Ochsenfurt (MEG) Am Gründonnerstag endet mit der Schließung des Amtsgerichts eine knapp 150-jährige Tradition der Justiz in Ochsenfurt. Seit der Trennung von öffentlicher Verwaltung und Justiz im Jahr 1862 gab es in der Kellereistraße ein Amtsgericht.
Als 1932 das benachbarte Amtsgericht Marktbreit aufgelöst wurde, schlug man den Bezirk zum Großteil dem Ochsenfurter Gericht zu. Gleiches geschah 1950 mit dem Amtsgericht in Aub.
Nur noch Zweigstelle
Die Selbstständigkeit verlor das Ochsenfurter Amtsgericht 1973. Ein Jahr nach der Auflösung des Landkreises Ochsenfurt wurde das Gericht eine Zweigstelle des Amtsgerichts Würzburg. Es begann eine lange Zeit des Niedergangs. Immer mehr Aufgaben wurden an das Zentralgericht nach Würzburg verlegt, insbesondere das Grundbuchamt und das Vereinsregister.
Die Mitarbeiterzahl ging ebenfalls immer weiter zurück, der Unterhalt des Gebäudes in der Kellereistraße wurde auf ein Mindestmaß beschränkt. Auch technisch tat sich wenig: Bis heute hat die Computertechnik - von veralteten Schreib-PCs abgesehen - kaum in dem ehrwürdigen Justizgebäude Einzug gehalten.
Das beschleunigte den Niedergang. Als das Grundbuchregister nach Würzburg verlagert und später auf moderne EDV umgestellt wurde, geriet der Gerichtsstandort Ochsenfurt immer weiter ins Hintertreffen. Durch die Verlegung von Abteilungen hatte Amtsgerichtsdirektor Roland Stockmann nach seinem Antritt 2001 versucht, die Außenstelle am Leben zu erhalten.
Hoffnung keimte im September 2003, als Bayerns damaliger Justizminister Manfred Weiß eine Woche vor der Landtagswahl Ochsenfurt besuchte und versicherte, dass die Ochsenfurter Zweigstelle erhalten bleiben solle.
Wenige Wochen nach der Wahl, bei der die Staatsregierung mit Zweidrittel-Mehrheit bestätigt wurde, war diese Zusage das Papier nicht mehr Wert. Nach Manfred Weiß kam Beate Merz, und nach dem Bekenntnis für Ochsenfurt kam das Aus. Zu diesem Zeitpunkt, im November 2003, hatte Roland Stockmann die Pläne für die Sanierung des Gebäudes und seine Verwendung fix und fertig in der Schublade.
Bis zum Jahr 2010 hatte man die Schließung damals anvisiert. Aber wieder war es der technische Rückstand, der der Ochsenfurter Behörde zum Nachteil gereichte. Die Würzburger Justiz hat kräftig investiert - nicht nur in ein neues Gebäude, sondern auch in Daten-Technik. Und die wollte man nicht in ein Amtsgericht stecken, dessen Schicksal ohnehin besiegelt ist. So nahte das Ende in Riesenschritten und in der Karwoche ist endgültig Schluss.
Verhandlungstermine
Ein einzelner Beamter wird dann noch für wenige Woche Dienst tun, um Akten weiterzuleiten oder Bürger an ihren zuständigen Sachbearbeiter in Würzburg zu verweisen. Die Entscheidung war ad hoc gefällt worden. Das beweist der Terminplan, in dem über den Gründonnerstag hinaus noch öffentliche Verhandlungen eingetragen waren.
Gerichtsdirektor Roland Stockmann, der sich lange für die Zweigstelle eingesetzt hat, will sich aber keineswegs klammheimlich aus dem Staub machen - strümpfig wie der Franke sagt. Im Keller des Amtsgerichts hat er alte Akten gefunden, die zum Teil viele Jahrzehnte in die Vergangenheit zurückreichen. Auch über die Baugeschichte des Amtsgerichts hat er eifrig recherchiert.
In einer Ausstellung Ende April sollen die Exponate den Lauf der Justiz in Ochsenfurt vom Königreich bis in die jüngste Gegenwart nachzeichnen. Ein kleines Fest ist geplant. "Von der Ochsenfurter Öffentlichkeit wird sich das Amtsgericht in einer feierliche Veranstaltung verabschieden", kündigt Stockmann in einer Pressemitteilung an.
Wie es danach weitergeht? Das Gebäude gehört dem Freistaat. In der Stadt werden Ideen diskutiert, einen Teil der Stadtverwaltung in die Kellereistraße auszulagern. Spruchreif ist das noch lange nicht. Für Ochsenfurt jedenfalls geht eine Einrichtung verloren, die der alten Kreisstadt nach der Gebietsreform wenigstens den Abglanz früherer Bedeutung bewahrt hat.
Längst wird auch über die Zukunft des Finanzamts spekuliert - ebenfalls nur noch ein Planet der Würzburger Zentralbehörde. Nach den Erfahrungen mit dem Amtsgericht wird man die Beteuerungen, dass dessen Fortbestand nicht in Gefahr ist, schwer glauben können.