Was haben Rolls Royce, Bentley, Porsche oder Lamborghini mit dem Würzburger Gerwerbegebiet Ost zu schaffen? Sie alle beziehen hochedle Autoteile von der Firma Schäfer-Oesterle, einem der führenden Serienlieferanten für hochwertige Interieurteile. In Würzburg und an zwei weiteren Standorten wird das Innenleben der führenden europäischen Automarken veredelt.
In der Produktion des Firmensitzes im Kreuz geht es ruhig zu. Niemand arbeitet hier im Akkord, niemand hastet in den Gängen umher, auch nicht wenn der Chef kommt. Der Chef für das ganze Unternehmen, das Standorte in Aspach (Baden Württemberg) und Bonyhad (Ungarn) mit über 300 Mitarbeitern hat, ist seit über vier Jahren Volker Herrmann.
Nur wenn der mal so nebenbei eine lederbezogene Hutablage für den Rolls Royce Ghost oder Wraith in die Hand nimmt und sie einem Journalisten zeigt, erntet er vielleicht einen schiefen Blick, weil er Unordnung anrichtet oder einen Fingerabdruck hinterlässt.
„Wir haben das Interieur für die Türen des AMG-Mercedes entwickelt“
Volker Herrmann Geschäftsführer Schäfer-Oesterle
Die Mitarbeiter sind schon lange in der Firma, alles Spezialisten bis hin zu den Näherinnen, die akkurate Nähte auf hauchdünnes Leder aufbringen. Es ist Millimeterarbeit, die in der Autozulieferbranche gefragt ist. Und da hat sich das Würzburger Unternehmen auf der ersten Lieferantenebene gut positioniert.
Von einer Vorstellung muss man sich gleich mal trennen: Die Firma macht keine Veredelung für Autofahrer, die sich mal was besonderes leisten wollen und eben mal vorbeikommen.
Das war eher die Domäne des Würzburgers Erwin Schäfer. Der fuhr vor vielen Jahren einen Porsche und ärgerte sich über die damaligen Plastik-Verkleidungen. Und so gründete er die Firma SC Schäfer und fing an, das Innenleben der Sportwagen aufzubessern. Bei Treffen Gleichgesinnter wurde dann Porsche auf ihn aufmerksam. Eine Geschäftsbeziehung entstand. 2001 verkaufte er sein Unternehmen.
Einen ähnlichen Weg hat das Unternehmen Oesterle hinter sich. Man war im Raum Heilbronn unterwegs und veredelte Mercedes und Audi. 2007 verschmolzen beide Firmen zu einer GmbH. Seit 2011 gibt es zwei private Eigentümer. „Wir sind ein echtes Familienunternehmen“, sagt Herrmann. Und dazu stark wachsend. Binnen zehn Monaten schuf der Geschäftsführer 50 neue Arbeitsplätze in der Verwaltung und in der Produktion, die jetzt unternehmensweit von 6000 auf 10 000 Quadratmeter ausgebaut werden soll.
Mit der reinen Manufaktur macht Schäfer-Oesterle 15 Prozent des Gesamtumsatzes von 30 Millionen Euro. Die hochwertigen Serien-Umfänge bilden den Hauptumsatz. Und so ist das Würzburger Unternehmen beispielsweise Lieferant für den Mercedes AMG GT mit 560 PS. „Wir haben das Interieur der Türen entwickelt und werden 2015 bis zu 7000 Fahrzeuge damit ausstatten“, beschreibt Hermann die Herangehensweise seines Unternehmens. Und im nächsten Jahr kommen weitere 7000 dazu. Damit kein falscher Zungenschlag aufkommt: Im Innenraum veredelt Schäfer-Oesterle alles mit Leder, Lack oder Carbon. Nur Sitze bleiben außen vor.
Um mal eine Zahl zu nennen, die verdeutlicht, wie aufwändig die Tätigkeit des Veredelns ist: Wenn die Hutablage eines Rolls Royce Ghost mit Leder bezogen wird, können pro Arbeitsplatz in Würzburg neun Stück pro Tag produziert werden.
In Aspach, einem weiteren Standort, entstehen die Lederzuschnitte mit Hilfe digitaler Techniken. Bis zu 0,4 Millimeter dünn kann das Rindsleder abgeschält werden. Damit kann auch ein normales Navigationsgerät oder ein Lüftungsschlitz verkleidet werden.
In Würzburg verrichtet auch eine große Maschine ihren Dienst, die von Mitarbeitern mit dem Pralltopf für die Porsche-Lenkräder befüllt wird. Und dann legt sich dünnes Leder um das Plastikteil, hinter dem der Airbag untergebracht ist. 400 Stück täglich finden dann den Weg aus der Domstadt in Macan, Panamera und 911. „Sieht doch gleich ganz anders aus“, freut sich Hermann. Diese Veredelung „Made in Würzburg“ findet zukünftig in 90 Prozent aller Porsche-Typen Verwendung.