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WÜRZBURG: Morgenchoral und Ohrfeigen

WÜRZBURG

Morgenchoral und Ohrfeigen

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    Die Theaterwerkstatt hat „Damian“ auf die Bühne gebracht. Im Bild (von links): Moritz Vielstädte als Max Demian und Alexander Sichel als Emil Sinclair.
    Die Theaterwerkstatt hat „Damian“ auf die Bühne gebracht. Im Bild (von links): Moritz Vielstädte als Max Demian und Alexander Sichel als Emil Sinclair. Foto: FOTO MARKUS RAKOWSKY

    „Wer geboren werden will, muss eine Welt zerstören“. Bis Emil Sinclair so weit ist, diese Aussage zu verstehen, hat er einen mühsamen, steinigen, oft schmerzlichen Weg zu durchleben. Diesen Weg stellt Schauspieler Alexander Sichel überzeugend dar. Der Beifall in der Theaterwerkstatt am Premierenabend von „Demian“, einem Theaterstück von Daniela Löffler nach dem gleichnamigen Roman von Hermann Hesse, gilt verdient ihm und seinen Bühnen-Kollegen.

    Unter der Regie von Uwe Bergfelder gelingt es dem Hauptdarsteller, Emil Sinclairs innere Entwicklung in sparsame Handlung umzusetzen. Bemerkenswert seine klare Sprache und die Textsicherheit, mit der er von den Gefühlen des Kindes, des pubertierenden Knaben, des über die Stränge schlagenden Jünglings, vom Erwachen der Sexualität und der endlich erreichten eigenen Kontur erzählt.

    Auf der nahezu leeren Bühne steht lediglich ein Bett, immer wieder Anlaufstelle in bedeutenden Momenten. Darunter auf dem Fußboden Bücher: Bibel, Büchner, Casanova. Hinter einem Vorhang an der Rückwand der Bühne, der je nach Bedarf auf- und zugezogen werden kann, sitzen oder stehen die Personen, die Sinclair während seiner Entwicklung begleiten.

    Emil Sinclair wächst in einem ebenso gütigen wie strengen Elternhaus auf, mit Morgenchoral und Weihnachtszelebration. Alles ist rein, hell, heil. Der Vater, Hosenträger, Hornbrille, Krawatte, dessen Charakter Philipp Härtig (wie später auch den Lehrer Pistorius) differenziert umsetzt, predigt Frieden und Ordnung, scheut auch vor einer Ohrfeige nicht zurück. Die Mutter, Handtäschchen, Krägelchen, achtet auf saubere Hände und kindgerechtes Getue. Mit den scheinheiligen Argumenten der Liebe versucht sie das Erwachsenwerden ihres Sohnes zu verhindern. Angelina Gerhardt gibt ihr diese beängstigende Ausstrahlung, die moralischer Druck mit sich bringt.

    Schon in der Kindheit spürt Sinclair den Reiz des Dunklen und Verbotenen. Auf seinem Weg in die Welt begegnet er Kromer, der ihn drangsaliert und gleichzeitig fasziniert. Benedict Friederichs Körpersprache und brutale Mimik vermitteln Stimmung und Reiz, die Sinclair beschäftigen. Dann taucht Max Demian auf, geheimnisvoll, anziehend, unheimlich. Moritz Vielstädte gibt dem Sonderling Charakter und Gestalt, ist der wichtige Begleiter auf dem Weg zum differenzierten Blick auf Welt, Religion, Zukunft, der nicht nur nach herrschenden Konventionen, sondern nach der eigenen Überzeugung lebt - ein Appell, der dem Stück eine hochaktuelle Dimension gibt.

    Das Schauspielerteam vervollständigt Ronja Herberich, die sowohl die Hausangestellte Lina als auch Eva, die angebetete Frau im Leben des jungen Mannes, gibt. Hesses Roman trägt autobiografische Züge und endet mit einem erschütternden Knall: Der erste Weltkrieg beginnt. Viel Applaus für diese sorgfältig erarbeitete Romanumsetzung.

    Auf dem Spielplan bis zum 7. Januar. Karten unter Tel. (09 31) 5 94 00.

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