Überraschend findet ein Prozess wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern vor dem Landgericht Würzburg unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der 52-Jährige, der hier angeklagt ist, soll im Jahr 2016 sieben ganz junge Mädchen missbraucht - oder versucht haben, sie zu missbrauchen. Sexueller Missbrauch ist nicht gleichbedeutend mit Vergewaltigung. Der Begriff bezeichnet alle sexuellen Handlungen mit Minderjährigen.
Der Frührentner ist ein hagerer Mann mit schütterem Haar, der älter wirkt, als er ist. Als er von Polizisten in den Schwurgerichtssaal des Strafjustizzentrums gebracht wird, verbirgt er sein Gesicht hinter einem Aktenordner. Aber das ist unnötig. Es warten keine Fotografen und Fernseh-Teams auf ihn.
SEK stürmte Wohnung des Beschuldigten
Dabei hat der Fall des 52-Jährigen, zumindest im Landkreis Main-Spessart, Schlagzeilen gemacht: Mit einem Sondereinsatzkommando war die Polizei im September 2017 an seiner Wohnung angerückt und hatte eine Blendgranate gezündet. Die Begründung für den nicht alltäglichen Einsatz: "Verdacht auf Besitz von Kinderpornografie."
Nun steht der geschiedene Rentner vor Gericht. Aber nicht nur wegen dieses Delikts. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm auch sexuellen Missbrauch und versuchten sexuellen Missbrauch von Kindern vor. Bei den Opfern soll es sich um sieben Mädchen handeln, die zur Tatzeit zwischen zwölf und 16 Jahren jung waren.
52-Jähriger hat sich mit einer Schülerin verabredet
Wie die Staatsanwaltschaft vor wenigen Tagen auf Anfrage mitgeteilt hatte, soll sich der Angeklagte in Internet-Chats als 13- und als 17-Jähriger ausgegeben und den Schülerinnen vorgegaukelt haben, er sei "verliebt" in sie. Dann soll er ihnen pornografische Fotos und Videos von sich geschickt und die Mädchen animiert haben, ihm ebenfalls solche Bilder zu mailen.
Mit einer Schülerin soll der 52-Jährige sich auch getroffen haben. In Schweinfurt soll er sie mit dem Auto abgeholt und ihr Kleider gekauft haben. Offenbar, so die Anklagebehörde, habe er sich dafür Sex mit der Schülerin erhofft. Es sei aber bei Küssen geblieben.
Der Beschuldigte ist in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht
Nach Informationen der Redaktion wurde der Mann im September 2017 mit einem richterlichen Unterbringungsbefehl ins Bezirkskrankenhaus Lohr eingeliefert. Dort ist er bis heute. Für die Verhandlung wurde ein psychiatrisches Gutachten erstellt. Der psychiatrische Gutachter wird vor Gericht dazu Stellung nehmen, ob der 52-Jährige seiner Meinung nach schuldfähig, nur beschränkt schuldfähig oder sogar schuldunfähig ist. Außerdem wird der Sachverständige der Kammer Auskunft darüber geben, ob der Angeklagte nach seiner Ansicht eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt und deshalb auf unbestimmte Zeit in einer psychiatrischen Klinik untergebracht werden sollte.
Dass sowohl Öffentlichkeit als auch Presse von einer kompletten Verhandlung ausgeschlossen werden, ist im Erwachsenenstrafrecht eher ungewöhnlich. Die erste Strafkammer, die dieses Vorgehen auf Antrag von Oberstaatsanwalt Boris Raufeisen beschlossen hat, begründet ihre Entscheidung mit dem Gerichtsverfassungsgesetzes, nach dem ein solcher Schritt möglich ist, "wenn das Verfahren die Unterbringung des Beschuldigten in einem psychiatrischen Krankenhaus" zum "Gegenstand hat".
Müssen die Mädchen als Zeuginnen vor Gericht aussagen?
Für die Verhandlung gegen den 52-Jährigen sind bislang sieben Verhandlungstage bis in den August hinein angesetzt. Die lange Prozessdauer könnte darauf hindeuten, dass der Angeklagte die Vorwürfe der Anklage bestreitet und dass die Mädchen als Zeuginnen gehört werden müssen.