschen für den ethischen Umgang mit Tieren“) das Video entdeckten, zeigte die Tierschutzorganisation den Rapper wegen Tierquälerei an.
Auf Nachfrage bestätigt der Würzburger Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen der Redaktion, dass ein entsprechendes Ermittlungsverfahren wegen Verstoßes gegen das Tierschutzgesetz geführt wird. „Die Akte befindet sich derzeit zur Durchführung der erforderlichen Ermittlungen bei der Polizei“, sagt Raufeisen. Abgeschlossen wären diese nicht vor Mitte September.
“Fische leiden Todesangst und Schmerzen“
„Fische sind kein Spielzeug, sondern empfindsame Lebewesen“, erklärt Tanja Breining, Fachreferentin für Fische und Meerestiere bei Peta, warum die Tierschutzorganisation tätig wurde. Von dem Moment an, in dem sich der Angelhaken durch den Mund der Fische bohrt, bis zum Zurücksetzen ins Wasser, empfinde das Tier nicht nur Schmerzen, sondern leide auch unter Todesangst und Sauerstoffmangel. Beining weiter: „Marteria hat aufgrund seiner großen Fangemeinde eine Vorbildfunktion – ein solcher Umgang mit sensiblen Lebewesen gehört für uns nicht zu einem coolen Lifestyle." Peta will Angeln generell verbieten.
Angeln gehen statt Drogen nehmen
Marteria, der vor seiner Musikkarriere Profifußballer und Model war, hat tatsächlich eine große Fangemeinde: Seine Clubtour durch Deutschland war im Frühjahr innerhalb von einer Minute ausverkauft. Warum dem coolen Rapper ausgerechnet das eher altbackene Hobby Angeln taugt, hat er in mehreren Interviews erklärt. So habe er bereits als Kind mit seinem Vater geangelt und tue jetzt dasselbe mit seinem Sohn. Das Angeln habe ihm auch geholfen, von Drogen und Alkohol wegzukommen. „Meinen Rausch hole ich mir jetzt durchs Angeln.“
Durch das Runterkommen in der Natur habe er gelernt, wieder den Tag zu genießen. Das Thema beschreibt er auch in einem Song: In „Blue Marlin“ geht es um den Königsfisch der Angler, den Materia vor Jamaika gefangen hat.
Peta wirft dem Musiker „Catch & Release“-Angeln vor. Das „Fangen und Freilassen“ von Fischen, das als reines „Spaßhobby“ nicht dem Nahrungserwerb dient, ist umstritten.
„Ich finde es nicht vertretbar, nur für ein Foto zu angeln“, sagt Dr. Wolfgang Silkenat, Leiter der Fischereifachberatung des Bezirks Unterfranken zum Thema „Catch and Release“. Aber leider passe der Trend zur Selbstdarstellung mit dem dicksten Fisch wohl zum Zeitgeist. Für die meisten Angler sei das Mitnehmen und Essen ihres Fangs zwar selbstverständlich – „aber es gibt auch andere“.
Augenthaler wurde ebenfalls angezeigt
Auch der Bayerische Landesfischereiverband kritisiert „Karpfen- und Wallerprofis“, die gezielt Großfische für ein Fotoshooting fangen. Angezeigt hat Peta wegen eines solchen Fotos im vergangenen Jahr auch den Ex-Fußballer Klaus Augenthaler. Laut Medienberichten musste er eine Strafe von 3000 Euro zahlen.
Die Fischereifachberatung setzt diesem Trend etwas entgegen. So werden Kurse zum Schlachten, Räuchern und Zubereiten – gerade von grätenreichen Fischen – angeboten. Besonders große Fische, wie eben kapitale Waller, könnten Angler an Berufsfischer abgeben, wenn sie diese nicht selbst verwerten.
Marteria will sich nicht zu den Vorwürfen äußern
Ein Würzburger Freund sagt dieser Redaktion, dass sich der Rapper auf Anraten seines Anwalts nicht zu den laufenden Ermittlungen gegen ihn äußern will. Der Mann ist auch Angler. Er war in der Nacht am See dabei und versteht die Vorwürfe nicht. „Von uns angelt keiner, weil er auf einem Foto posieren will.“ Stattdessen gehe es um das Naturerlebnis.
„Wir essen natürlich auch mal einen Fisch“, sagt der Würzburger. Aber genauso wie er zu kleine Fische wieder zurücksetzte, oder solche die unter Artenschutz stünden, lasse er auch große Karpfen wieder frei: „Damit sie sich weiter vermehren können.“ Für ihn und die Angler, die er kenne, sei es selbstverständlich, sorgsam mit den Fischen umzugehen und ihnen Qualen zu ersparen.