Prinzipiell ist es nichts anderes als das Einhängen einer Tür. Einer außerordentlich großen und schweren Tür allerdings, denn es geht um die neuen Tore für die Goßmannsdorfer Schleuse (wir berichteten). Am Donnerstagvormittag wurde das mittlere der drei Tore eingehoben, das sogenannte Mittelhaupttor.
In der Nacht war in der Schleusenkammer noch gemessen, geschweißt und getüftelt worden. Die großen Tore, von denen jeder Flügel rund 20 Tonnen wiegt, müssen haargenau in die Scharniere passen. Die Firma, die die Tore hergestellt hat, hat gut gearbeitet. Trotzdem kann es immer kleine Abweichungen geben, die dann vor Ort noch korrigiert werden müssen. Am Ober- und Unterhaupttor sind die Arbeiten noch nicht so weit fortgeschritten, deshalb können die Tore dort erst in der kommenden Woche eingebaut werden.
Der große rote Kran steht neben der Schleusenkammer bereit. Vier Füße kragen nach den Seiten hin weit aus, um ihm die nötige Stabilität zu verleihen, wenn er die schweren Tore anhebt. Diese warten schon neben der Schleuse. An vier Metallschlaufen am Tor werden massive Ketten befestigt. Bevor der Kran das Tor anhebt, wird nachgemessen, ob die Last auch nicht zu groß wird. Andernfalls könnte der Kran aus dem Gleichgewicht geraten.
Schwebender Stahl
Doch alles ist in Ordnung. Die vier Seile spannen sich an. Die schwarze Platte schwebt waagrecht in die Höhe, reißt dabei ein paar Zweige vom nahegelegenen Baum und wird ein Stückchen entfernt auf großen Holzklötzen wieder abgesetzt. Die Klötze sind nötig, um das Tor in die Senkrechte heben zu können. Ohne die hölzernen Untersetzer könnte die Stahlkante Schaden nehmen, wenn das ganze Gewicht des Tores auf ihr lastet.
Jetzt hängt das Tor nur mehr an zwei Ketten und daher senkrecht. Der Kran schwenkt seinen Ausleger, die schwere schwarze Platte schwebt auf die Schleusenkammer zu. Jetzt sollte bitte nichts passieren, denn in diesem Fall wäre auch der vorgeschriebene gelbe Helm zu nichts mehr nütze. Doch der Kranführer bringt das Tor präzise in Stellung. Nun sind die Männer gefragt, die das Tor ins obere und untere Scharnier einpassen müssen.
Nachdrückendes Grundwasser
Abstieg in die Schleusenkammer über eine extra für die Bauarbeiten aufgestellte Treppe. Festes Schuhwerk, am besten Gummistiefel, ist hier wärmstens zu empfehlen. Denn obwohl das Wasser aus der Kammer gepumpt wurde, strömt ständig neues nach. Es blubbert aus vielen kleinen Löchern im Boden der Schleusenkammer: Grundwasser, das jetzt nach oben drückt, weil das normalerweise in der Kammer befindliche Mainwasser als Gegendruck von oben fehlt. Mehrere Pumpen befördern dieses Wasser jetzt aus der Kammer.
Die Löcher im Boden sind als Ventile unbedingt notwendig. Ohne sie würde das nachdrückende Grundwasser die Bodenplatten möglicherweise sprengen. Überhaupt entsteht durch das Fehlen des Wassers in der Kammer eine Situation, die nicht so recht zur Schleuse passt, erklärt Ingenieur Anil Anwikar aus Würzburg, dessen Büro die Tragwerksplanung für die neuen Schleusentore gemacht hatte. An manchen Schleusen ist es deshalb sogar problematisch, neben der Kammer einen Kran aufzustellen, weil die Wand der Schleuse eigentlich den Druck des Wassers benötigt, um dieser zusätzlichen Belastung stand zu halten.
Die Arbeiter in der Schleuse stört das Wasser nicht. Sie müssen dafür sorgen, dass das große Tor richtig in seinen Scharnieren hängt. Dann kann auch der zweite Torflügel eingehängt werden, der sich beim Schließen in der Mitte mit dem ersten trifft. Das gleiche Spiel wird später am oberen und unteren Tor stattfinden. Die Goßmannsdorfer Schleuse wird mit ihren neuen Toren dann 70 Jahre lang für die Schifffahrt gerüstet sein.