Dabei arbeiteten die Studenten, unter ihnen der gebürtige Höchberger Steven Stitt, mit einem modernen Messverfahren, das den Baum nicht verletzt. Und das ist neu auf diesem Gebiet. Bisher wurden Bäume mit dem Verdacht auf eingeschränkte Verkehrssicherheit mit baumzerstörenden Methoden untersucht oder gar gefällt. Mit dem neuen Verfahren verfügen die Göttinger Studenten nun über ein innovatives Gerät, das teilweise an der HAWK entwickelt wurde. Und wie funktioniert es?
Steven Stitt stellte das Verfahren mit drei Kommilitonen auf Einladung der Höchberger Gemeinde Bürgermeister Peter Stichler, dem gemeindlichen Bauamtsleiter Alexander Knahn sowie dem Gärtnermeister der Kommune, Max Riepel, vor.
Zunächst wird der Baum mittels einer elektronischen Kluppe (Instrument zur Messung von Rundholz) vermessen. „Es ist wichtig, die Geometrie des Baumes zu kennen, da nicht jeder Stamm rund ist, sondern auch Ausbuchtungen aufweisen kann, die bereits im Vorfeld auf eine mögliche Erkrankung wie Pilz hinweisen können“, so Stitt. Im nächsten Schritt werden rings um den Baumstamm Sensoren angebracht, die Schallgeschwindigkeiten und elektrische Widerstände des Holzes messen. Aus diesen Daten wird von einer Computersoftware ein Tomogramm erzeugt, welches die Holzeigenschaften des Stammquerschnittes farblich wiedergibt. Damit erhalten die Arboristen einen Einblick in den Stamm – wie hier in die der Linde – ohne ihn zu verletzten. „Also ähnlich wie ein Computertomogramm beim Menschen“, hakte das Ortsoberhaupt nach und Stitt bestätigte dies.
Etwas anders funktioniert es dennoch, denn die Sensoren müssen jeweils drei mal abgeklopft werden, um einen Mittelwert errechnen zu können. Das durch alle Messungen entstandene Farbbild gibt schließlich Aufschluss darüber, wie viel Feuchtigkeit und eventuelle Schäden der Baum aufweist. Im Fall der 1929 gepflanzten Linde (damals war sie zwölf Jahre alt) konnte sich die Gemeinde davon überzeugen, dass sie absolut trockenes Kernholz besitzt und somit ganz sicher noch weitere hundert Jahre alt werden kann, „auf jeden Fall meine Amtszeit noch übersteht“, scherzte Stichler.
Grund zum Scherzen hatte er allemal, kostete ihn dieses Gutachten nämlich nichts. Die Expertise machten die Studenten ihm Rahmen ihres Studiums, das ebenfalls Öffentlichkeitsarbeit beinhaltet. Und damit war ihre Dozentin Ute Neumann sichtlich zufrieden.
Und wo werden die angehenden „Baumdoktoren“ zukünftig eingesetzt? In erster Linie sind sie für Kommunen und Grünflächenämter tätig. „Wir können aber auch als Sachverständige beziehungsweise Gutachter arbeiten“, erklärte der 32-jährige Stitt, der im fünften Semester Arboristik studiert. Das Studium wird bundesweit nur an der HAWK in Göttingen – erstmals 2003 – angeboten und dauert sechs Semester. Zur Zeit sind etwa 30 Studenten immatrikuliert, berichtet Stitt.
Weitere Informationen über das Göttinger Arboristik-Studium erhalten Sie über die Homepage der HAWK-Fakultät Ressourcenmanagement:
http://rm.hawk-hhg.de