Herbert Escher holt tief Luft, visiert das Ziel an, korrigiert zum letzten Mal seine Handhaltung, und zieht kurz, aber entschlossen den Abzug der Sportpistole. Sofort geht sein Blick nach links unten, auf ein Touch-Display von der Größe eines iPad-Mini. „Eine Zehn“, stellt er fest und lächelt. Neben ihm im Schützenanzug Luftgewehr-Schütze Michael Grümpel. Der registriert den Zehner und trifft selbst mit seinem nächsten Schuss direkt in die Mitte der elektronischen Scheibe. Mit einem kurzen Fingerdruck auf sein Display speichert er sein Ergebnis – und probiert die benachbarte Schießbahn aus. Sein Ergebnis nimmt er quasi mit dorthin.
Ort des Geschehens ist unterhalb der Maximilian-Kolbe-Schule, in der Schießanlage der Schützengilde Rimpar. Seit wenigen Tagen schießen die Schützen auf der modernsten Anlage für Luftdruckwaffen im Schützengau Würzburg. Stolze 27 000 Euro hat sie gekostet. Offiziell wird der Schießstand beim Sommerfest vom 11. bis 13. Juli eröffnet. Doch schon jetzt testen die Schützen ihre Anlage.
Für die neue Anlage wurde der alte, zweigeteilte Schießstand umgebaut. „360 Stunden haben wir hier an ehrenamtlicher Eigenleistung eingebracht“, berichtet Escher, der auch Schriftführer ist, „sonst wäre das alles noch sehr viel teurer geworden“. Gut, dass so gut wie alle handwerklichen Berufe bei den Schützen vertreten sind: Das hat nicht nur das Wir-Gefühl gestärkt, sondern auch die Vereinskasse geschont. Außerdem hat die Gemeinde 10 000 Euro locker gemacht. „Ein sehr guter Zuschuss“, sagt Michael Grümpel, Schießmeister und Projektleiter, „sonst hätten wir diese Anlage niemals verwirklichen können.“
Es sind nur noch die Gewehre und Pistolen, die nicht elektronisch sind. Eine Zielscheibe im klassischen Sinn gibt es nicht mehr, die Trefferanzeige verläuft digital, und auch der Einsatz eines Lichtgewehrs ist so weit nicht mehr entfernt. Bei einem Lichtgewehr schießt anstelle der Munition (Diabolos, Kaliber: 4,5 Millimeter) ein Laserstrahl aus dem Gewehr, das Verletzungsrisiko ist praktisch gleich Null.
Da die Schützengilde Rimpar ohnehin nur mit Druckluftwaffen schießt, dürfte der Verein auch weiterhin für junge Schützen interessant sein. So wie für Tobias Meyer (16), der mit der Luftpistole im Auswahlkader der bayerischen Schützenjugend schießt und bei der deutschen Meisterschaft unter 77 Schützen den 27. Platz belegte. Im vorigen Jahr wurde der Verein vom bayerischen Sportschützenbund für seine „hervorragende Mitgliederwerbung„ ausgezeichnet. Insgesamt gehören dem Verein 220 Mitglieder an. Mit 199 ist die Altersklasse ab 21 Jahren am stärksten vertreten, zwischen 15 und 17 Jahren sind 13 Mitglieder. Zwei sind unter 14 und sechs zwischen 18 und 20 Jahren alt.
Das Ansehen der Schützen hat bundesweit nach dem Amoklauf von Winnenden stark gelitten. „Wir haben hier auch sofort die Auswirkungen gespürt“, sagt der Schießmeister, „monatelang haben Eltern ihren Kindern verboten bei uns zu schießen.“ Vorstandsmitglied Thomas Baumeister: „Das Ansehen der Schützen ist ohnehin nicht so groß, da hat uns dieser Amoklauf schon zurück geworfen“. Auch deshalb betont er: „Bei uns wird nur mit Druckluftwaffen geschossen, Kleinkaliber gibt es bei uns gar nicht“.
Davon kann sich nicht nur beim Sommerfest jeder Interessierte überzeugen. Beim wöchentlichen Schießtraining (donnerstags ab 19 Uhr, nicht an Feiertagen und in den Ferien) „darf jeder gern bei uns reinschauen und auch mal selbst schießen, unter fachkundiger Anleitung und nachdem er oder sie eine Tagesversicherung abgeschlossen hat“, sagt Escher.