Es muss nicht immer Studium sein, eine Berufsausbildung ist für junge Menschen eine mindestens genauso gute Perspektive: Das hört man von den Handwerkskammern seit langem. Doch nicht zuletzt beim „Tag des Handwerks“ an diesem Samstag ist klar: In vollem Maße zieht die Jugend noch nicht, allzu viele Lehrstellen sind gerade im Handwerk noch frei, allein in Unterfranken etwa 1000.
Götz: Erst Abi, dann Studium, jetzt Metallbildner
Michael Götz aus dem Würzburger Stadtteil Heidingsfeld fällt in dieser Hinsicht aus dem Rahmen: Der 26-Jährige hatte 2009 das Abitur gemacht, dann studierte er in Würzburg erst acht Semester Biologie, dann noch ein bisschen Politikwissenschaft und Soziologie – und nun wird er Metallbildner. Vom angehenden Akademiker zum Handwerker: ein Schwenk im Lebenslauf, den Götz nach den ersten zwei Wochen seiner Ausbildung nicht bereut hat, wie er sagt.
Handwerkskammer half beim Vermitteln
„Der Weg nach dem Studium“ habe ihn nicht überzeugt, also drehte er der Uni den Rücken zu. Im Handwerk sieht er mehr Perspektive. Und so wurde er auf ein Angebot der Handwerkskammer für Unterfranken aufmerksam, mit dem Studienabbrecher in eine Ausbildung vermittelt werden. So landete er bei der Demuto GmbH in Geroldshausen (Lkr. Würzburg), wo er im April ein Praktikum machte und im September seine Ausbildung zum Metallbildner begonnen hat.
Ein traditionsreicher, aber seltener Handwerksberuf irgendwo zwischen Goldschmied und Schlosser. Bei Demuto um den Gründer und Geschäftsführer Wolfgang Rein lernt Götz unter anderem, wie aus Metall Kunstgegenstände, Möbel oder Möbelteile hergestellt werden.
Den Weg ins Handwerk „hätte ich allein wegen des Geldes nicht gemacht“, sagt der aus einer landwirtschaftlich geprägten Familie stammende Azubi. Der Reiz seines neuen Berufes liege vielmehr „in den gestalterischen Möglichkeiten“ und in „der großen Bandbreite der Aufträge“. Auch schätze er den geradlinigen Umgang von Handwerkern untereinander. An das frühe Aufstehen jeden Morgen habe er sich gewöhnt.
Da er zu Hause in der Landwirtschaft immer mitgeholfen und auch schon als Hausmeister gearbeitet habe, sei der Wechsel von der Uni zu Werkbank „für mich kein Bruch gewesen“, sagt Götz. Anpacken, das kenne er. Sein Fernziel: der Meisterbrief. Einfach ist der Weg dorthin freilich nicht: Der 26-Jährige muss blockweise in die Berufsschule ins gut zwei Autostunden entfernte Pforzheim, wo die Metallbildner aus Süddeutschland zentral unterrichtet werden.
Job hat auch viel mit Kunst zu tun
An der Werkbank in Geroldshausen hat es Götz auch mit Kunst zu tun: Die Demuto GmbH stellt zum Beispiel Skulpturen her, die der Bildhauer Herbert Mehler (Eisingen/Riedenheim, Lkr. Würzburg) entworfen hat. Auch kunstvolle Tische, Kronleuchter oder ähnliches Mobiliar sind im Repertoire der Firma mit ihren sieben Mitarbeitern. Dazu arbeitet Firmenchef Wolfgang Rein nach eigenen Worten mit bis zu 30 Schreinereien zusammen. Und das bringt ihn auch ins Ausland: Vor wenigen Tagen war Rein in den USA, um eine Villa mit seinen Werken einzurichten. Kunden habe er zudem in Belgien und der Schweiz.
Firmenchef Rein ist Vollblut-Handwerker
Wer Rein erlebt, merkt: Der 50-Jährige ist Handwerker durch und durch. Ihn nach der Perspektive seines Metiers zu fragen, erübrigt sich. Und so verwundert es nicht, dass der begeisterte Motocrossfahrer sein Motorrad stets selbst repariert, dass er schon als Jugendlicher immer irgendwo rumgeschraubt habe und dass er nun fast jeden Tag von 7 Uhr morgens „bis locker 8 Uhr abends“ für sein Unternehmen arbeitet.
In einer Garage fing alles an
In einer Garage in Waldbüttelbrunn (Lkr. Würzburg) habe alles angefangen, erinnert sich Rein. Dort habe er Schrott zusammengebaut. 1992 gründete er seine heutige Firma, in der er nach eigenen Worten seit 20 Jahren junge Menschen ausbildet. Dass er mit Michael Götz nun ausgerechnet einen Studierten in seinen Reihen hat, ist für den 50-Jährigen kein Standesunterschied. Er sieht es eher pragmatisch: „Vielleicht kann er mir ja noch was beibringen.“
Tag des Handwerks Am Samstag, 17. September, ist beim bundesweiten Tag des Handwerks auch in der Region was los. • Schweinfurt: Auf dem Marktplatz werden Handwerker aus verschiedenen Bereichen ihren Beruf vorstellen (11 bis 13 Uhr). Außerdem beantworten sie Fragen rund um Ausbildungsmöglichkeiten und Praktika. Die Kreishandwerkerschaft Schweinfurt nutzt den Tag zudem, um sich bei ihren Kunden mit einem Gewinnspiel zu bedanken. • Oberleichtersbach (Lkr. Bad Kissingen): Die Kreishandwerkerschaft und das Landratsamt laden auf das Gelände der Firma Hanse Haus ein, wo es unter anderem eine Handwerker-Olympiade mit Preisen für Schüler geben wird (ab 9 Uhr). aug