Gäbe es nicht ein kleines Schild am Eingang der ehemaligen Möbelfabrik Grombach, man würde es gar nicht entdecken – das Museum für Zivil- und Militärtechnik in Uffenheim.
Dabei lagern in den weiß getünchten Werkhallen Schätze aus 100 Jahren deutscher und amerikanischer Armeegeschichte. Es gibt alles zu sehen: von der kleinen Patrone bis zum großkalibrigen Geschütz.
Wie stellt man sich den Chef eines privaten Militärmuseums vor? Vielleicht als großen, stämmigen Kerl mit kurz geschorenen Haaren und in Tarnhose. Einen, dem beim Erzählen von Waffen und ihrer zerstörerischen Wirkung die Augen glänzen. Ein Hauch von Kampfschwein eben.
Ernst Scheuerlein hat gar nichts von einem großen Krieger. Der Mittfünfziger trägt Jeans, kariertes Hemd, Brille. Wirkt freundlich, ist kommunikativ. Ein ganz normaler Mensch.
Die 15 Monate Militärzeit, die er absolvieren musste, seien ihm ziemlich zuwider gegangen, erzählt er. Nicht umsonst habe er den Plan, sich für zwölf Jahre zu verpflichten und sich so sein Bauingenieur-Studium bezahlen zu lassen, schnell aufgegeben. Doch die Begeisterung für das Technische, die sei geblieben.
Das Ergebnis davon präsentiert sich auf 4000 Quadratmetern, verteilt in drei Hallen. Militärgerät aus Erstem und Zweitem Weltkrieg und aus der Neuzeit. Alte Sattel, Stahlhelme, Maschinengewehre, Haubitzen, Mannschaftswagen. Alles Fund- oder Erbstücke beziehungsweise ausgemustertes konventionelles Kriegsgerät.
Hinterlassenschaften aus dem bisher kriegerischsten Jahrhundert der Weltgeschichte. Wie zur Mahnung stehen die Geschütze Spalier. Aber die Technik hat – so wie sie seit 2006 in Uffenheim versammelt ist – auch etwas beeindruckendes.
Kaum jemand glaubt wohl, dass man eine so große Zahl an Fahrzeugen und Ausstattungsgegenständen an einem Punkt versammeln kann. Neben Schusswaffen auch Fernmeldetechnik und Computer. Woher kommt das alles, die Kanonen, gepanzerten Schützenfahrzeuge, sogar Raketen?
„Etliches wird einem aus Sammlerkreisen und anderen Kontakten angeboten“, sagt der Präsident des Vereins für Zivil- und Wehrtechnik Uffenheim. Da es schwierig sei, Militärtechnik aus dem Inland zu bekommen, holen er und die Mitglieder vieles von außerhalb: „Wenn man etwas einführen will, muss man beim Bundesamt für Wehrtechnik einen Antrag stellen, der dann genehmigt wird oder nicht. Panzer darf man gar nicht einführen.“
Alle Waffen und Militärfahrzeuge müssten für den Kampf unbrauchbar gemacht sein. Bei Geschützen werden beispielsweise die Rohre aufgeschnitten oder zugeschweißt. Entmilitarisierung nennt sich das.
Die Militärtechnik, die im Uffenheimer Militärmuseum landet, hat meist abenteuerliche Tage hinter sich. So die 155-Millimeter-Haubitze der US-Army, die im Zweiten Weltkrieg gegen die Deutschen eingesetzt wurde, dann zur Erstausstattung der Bundeswehr gehörte und Mitte der 1970er-Jahre im Rahmen der Nato-Militärhilfe nach Griechenland gelangte.
Dort wurde sie erst nach der Jahrtausendwende ausgemustert und kam schließlich über ein anderes Militärmuseum nach Uffenheim.
Der Verein für Zivil- und Militärtechnik ist klein, hat nur 25 Mitglieder. Fünf oder sechs bilden den „harten Kern“. Jeder von ihnen hat sein Spezialgebiet. Und besitzt spezielle Ausstellungsstücke: „Als Käufer tritt der Verein fast nie auf. Allen Vereinsmitgliedern gehört fast nichts; aber jedes Mitglied bringt sein Privateigentum ein“, sagt Scheuerlein.
Auf die Frage, woher das Geld für die Käufe kommt, antwortet Scheuerlein zuerst ausweichend: „Hobby.“ Dann ergänzt er, dass er als selbstständiger Bauingenieur viel gearbeitet und viel Geld verdient habe: „Jetzt ruhe ich mich auf meinen Lorbeeren aus.“
René Semler gehört zum harten Kern, ist Spezialist für Wehrtechnik der US-Army. Ursprünglich stammt er aus Pirna bei Dresden und arbeitet bei der Deutschen Bahn. Semler schlug eine dreijährige Laufbahn als Unteroffizier bei der Nationalen Volksarmee ein, blieb aus Gesundheitsgründen nur sechs Monate.
Er hatte Scheuerlein beim ersten Tag der offenen Tür im Museum angesprochen, ob er jemanden brauchen könne, der sich mit NVA-Technik auskennt: „Ich freue mich, nun dazu beitragen zu können, dass diese Technik erhalten bleibt.“
Ein Nebenraum im Bürotrakt des Museums: Semler und Scheuerlein schlüpfen in die Paradeuniformen mehrerer Armeen. Die schmucken Anzüge von US-Army, Wehrmacht Bundeswehr, NVA und britischer Royal Army lassen vergessen, dass das Handwerk ihrer Träger oft das Töten war. Doch bei den beiden Museumsfreaks schwingt Nostalgie mit.
Nichts ist so faszinierend, wie in die Vergangenheit zu schauen. Auch wenn es die von Vernichtungsapparaten ist. Ein roter Faden, sagt Scheuerlein, fehlt der Ausstellung noch. Man wolle die Entwicklung der Militärtechnik herausarbeiten. Aber auch, was man Schreckliches damit anrichtet.