"Wenn die Welt Kopf steht, dann ändere die Perspektive." Mit einem treffenderen Spruch hätte die Bürgermeisterin Andrea Rothenbucher die diesjährige Hettstädter Bürgerversammlung nicht eröffnen können. In ungewissen und zum Teil beängstigenden Zeiten wie diesen sei es wichtig, nicht den Kopf in den Sand zu stecken, sondern aktiv nach Möglichkeiten zu suchen.
Ein bunter Rückblick über das vergangene Jahr bestätigte, dass diesem ambitionierten Ansinnen auch Taten folgten. So wurden z.B. in der ehemaligen Post ein Hilfsladen für ukrainische Flüchtlinge eröffnet, 3000 Baumsetzlinge im Greußenheimer Forst gepflanzt, ein kostenfrei zugänglicher Bücherschrank am Rathausplatz aufgestellt, sowie ein großräumiger Grill- und Freizeitplatz am Ortsausgang Richtung Greußenheim geschaffen. "In erster Linie für unsere Jugendlichen, aber auch der eine oder andere 'Große' werde ihn nutzen dürfen", erläuterte Rothenbucher.
Trotz des vielfältigen "Gegenprogramms" nehme man die aktuelle Lage durchaus ernst. Allen voran die Energiekrise, aber auch Gedanken zum theoretischen Katastrophenfall mache sich der Gemeinderat. "Auch wenn das natürlich Horrorszenarien sind, von denen wir nicht hoffen, dass sie je eintreten, sind das durchaus Themen, mit denen wir uns beschäftigen müssen", so Bürgermeisterin Andrea Rothenbucher.
Beschaffung von Notstromaggregaten
So stehen analog zu den Überlegungen des Landkreises die Beschaffung von Notstromaggregaten im Raum, als "Wärmstube" würde im Fall des Falles die Herzog-Hedan-Halle eingesetzt, allgemeiner Infotreffpunkt für Kommunikation und Organisation wäre das Rathaus.
Aber auch im Hinblick auf die bereits Realität gewordenen Energiekrise wurden die ersten Maßnahmen bereits im zurückliegenden Jahr ergriffen. Die wohl effektivste, mit vergleichsweise geringem Aufwand, ist die Umstellung der Hettstädter Straßenbeleuchtung. Satte 78 Prozent Energieersparnis kann nun im Vergleich zu den Vorgängermodellen erzielt werden. Nachts erfolgt eine 60-prozentige Lichtabsenkung, die den Energieverbrauch zusätzlich senkt. Öffentliche Einrichtungen werden aktuell nicht mehr bestrahlt, die Absenkung der Raumtemperatur in öffentlichen Gebäuden (mit Ausnahme der Schulen) ergänzen die Energiesparmaßnahmen.
Energiegewinnung mit großem Potenzial
"Wir tragen alle eine Verantwortung für die Energiewende", bekräftigte Rothenbucher und verwies auf ein zusätzlich zukunftsweisendes Projekt: Auf einer 92 Hektar großen Fläche von landwirtschaftlich nicht nutzbarem Acker zwischen den Gemeinden Hettstadt, Leinach und Margetshöchheim plant ein privater Investor den Bau einer Photovoltaikanlage. Aus der Sicht des Geschäftsleitenden Beamten Thomas Aufmuth eine Energiegewinnung mit großem Potenzial, soweit die Grundstückseigentümer angemessen bedacht und das Gemeindebild nicht optisch gestört werden. "Neben der Windkraft auf hoher See ist eine Photovoltaikanlage der günstigste Energielieferant schlechthin." Ein umfangreiches Thema auf jeden Fall, zu dem es noch gesonderte Veranstaltungen geben wird.
Nicht minder bedeutend für Hettstadt ist der endlich besiegelte Baustart eines neuen Gewerbegebietes, inklusive Supermarkt, im nächsten Frühjahr. Die Verzögerung von fast einem dreiviertel Jahr erklärten Rothenbucher und Aufmuth vor allem mit der Anschlussmöglichkeit an die Staatsstraße. Der Betreiber des Supermarktes hatte eine direkte Anbindung zur Bauvoraussetzung gemacht, das Verkehrsamt hingegen äußerte Bedenken hinsichtlich potenzieller Störung des bereits bestehenden Verkehrsflusses. Nun hofft man, mit einer voraus geschalteten Ampel- und späteren Einfädellösung einen Kompromiss für alle Beteiligten gefunden zu haben. Der Startschuss zur Grundstücksvergabe für die 10.000 Quadratmeter Gewerbe- und 4000 Mischgewerbefläche erfolgt in Kürze.