Fünf Stunden lang bildeten der achtjährige Junge und sein Fahrer ein Team, das mit meist gemächlicher Geschwindigkeit über die Landstraßen zwischen Würzburg, Lohr und dem Gramschatzer Wald kurvte. Hinten auf einer rassigen, roten italienischen Sportmaschine machte es sich Felix bequem – zum ersten Mal in seinem Leben.
Zusammen mit 19 weiteren Jungen und Mädchen der Evangelischen Kinder- und Jugendhilfe war er als Beifahrer unterwegs. Mit insgesamt 32 Motorrädern und einem Trike fuhren Mitglieder des Motorradklubs „Iron Fighters“, unterstützt von den „Gypsy Jokers“ in Grombühl vor. Nach der Einkleidung und kurzen Anweisungen hieß es „aufsitzen“ – und los ging es. Mit von der Partie waren auch Pädagogen – als Sozia und mit dem eigenen Motorrad.
„Für die meisten Kinder war es die erste Fahrt auf einem Motorrad“, sagte Wolfgang Beckmann, stellvertretender Einrichtungsleiter. Deshalb mussten anfangs noch Ängste abgebaut und Vertrauen zum Fahrer aufgebaut werden, bevor die Fahrt etwas flotter wurde. Einige Kinder und Jugendliche waren im letzten Jahr schon dabei gewesen, als die Fahrt zum ersten Mal stattfand. Carlos Hohmann, Mitarbeiter der Einrichtung in der Lindleinstraße in Grombühl und aktives Mitglied der „Iron Fighters“, hatte seine Freunde nicht lange bitten müssen: Die Freude der Kinder an dieser Art der Freizeitgestaltung und am Kontakt mit gestandenen Bikern war ihnen Lohn genug für den Aufwand.
Auf einer Wiese im Gramschatzer Wald machte die beeindruckende über 50-köpfige Gruppe einen Zwischenstopp für die Mittagspause. Das in einem riesigen Topf mitgebrachte Chili con Carne haben die Kinder laut Beckmann gemeinsam mit ihren Pädagogen vorbereitet und musste nur am Lagerfeuer heiß gemacht werden. Während der Pause sei man ins Gespräch gekommen. Die Motorradfahrer wollten vor allem eines wissen: Warum leben die Kinder im Heim? Mit Jugendhilfe und belasteten Kindern habe niemand von ihnen beruflich zu tun, so Beckmann. Entsprechend groß sei das Interesse an Informationen gewesen.
Am Ende stand fest: Im nächsten Jahr gibt es eine neue Auflage der Motorradtour. Alle freuten sich, als Felix zum Aufbruch drängte – er wollte weiter fahren. Wie ein Klammeräffchen absolvierte er als Sozius die restlichen kurvigen Kilometer. Zu Hause ankommen wollte er eigentlich nicht. Der Abschied fiel nicht nur ihm schwer.