Dem historisch interessierten Publikum ist ihr Name ein Begriff: Mata Hari. Als exotische Nackttänzerin kurbelte sie Männerfantasien an, verstand ihre Liebhaber zu manipulieren, ließ sich auf Spionagetätigkeit zunächst für Deutschland, später auch für Frankreich ein, wofür sie dort angeklagt und schließlich 1917 hingerichtet wurde. Ihr Leben, ihr dramatisches Ende ergeben vielversprechenden Stoff für die Bühne.
Den hat der Würzburger Autor Matthias Hahn in die "Mata Hari Todesshow" eingerührt. Sein mit "düster-erotischen Tanzchoreos" durchsetztes Stück erzählt eine nicht alltägliche Liebesgeschichte über "die gefahrvolle Emanzipation einer jungen Frau im New Yorker Rotlichtmilieu", besagt der Programmflyer des Theaters Chambinzky. Das zeigt den "Krimi-Thriller", der "die Grenzen der Kunst auslotet" und bei der Premiere auf der Kellerbühne recht ordentlichen Applaus erhielt. Allzu viel sollten sich jedoch weder Fans von Krimis noch erotisierender Vorführungen von dem mit über zwei Stunden Spielzeit etwas lang geratenen Werk versprechen, das ein Stück im Stück unterbreitet.
Wie weit darf Kunst gehen?
Der "Todesshow"-Inhalt ist rasch erzählt: Der bekannte Theatermacher Castoux (gespielt von Matthias Hahn, der zusammen mit Mio Müller auch die Regie verantwortet) hat ein biografisches Drama über die Stripteasetänzerin und Doppelagentin geschrieben. Nur aufgrund der Unterstützung des Mafia-Bosses John Horner (Michael Schwemmer) kann er sich seinen Traum von der Broadway-Produktion erfüllen, muss dafür aber die Einflussnahme des Geldgebers hinnehmen. Weil Horners Sohn Jack (Maximilian Reger) in die Prostituierte und Tänzerin Lydia (Korinna Wenzel) verliebt ist, sorgt der Papa dafür, dass sie die Titelrolle erhält und auch der wenig begabte Junior mitspielen darf. Als mit der New Yorker Polizistin Phoebe Lipinski (Conny Leimeister) allerdings eine alte Bekannte der jungen Frau auftaucht, gerät diese zwischen die Fronten von FBI und Mafia. Lydia muss befürchten, nicht nur den Bühnentod zu erleiden …

"Sex sells", das weiß der mit protzigen Goldketten geschmückte, breitbeinig und machtbesessen auftretende Mafia-Boss John, der der Tänzerin bei ihrem ersten Auftritt einen "netten Body", "schönen Arsch" und "zu kleine Titten" bescheinigt. "Sex sells" weiß aber auch Autor Hahn und bedient in weiteren Szenen gängige Klischees: So darf Lydia sich vor Castoux zunächst als sexhungriges Püppchen präsentieren und sich einer früher sicherlich vulgär, heute eher drastisch, genannten Ausdrucksweise bedienen. Die wirkt teils (unfreiwillig?) komisch, etwa als sie sich für die Todesszene begeistert: "Geil, ich bin dabei." Trotz seiner Verliebtheit in Lydia kuscht Jack vor seinem Vater, befolgt dessen Anweisungen. Lipinski gibt die gradlinige, coole Polizistin, die sich nicht einschüchtern lässt.
Eindringlich und anrührend gerät die Probenszene, in der die junge Frau Parallelen zwischen ihrem und dem Leben der Titelheldin erkennt und dem (hier noch väterlich auftretenden) Regisseur erzählt. Gelungen ist auch der Dialog der beiden, als sie ihn später mit der Frage konfrontiert, wie weit Kunst gehen darf, wo ihre Grenzen liegen. Bezeichnend, dass er bekennt, dafür einen Pakt mit dem Teufel einzugehen. Intensiv und überzeugend gelingt es Lydia auch, ihre Angst vor der Todesszene zu schildern: "Vielleicht ist alles falsch, das ganze Stück."
Ob das auch die Zuschauer der "Todesshow" so empfinden? Zugegeben, sie unterhält. Aber sie ist nicht wirklich fesselnd. Was wohl vor allem an den etwas hölzernen Dialogen und den zu blassen Männer liegt.
Das Stück ist noch bis 15. Juni auf der Bühne zu sehen. Kartenreservierung: theater@chambinzky.com, Tel.: (0931) 51212.