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Würzburg: "Ich habe schon viele Freunde verloren": Was Studierende aus der Ukraine in Würzburg über den Krieg erzählen

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"Ich habe schon viele Freunde verloren": Was Studierende aus der Ukraine in Würzburg über den Krieg erzählen

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    Anna Dolomanska (links) ist Austauschstudentin an der FHWS und erzählte jetzt in der Uni Würzburg ihre Geschichte, neben ihr am Podium Yana Osinchuk und Bogdan Garkusha. Die "Würzburg Ukrainische Initiative" organisierte eine Veranstaltung zum Krieg in der Ukraine mit ukrainischen Studierenden. 
    Anna Dolomanska (links) ist Austauschstudentin an der FHWS und erzählte jetzt in der Uni Würzburg ihre Geschichte, neben ihr am Podium Yana Osinchuk und Bogdan Garkusha. Die "Würzburg Ukrainische Initiative" organisierte eine Veranstaltung zum Krieg in der Ukraine mit ukrainischen Studierenden.  Foto: Silvia Gralla

    Weite Landschaften, lachende Menschen und bunte Auf- und Untergänge der Sonne. Mit diesen Eindrücken startete das Vorstellungsvideo der Ukraine auf der Veranstaltung "Echte Geschichten ukrainischer Studierender". Es endete mit Bildern zerstörter Häuser, grauer Rauchschwaden und verzweifelter Menschen. Es war ruhig im Hörsaal der Universität Würzburg, als die Aufnahmen mit den Worten stoppten: "Wenn wir all das hinter uns gelassen haben, freuen wir uns darauf euch kennenzulernen."

    "Schon zwei Monate vor Kriegsbeginn wussten die Leute, dass bald etwas passiert"

    Dann übernahm der Moderator des Abends, Wladimir Kleydmann, das Wort. Er führte die Zuhörenden durch ein Quiz über die Ukraine. Es fielen Fragen über die Anzahl an Präsidenten, wann das Land unabhängig wurde und was eine typische Speise in der Ukraine ist. Bei jeder der Fragen konnten die Zuhörenden per Handy zwischen vier Antwortmöglichkeiten entscheiden. Und jedes Mal freute sich Kleydmann sichtlich darüber, dass so viele Anwesende an dem Quiz teilnahmen. Es war die Einführung in einen Abend voller bewegender und emotionaler Geschichten von jungen Menschen aus der Ukraine.

    "Wir fragten uns alle, was machen wir sobald der Krieg beginnt?"

    Anna Dolomanska - Studentin aus der Ukraine

    Als erste Rednerin startete Anna Dolomanska. "Schon zwei Monate vor Kriegsbeginn wussten die Leute, dass bald etwas passiert. Wir fragten uns alle, was machen wir sobald der Krieg beginnt?", sagte die Austauschstudentin an der Fachhochschule Würzburg. Sie verließ auf Empfehlung ihres Vaters die Ukraine. Zehn Tage vor Kriegsbeginn, wie sich im Nachhinein herausstellte. "Es war sechs Uhr morgens als ich nach Polen startete und ich wusste zu dem Zeitpunkt nicht, ob ich zwei Tage oder zwei Jahre weg sein werde", sagt Dolomanska.

    Am 24. Februar erhielt sie um sieben Uhr morgens einen Anruf ihrer Mutter

    Am 24. Februar erhielt sie um sieben Uhr morgens einen Anruf ihrer Mutter: Der Krieg habe begonnen. In diesem Moment brach für die Austauschstudentin die Welt zusammen. "Ich konnte nicht verstehen, wie Menschen lächeln konnten, während in meinem Heimatland Leute getötet wurden", sagte Dolomanska. Als sie am 1. März in Würzburg angelangte, lernte sie schnell Menschen kennen, die sie verstanden und mit denen sie Veranstaltungen in Würzburg organisierte. "Ich musste etwas tun", sagte die Austauschstudentin.

    Als zweite Rednerin folgte Jana Osinchuck. Sie bereitete sich darauf vor, im Sommersemester als Austauschstudentin an der Universität Würzburg zu studieren, doch der Krieg veränderte ihr Leben. So kam sie als Geflüchtete aus Kiew. "Ich habe schon viele Freunde verloren, einer von ihnen wurde in der Nähe von Ivankov erschossen", sagte Osinchuck. Seit dem 14. Lebensjahr reiste sie mit ihm durch die ganze Welt: Italien, Schweiz, Tschechien, Polen, Frankreich und diesen Sommer wollten sie auf die Insel Sizilien.

    Sie macht sich keine Sorgen mehr über Prüfungen oder Karriere

    "Außerdem habe ich einen Schüler verloren, dem ich geholfen habe, Mathe zu lernen", sagte die Austauschstudentin. Er sei ein kleiner Junge mit roten Haaren und dunklen Augen gewesen, die zu strahlen schienen, wenn er Aufgaben löste. "Eine Streubombe zerriss seine Gliedmaßen, diese Waffen sind eigentlich verboten", sagte Osinchuck. Sie mache sich keine Sorgen mehr über Prüfungen oder Karriere: "Mein Leben wurde mir in diesem Krieg gestohlen."

    "Mein Leben wurde mir in diesem Krieg gestohlen."

    Jana Osinchuck - Studentin aus der Ukraine

    Der nächste Redner war Bodgan Garkusha. Er ist Stipendiat der Konrad-Adenauer-Stiftung und studiert an der Universität Würzburg International Economics im Master. "Mein Elternhaus wurde im Krieg zerstört", sagte Garkusha, während der Beamer im Hintergrund das zerbombte Haus zeigte, "aber das ist egal im Vergleich zu den Kriegsverbrechen, die in der Ukraine begangen werden." Er wies darauf hin, dass durch den Krieg die Lebensmittel weltweit knapp werden. "Wenn die Ukraine verliert, verliert die gesamte europäische Demokratie mit ihr", sagte Garkusha.

    Zuletzt erzählte Wladimir Kleydmann seine Geschichte. "Putins Plan war, alles was uns ausmacht zu vernichten", sagte der BWL-Student, "doch das wird nie geschehen." Er habe schon viele Todesfälle in seinem Umfeld miterlebt und könne Kriegsunterstützende kein bisschen verstehen. "Umso glücklicher bin ich, dass ihr heute hier seid", sagte Kleydmann zu den Zuschauenden, "danke für euer Interesse und Solidarität." Die Veranstaltung sei ein Erfolg gewesen, die Organisation "Würzburg Ukrainische Initiative" werde auch zukünftig versuchen, ähnliche Veranstaltungen zu organisieren.

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