Alle Jahre wieder? Nein! Natürlich kommt das Christuskind nicht. Wohl aber die ewige Enttäuschung über die sonst so kreativen Köpfe aus der Welt des Anpreisens. Auch heuer haben sie sich wieder nur Versatzstücke aus dem stinknormalen Sprach-Baukasten geholt. Pfiff, Witz und Ironie sind da nicht drin. Höchstens unfreiwilliger Humor könnte aufkommen. Müssen Sie nicht grinsen, wenn da einer sagt: „Wir empfehlen zum Advent Känguruh-Hüfte“ oder „Fürs Fest der Liebe frisch geschlachtet“. Oder würden Sie von diesem nackten Kleinkind mit Nikolausmütze ein Auto kaufen?
Natürlich gibt es eine Rangliste der am meisten gebrauchten Begriffe. An oberster Stelle steht „Schenken“ in allen Formen, sogar in negativer „Verschenken“. Auf den Plätzen folgen „Weihnachten“ oder „Weihnacht“, seltsamerweise oft auch Christmas oder sogar X-mas genannt, wahrscheinlich für die Touristen. Mit nur geringem Abstand kommen „Zauber“, „Träume“, „Wünsche“ „Kaufen“ und „Fest“ daher, und wenn's ganz wichtig ist, sogar zusammengesetzt.
Was halten Sie von diesem Gedicht: „Ihre Weihnachts-Wünsche werden wahr, in der Kaiser-Straße, ist doch klar!“ Auch „Genießen Sie die urgemütliche fränkische Weihnachts-Stimmung beim Bummel durch Ihre Schuster-Gasse“ hat durchaus etwas für sich. Da finden sich dann Geschenke zum Staunen, traumhafte Geschenkideen oder die ganze Zauberwelt des Schenkens, natürlich himmlisch günstig oder auch sternhagelgünstig. Sie können wählen zwischen Tanzspaß, Kursbesuch im Stadtkloster der Mönche, Duftzauber, echter Freude, unvergesslichen Momenten, Weihnachts-Schnäppchen, jugendlichem Aussehen, oder auch kuscheligem Advent im Gesundheitsland Oberösterreich, wenn Sie mögen. Es wäre Ihr persönliches Advents-Shopping.
Haben Sie eine ganz besondere Frau, was ich annehme, dann wäre das von einem Franchise-Experten entwickelte Gebilde das ideale Geschenk für Sie. Dieses hat aber nichts mit diesem Anti-Aging-Face-Gel mit echtem Gold, Amino-Peptiden und Urea zu tun, obwohl das richtig gut klingt. Sie können natürlich auch ganz Würzburg mit einem Gutschein verschenken, obwohl die Stadt Ihnen gar nicht gehört. Schließlich macht Weihnachten jetzt doppelt glücklich. Da heißt es dann „Stille Nacht! Klarer Blick!“
Wenn Sie schließlich dem Gedudel mit maximal zehn „Christmas-Songs“ in den Kaufhäusern entronnen sind und im Gedränge der Würzburger Weihnachtszeit an irgendeinem Glühwein-Schlössle Erholung suchen, dann machen Sie doch einfach mal einen kleinen Test. Schließen Sie die Augen und singen Sie ernst und innig: „Stille Nacht! Heilige Nacht!“. Man wird Sie wahrscheinlich für verrückt halten.