Noch hat er einige Arbeitskollegen, die Steinmetz von Grund auf gelernt haben. In der Natursteinindustrie rund um die Kirchheimer Steinbrüche verschwindet der Beruf jedoch zusehends: „Der moderne Steinmetz ist der Naturwerksteinmechaniker“, hat Steffen Keller beobachtet. Der 20-Jährige weiß, wovon er spricht. Für seine hervorragende Leistung als Jahrgangsbester in Bayern in dem noch jungen, dreijährigen Ausbildungsberuf wurde der frühere Lehrling der Kirchheimer Firma HemmStone bei einem Festakt in der Berufsschule Eichstätt geehrt. Von den insgesamt 31 Auszubildenden kamen allein neun aus der Region Würzburg.
Im Gegensatz zum klassischen Steinmetz, der mit Hammer und Meißel das Gestein per Hand bearbeitet und heute hauptsächlich in der Restauration oder als Bildhauer zum Einsatz kommt, lässt der Naturwerksteinmechaniker Maschinen für sich arbeiten. Und die lassen sich sehen: Die größte, mit der Steffen Keller im Betrieb HemmStone zu tun hat, nimmt komplett eine Hälfte einer langgezogenen Werkhalle ein, die die Firma vor Kurzem errichtet hat. Allein das Sägeblatt hat den Umfang eines erwachsenen Mannes.
„Reine Steinmetzarbeiten wären zu teuer“
Sabine Nahm Kirchheimer Firma HemmStone
Dennoch genügt ein Knopfdruck des jungen Mannes, um das Ungetüm in Bewegung zu setzen. Zuvor hat er die Maschine auf das Material passend programmiert und auf einem Bildschirm die Umrisslinien eingezeichnet, um den Felsblock in Form zu bringen, millimetergenau. Mit Hilfe eines Lasers schafft es die Säge, ihn in exakt gleich dicke Rohplatten zu zerschneiden. Die dünnsten messen gerade einmal einen Zentimeter. Bei HemmStone hat es Steffen Keller in erster Linie mit den unterschiedlichen Sorten des Kirchheimer Muschelkalks zu tun. Hinzu kommt Sandstein, die die Firma in firmeneigenen Steinbrüchen in der Bamberger Gegend bricht.
Anders wäre es in der seit den letzten Jahrzehnten stark industrialisierten Steinbruch-Branche auch gar nicht möglich, ausreichend Platten für Gebäudefassaden oder Gesteinsblöcke zu produzieren, die in der derzeit boomenden heimischen Natursteinindustrie häufig gerade auch bei Großprojekten zum Einsatz kommen. „Reine Steinmetzarbeiten wären auch einfach zu teuer“, bestätigt Sabine Nahm, selber gelernter Steinmetz und nun im Betrieb zuständig für organisatorische Fragen.
Für den 20-Jährigen, der aus dem Nachbarort Kleinrinderfeld stammt, einer Natursteingemeinde, in der der Muschelkalk seit Jahrhunderten zum Alltag der Menschen ähnlich dazu gehört wie in Kirchheim, war es rasch klar, dass für ihn eine reine Büroarbeit nicht in Frage kommt. Er schätzt die Abwechslung im Beruf, die Arbeit mit dem Naturstein und die Aufstiegschancen. Dass es dabei nicht ganz so fein zugeht, stört ihn nicht. Auch sind die Zeiten vorbei, dass die Gesteinsbearbeitung als schmutzige Schwerstarbeit galt. Heute staubt es kaum noch. Der Einsatz von Wasser verhindert das. Hebekräne erleichtern das Umherwuchten der schweren Platten.
Dabei war ihm der Beruf nicht in die Wiege gelegt, er ist der erste in der Familie, der in der Steinindustrie arbeitet. Das Interesse des Realschülers, der den Kunstzweig abgeschlossen hat, weckte ein Skulpturen-Kurs bei dem Kleinrinderfelder Bildhauer Kurt Grimm beim Ferienprogramm der Gemeinde. Da er zudem in Mathematik und auch am Computer den nötigen Durchblick hat, brachte er das unentbehrliche technische Geschick mit.
Im Ausbildungsbetrieb ist man stolz auf den erfolgreichen Lehrling. „Es war für uns selbstverständlich, dass wir ihn übernommen haben, unbefristet, versteht sich“, erklärt Nahm: „Er verstärkt unser Team perfekt und bringt einiges an Kenntnissen mit, was unseren älteren Angestellten schwer fällt.“ Die nächste Stufe seiner Laufbahn hat Steffen Keller bereits geplant: Mit dem nächsten Kurs möchte er ab 2016 den Meisterabschluss in Angriff nehmen. Damit könnte er als Werkmeister und sogar als Betriebsleiter Verantwortung übernehmen. Das Stipendium der IHK Mainfranken hat er schon sicher.