Wie geht es einer Partei, die zum zweiten Mal binnen zehn Jahren aus dem Landtag geflogen ist? Fragt man bei den Unterfranken in der FDP nach, trifft man auf eine erstaunlich gefasste Stimmungslage: "Jemand, der es nicht gewohnt ist, herbe Niederlagen einzustecken und trotzdem wieder aufzustehen, der ist in der FDP definitiv falsch", erklärt der FDP-Bundestagsabgeordnete Karsten Klein. Er ist auch Bezirksvorsitzender der FDP.

In der Tat sind die Liberalen bittere Niederlagen gewöhnt: Klein etwa war als über die Parteigrenzen geschätzter Haushaltsexperte 2013 selbst aus dem Landtag geflogen – damals sogar als Teil einer Regierungspartei. Und diesmal? In Unterfranken haben für die Liberalen schließlich nur noch 2,6 Prozent der Wählerinnen und Wähler gestimmt – nach 4,8 Prozent im Jahr 2018.
Bayerns FDP ohne Puffer für "Ampel-Denkzettel" der Wählerinnen und Wähler
Natürlich hat die miese Stimmung für die Berliner Ampel auch die FDP in Unterfranken getroffen. Und dieser "Denkzettel" schlage bei der FDP eben "besonders ins Kontor, weil wir nur wenig Puffer haben", analysiert Klein. Doch den Grund für die Niederlage alleine in Berlin zu suchen, greife zu kurz, findet der Aschaffenburger: "Es ist uns nicht gelungen, im Wahlkampf etwa über die Probleme an Bayerns Schulen oder in den Kitas zu reden. Oder über die schwache wirtschaftspolitische Bilanz von Herrn Aiwanger."

"Inhaltliche Debatten sind im Wahlkampf-Populismus anderer Parteien schlicht untergegangen", klagt auch Helmut Kaltenhauser, bislang einziger FDP-Unterfranke im Landtag. Gegen Markus Söders plumpes Ampel-Bashing oder Hubert Aiwangers schräges "Demokratie zurückholen" sei in aufgeheizter politischer Stimmung mit abwägenden Argumenten eben kaum zu den Wählerinnen und Wählern durchzudringen. "Wir müssen uns aber auch die Kritik gefallen lassen, dass wir oft zu akademisch rüberkommen", räumt Kaltenhauser ein.
Gegen den Abwärts-Sog: Mehr FDP-Profil in Berlin und mehr Franken-Fokus in Unterfranken?
Und der Abwärts-Sog der Berliner-Ampel? Sind die Ergebnisse dort für die FDP eigentlich im Kern in Ordnung, versinken aber im Dauerstreit der bunten Partner? Oder sind die notwendigen Kompromisse in einer Dreier-Koalition einfach nicht gut genug für mögliche FDP-Wähler? Beides sei irgendwie richtig, findet Andrew Ullmann, FDP-Bundestagsabgeordneter aus Würzburg: Damit die Erfolge sichtbar werden, müssten endlich alle Ampel-Partner "professionell und lösungsorientiert arbeiten", fordert er.
Gleichzeitig müsse die FDP aber auch ihr Profil in der Ampel schärfen, etwa bei Themen wie Infrastruktur oder Hightech-Ansiedlungen. Beim Aufreger-Thema Migration setze sich die FDP ja ohnehin schon durch, findet Ullmann: "Legale Migration in den Arbeitsmarkt erleichtern, illegale Migranten schneller abschieben."

Für die Landtagswahl in Bayern helfen diese Analysen nichts mehr. Wie geht es also weiter mit der FDP in Bayern und in Unterfranken? Bayern-FDP-Chef Martin Hagen soll im Amt bleiben, finden alle drei FDP-Unterfranken: Hagen habe im Landtag und im Wahlkampf gute Arbeit gemacht. "Unsere Probleme kann man wirklich nicht an einer Person festmachen", erklärt Ullmann.

Der Ex-Landtagsabgeordnete Kaltenhauser fordert für Unterfranken einen stärkeren FDP-Fokus auf regionale Themen wie Infrastruktur, Wassermangel oder auch den Weinbau. "Wir dürfen uns nicht nur auf die großen Städte konzentrieren", warnt er. Doch die Herausforderungen für die kleine FDP-Truppe in der Region sind groß: 2024 Europawahl, 2025 Bundestagswahl, 2026 Kommunalwahlen. "Das ist für uns natürlich eine Ressourcenfrage", räumt auch Karsten Klein ein – personell wie finanziell. Die nächsten Wahlen könnten für die FDP schon zu einer Existenzfrage werden. Aber auch das ist für die Liberalen ja nicht wirklich etwas Neues.