Sie ist ein Tausendsassa, Medizinbaum und Zauberbaum. Fossile Funde zeigen, dass die Rosskastanie schon vor der letzten Eiszeit in ganz Europa verbreitet war. Die Kälte drängte sie dann nach Griechenland, Mazedonien und Albanien zurück. Erst im 16. Jahrhundert kam sie wieder nach Westeuropa und wurde vor allem durch die Osmanen verbreitet. Sie führten bei ihren Feldzügen Rosskastanien als Futter und Medizin für die Pferde mit.
Der Name kommt also nicht von ungefähr. Medizinisch erwähnt wird die Pflanze erstmals im „New Kreutterbuch“ des italienischen Arztes und Botanikers Pietro Andrea Mattioli im Jahr 1565. Er beschreibt sie als Medizin bei „keichende Rosse“. Im Volksglauben gilt die Pflanze auch als Zauberbaum. So soll eine Kastanie in der Hosentasche gegen Gicht und Rheuma helfen. Und wer sich Früchte unters Bett legt, soll vor Erdstrahlen geschützt sein. Inzwischen ist nicht nur ihre medizinische Bedeutung, sondern auch ihre Wirkung als Waschbaum gut untersucht.
Die Kastanie als Medizin
2005 war die Rosskastanie der „Baum des Jahres“, drei Jahre später dann „Arzneipflanze des Jahres“, gekürt vom „Studienkreis Entwicklungsgeschichte der Arzneipflanzenkunde“ an der Uni Würzburg. Medizinisch wirksam ist in den braunen Samen das sogenannte Aescin, eine Wirkstoffgruppe aus 30 verschiedenen Saponinen, sogenannten Seifenstoffen. Aescin ist wissenschaftlich gut untersucht und hilft bei Venenschwäche. Schweregefühl, Schmerzen, Schwellungen und Juckreiz in den Beinen. Die Wirkung beruht laut Studienkreis auf der Abdichtung der geschädigten Blutgefäßwände, so dass weniger Flüssigkeit aus den Venen ins Gewebe übertritt. Zusammen mit Flavonoiden, Cumarinen und Gerbstoffen wirkt der Rosskastanienextrakt venenstärkend und entzündungshemmend. Und die Rinde der Rosskastanie ist reich an Gerbstoffen, die bei Durchfall und Hämorrhoiden helfen können. Zudem enthält sie besonders viel Aesculin, einen natürlichen Sonnenschutz.
Sammeln und reinigen
Die Kastanien fallen meist in ihren grünen stacheligen Hüllen schon ab September von den Bäumen. Beim Aufschlagen platzen diese auf und die braunen Samen werden frei. Am besten sammelt man an trockenen Tagen mit einem Korb oder Stoffbeutel. Es empfiehlt sich, die ganzen Kastanien in kaltem Wasser zu waschen und im Sieb abtropfen zu lassen.
Früchte zerkleinern
Da die Kastanie eine sehr harte braune Schale hat, muss sie vor der Verwendung als Wasch- oder Putzmittel zerkleinert werden. Nur so werden die Seifenstoffe, die Saponine, freigesetzt. Etwa zehn Prozent (manche Autoren schreiben bis zu 30 Prozent) dieser waschaktiven Substanzen enthält die Rosskastanie.
Zerkleinern kann man die frischen Früchte mit einem Messer, was sehr aufwendig und nicht ungefährlich ist, da man leicht von der glatten Schale abrutschen und sich verletzen kann. Besser geht das mit einem Hochleistungsmixer oder einer Küchenmaschine, einem sogenannten Food-Prozessor. Dafür gibt man die ganzen Samen in die Maschine, am Anfang erst mal eine kleine Menge, und lässt sie auf mittlerer Stufe kleinhacken.
Trocknen für den Vorrat
Die gehackten Kastanien kann man jetzt im Herbst frisch verwenden oder für den Vorrat trocknen. Dazu werden sie dünn auf einem Backblech oder einem Tuch ausgebreitet und bei Raumtemperatur in der Nähe einer Heizung oder eines Ofens getrocknet. Wichtig ist, die Schicht öfter mal zu wenden. Der Vorgang kann einige Tage dauern. Das vollständig trockene Granulat in Gläser füllen und luftdicht aufbewahren.
Waschen mit Kastaniengranulat
Die einfachste und schnellste Methode ist, das Granulat in einem Wäschesäckchen direkt mit in die Waschmaschine zu geben. Das Säckchen muss gut verschlossen sein. Bei normal verschmutzter Wäsche nimmt man etwa 100 Gramm frisches oder 50 Gramm getrocknetes Granulat. Bei sehr hartem, kalkhaltigem Wasser empfiehlt es sich, 50 Milliliter Apfelessig dazuzugeben. Für drei Waschgänge kann man die gleiche Menge Kastanien nehmen, beim vierten Mal sollte nur leicht verschmutzte Wäsche gewaschen werden.
Waschen mit Flüssigwaschmittel
Das Kastaniengranulat (Menge wie oben) in ein Marmeladenglas geben, mit 200 bis 300 Milliliter warmen Wasser aufgießen, schütteln – Achtung, es schäumt sofort – und etwa eine halbe Stunde stehen lassen. Dann durch ein Sieb in das Waschmittelfach der Waschmaschine gießen.
Reinigen
Diese Lotion lässt sich auch gut zum Händewaschen, Geschirr spülen, universell zum Reinigen im Haushalt und sogar als Badezusatz verwenden. Auf der Haut spürt man sofort die pflegenden Substanzen, denn die Rosskastanie enthält neben Fruchtsäuren, die als natürliche Weichmacher fungieren, auch acht Prozent Öle, die sowohl die Wäsche als auch die Haut vor dem Austrocknen schützen. Außerdem sind sie wundheilend und entzündungshemmend.
Tipps zum Waschen
Wer mit Rosskastanien wäscht, sollte nicht über 60 Grad gehen. Denn die Samen enthalten auch jede Menge hitzeempfindliche Enzyme, die die Waschkraft verstärken. Und noch etwas Positives: Die in der Kastanie enthaltenen Gerbstoffe schützen Buntes vor dem Ausbleichen und Vergrauen und desinfizieren die Wäsche.
Fazit
Die Rosskastanie ist einfach in der Anwendung, sparsam, nachhaltig, schont Haut, Umwelt, Ressourcen und den Geldbeutel. Kurzum: ein Wohlfühlwaschmittel mit Sorglosfaktor.
Die Autorin ist Diplom-Biologin, zertifizierte Kräuterführerin und stellvertretende Vorsitzende des Vereins „Kräutervielfalt Franken“. In Fuchsstadt im Landkreis Würzburg betreibt Wilma Wolf die „Kräuterstube“ im alten Biergarten. Fragen per Mail beantwortet sie gerne, info@wilmas-kraeuterstube.de
Die Rosskastanie Der Baum mit dem botanischen Namen Aesculus hippocastanum kann bis zu 30 Meter hoch und 300 Jahre alt werden. Die Rosskastanie gehört zur Familie der Seifenbaumgewächse (Sapindaceae), deren Vertreter vor allem in den Tropen beheimatet sind. In unseren Breiten gehören sämtliche Ahornarten, der Blasenbaum und die Ballonrebe dazu, obwohl äußerlich kaum Ähnlichkeiten zu finden sind. Dagegen ist die Rosskastanie mit der Ess- oder Edelkastanie, auch Marone oder Keschde genannt, nicht verwandt. Die Esskastanie, Baum des Jahres 2018 (siehe Seite 33), gehört in die Familie der Buchengewächse.