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WÜRZBURG: Mit der Kohle klarkommen

WÜRZBURG

Mit der Kohle klarkommen

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    (tap) Sparen ist fast so etwas wie ihr Beruf. Jeder Euro muss umgedreht werden. Um mit der „Hartz-IV-Kohle“ klarzukommen. Manchmal ist das Geld zu Ende, bevor der Monat vorbei ist. Dann wird Verzicht geübt. Dann kommt es vor, dass Kinder hungrig zur Schule gehen. Ein untragbarer Zustand für die Würzburgerin Marianne Müller, die einen bayernweit einmaligen Lehrgang für allein erziehende Hartz-IV-Empfängerinnen in der Region Würzburg etablieren möchte.

    Das Projekt ist so neu, dass Landtagsvizepräsidentin Barbara Stamm versuchen will, eine „Förderung als Pilotprojekt prüfen zu lassen“, wie sie im Mai in einem Brief an die pensionierte Hauswirtschaftslehrerin schrieb. Nicht nur Stamm ist angetan von dem Projekt, das, so der Titel, Mütter „Fit für den Alltag“ machen will. Auch die Arge Würzburg, die Städtische Klara-Oppenheimer-Schule für kaufmännische, hauswirtschaftliche und soziale Berufe sowie die Diakonie Würzburg sind bereits mit im Boot. Im Herbst soll es losgehen mit einem ersten Lehrgang, bei dem ein Dutzend Frauen lernen sollen, mit dem kargen Einkommen aus Hartz IV vernünftig einzukaufen, gut zu kochen, sich schön zu machen, sich einzukleiden und ihr Kind ordentlich zur Schule zu schicken.

    Marianne Müller ist kein Fan von Hartz IV. Aber sie nimmt die Einführung des Alg 2 ebenso wie den schlechten Arbeitsmarkt für gering Qualifizierte als Realität hin und versucht mit ihrem Projekt, die größte Not zu lindern. Sie könne die Kinderarmut nicht länger mit ansehen, erklärt die 78 Jahre alte Pädagogin ihre Motivation. Unerträglich sei es, dass manche Kinder ab Mitte des Monats kein warmes Essen mehr zu Hause bekommen. In Müllers Projekt geht es in erste Linie um die Kinder, die durch selbstbewusste und „alltagsfitte“ Mütter ebenso gute Bildungs- und Berufschancen erhalten sollen wie Kinder aus betuchten Familien. Kinder sind darum direkt in den Lehrgang integriert. So nehmen sie gemeinsam mit den Müttern am Kochkurs teil.

    „Nur über das knappe Arbeitslosengeld zu klagen, bringt nichts“

    Marianne Müller Hauswirtschaftslehrerin

    Nur über das knappe Arbeitslosengeld zu klagen, bringt nichts, so Müllers Appell an arbeitslose Alleinerziehende, die sich über ihre finanzielle Situation beschweren. Man kann so wirtschaften, dass das Geld bis zum Monatsende reicht. Wie Frauen sich trotz dürftiger Haushaltskasse schön machen können, wird während des Lehrgangs eine Kosmetikerin erklären, die zur ehrenamtlichen Mitarbeit sofort bereit war. Was beim Einkaufen zu beachten ist, vermitteln Fachfrauen von der Verbraucherberatung. Das Gesundheitsamt übernimmt Kurseinheiten zum Thema Impfen und Vorsorge, die Malteser informieren über Erste Hilfe. Auch ein Medienpädagoge und Suchtpräventionsfachleute sollen in das Projekt integriert werden.

    Viel Stoff für die Mütter – die auch viel nachzuholen haben. Die meisten haben keinen Hauptschulabschluss, geschweige denn eine Berufsausbildung. Letzteres kann durch den Lehrgang auch nicht nachgeholt werden. Allerdings: Müller möchte für die Frauen, und dies ist das „Schmankerl“ ihres Konzepts, 400-Euro-Minijobs auftreiben. Die Mitstreiterin im Würzburger Verein „alt hilft jung“ bekommt immer wieder mit, dass ältere Menschen kleine Hilfeleistungen benötigen. Und dafür gerne in die Tasche greifen. Zusammen mit der Würzburger Arge bereitet sie Minijob-Verträge für bedürftige Langzeitarbeitslose bei älteren Menschen vor.

    Zum Abschluss ein Zertifikat

    Bevor der Lehrgang im Herbst beginnt, sind noch einige Detailfragen abzuklären. Natürlich haben Hartz-IV-Empfängerinnen keinen Wagen. Wie sollen sie also zur Klara-Oppenheimer-Schule kommen, wo der Kurs stattfinden wird? Für viele ist das Straßenbahnticket schon zu teuer. Auch ist noch ungeklärt, ob für die Räume in der Schule Miete berappt werden muss. Schließlich soll ein Zertifikat ausgearbeitet werden, das jede Teilnehmerin erhält, die den wöchentlich stattfindenden Kurs absolviert hat. Das Zertifikat soll Voraussetzung für einen 400-Euro-Vertrag sein.

    Marianne Müller ist zuversichtlich, dass sich die finanziellen Probleme lösen lassen. Schließlich wächst die Bereitschaft, etwas gegen die Kinderarmut zu tun. Sollte der Kurs „funktionieren“, hofft sie, dass die Würzburg benachbarten Kommunen wie die Landkreise Main-Spessart und Kitzingen das Konzept übernehmen.

    Weitere Informationen gibt Marianne Müller unter Tel. (09 31) 7 36 19.

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