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Mit einer Aktentasche nach Westberlin

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Mit einer Aktentasche nach Westberlin

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    Der Würzburger Universitätsprofessor der Politischen Wissenschaften
Gerhard Ritter (vorne Mitte) inmitten seiner Mitarbeiter sowie seiner
Schülerinnen und Schüler.
    Der Würzburger Universitätsprofessor der Politischen Wissenschaften Gerhard Ritter (vorne Mitte) inmitten seiner Mitarbeiter sowie seiner Schülerinnen und Schüler. Foto: FOTO MP

    Würzburg (th) Anlässlich des 90. Geburtstages des Würzburger Universitätsprofessors Dr. Gerhard Ritter bereiteten ihm seine Mitarbeiter, Freunde und Schüler einen festlichen Ehrenabend. Ritter, der in geistiger und körperlicher Frische immer noch Seminare abhält, lehrt seit 1964 an der Würzburger Uni Politische Wissenschaften.

    Der intime Kenner der mittel- und osteuropäischen Geschichte und Lehrer der russischen Sprache gehört zu den bekanntesten Sowjetologen und Militärwissenschaftlern des Landes. Zu seinen Lehrmethoden gehörten regelmäßig bis zu zweiwöchige Exkursionen an die Brennpunkte europäischer Politik, wo er die Studentenschaft mit den führenden Köpfen von Politik, Militär, Wissenschaft und Presse konfrontierte. Teilnahmevoraussetzung waren Fachreferate und absolute Diskussionsfestigkeit.

    Der rüstige 90-jährige - als wandelndes Lexikon inzwischen sprichwörtlich geworden in der stehenden Redewendung "Fragt doch den Gerd!" - blickt auf ein bewegtes Leben zurück. 1915 im ostpreußischen Mohrungen geboren, wuchs er in einer siebenköpfigen Landwirtsfamilie auf. Nach dem Abitur in seiner Heimatstadt, einer Landwirtschaftslehre und dem Reichsarbeitsdienst in Westfalen verschlug es ihn 1936 das erste Mal nach Bayern. Nächste Stationen der in Regensburg beginnenden Soldatenlaufbahn waren Coburg, Österreich, das Sudetenland, die Rheinpfalz und Prag. Im Zweiten Weltkrieg sah er Polen, Holland, Belgien, Frankreich sowie Russland einschließlich der Schlacht um Moskau, inklusive einer schweren Verwundung. Das Kriegsende erlebte er am 8. Mai 1945 inmitten des tschechischen Aufstandes in Prag.

    Nach der Entlassung aus amerikanischer Gefangenschaft arbeitete Ritter in einer Großgärtnerei. Von 1946 an studierte er an der Universität Rostock Slawistik, Germanistik und Geschichte und legte 1952 das Examen für das Höhere Lehramt ab. Von SED-Bonzen als "unzuverlässig" eingestuft, floh er 1953 "bloß mit einer Aktentasche" nach Westberlin, wo er 1956 das Examen als Diplom-Politologe ablegte und am Osteuropa-Institut arbeitete.

    1964 betrat er Bayern zum zweiten Mal, als er seinem Lehrer Prof. Walter Grottian nach Würzburg folgte. Nach dessen Tod 1968 habilitierte Ritter bei seinem Mentor Prof. August von der Heydte. Bis zum heutigen Tage gibt Ritter sein Wissen an nachrückende Generationen weiter.

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