Eine Trennung tut weh. Meist will der eine unbedingt weg, der andere lieber alles lassen wie es ist. Ein Rosenkrieg droht. Nicht viel anders als in einer Ehe ist das auch in einem Verein. Will eine Abteilung sich trennen, sich selbstständig machen, erzeugt das erst einmal Ärger, Wut und Ängste. Dass in Gerbrunn die Ausgründung der Narrengilde aus dem TSV Gerbrunn letztendlich ohne zerschlagenes Geschirr über die Bühne ging, ist vor allem der Vernunft der beiden Hauptakteure zu verdanken: Christian Kreuzer, ehemals Abteilungsleiter und seit 29. April Vorsitzender der neuen Narrengilde Gerbrunn, und Thomas Beck, Vorsitzender des TSV.
Es ist nicht die erste Abspaltung für den TSV. Auch die Gründe ähneln sich. Der Gerbrunner Bürgermeister Stefan Wolfshörndl war Abteilungsleiter und später Gründungsvorsitzender des Spielmanns- und Fanfarenzuges (SFZ), als der sich vor einigen Jahren selbstständig machte. Er versucht zu erklären: „Die verantwortlichen Musiker haben erkannt, dass man als Musikgruppe in einem 'klassischen Sportverein' etwas systemfremd unterwegs ist.
“ In den 60er und 70er Jahren hatte man in Gerbrunn nämlich versucht, alles im Großverein TSV unterzubringen. Deshalb finden sich auch Musiker, Chöre und die Narrengilde im TSV. Das habe Vor- und Nachteile, berichtet Wolfshörndl. Zum einen könne man ohne zusätzlichen Beitrag verschiedene Angebote als Mitglied nutzen, zum anderen ist man nicht spezialisiert auf das, was man tut.
Beim SFZ hätten finanzielle Gründe und der Wunsch nach schlanken Strukturen eine Rolle gespielt, sagt Wolfshörndl. So könne man über Anschaffungen oder Konzertreisen selbst bestimmen statt den Ertrag bei der Hauptkasse komplett abzuliefern – um dann anschließend einen Zuschussantrag zu stellen.
„Herr im eigenen Hause zu sein, selbst zu entscheiden“, war auch bei der Ausgründung der Narrengilde der entscheidende Punkt, bestätigt Christian Kreuzer. Hinzu kommt eine weitere Besonderheit: „Viele Elferräte haben noch nie so recht verstanden, warum sie für ihr ehrenamtliches Engagement auch noch Vereinsbeiträge zahlen sollen.
“ Anders als Gardetänzer – oder andere Sportler im TSV – haben die Elferräte selbst keinerlei Nutzen vom Verein, sondern bringen viel Zeit und oft genug auch Geld in ihr Ehrenamt ein. „Dann wollen sie wenigstens, dass das bei den Veranstaltungen erwirtschaftete Geld der Narrengilde und damit dem Fasching in Gerbrunn zugute kommt“. Kreuzer wollte diese Kuh vom Eis schaffen, bevor der Unmut übergroß wird, die Lust auf den ehrenamtlichen Einsatz immer kleiner und die Existenz des Gerbrunner Faschings gefährdet ist.
Noch einmal zurück zum SFZ: Aus Wolfshörndls Sicht hat sich die Neugründung bewährt: „Es gibt überall Licht und Schatten, aber der Weg war richtig. Vor allem aber gibt es mit dem TSV ein freundschaftliches Verhältnis, die handelnden Personen sind in verschiedenen Bereichen parallel aktiv.“
Einen fairen Umgang empfahl er auch den heute Beteiligten, gerade als Bürgermeister (den SFZ-Vorsitz hat er längst an Miko Nikolai abgegeben): „Ich kann den Beteiligten nur empfehlen, sich offen mit dem Wunsch der NGG auseinander zu setzen. Denn wie bei einer Scheidung gibt es immer zwei Lösungen: den 'Rosenkrieg' mit zwei Verlierern oder den fairen Umgang miteinander.“
Diese Einsicht hatten wohl auch Kreuzer und Beck, denn zwischenzeitlich drohte der Streit zu eskalieren. „Am wichtigsten ist mir, dass hier wie dort die Kinder- und Jugendarbeit kontinuierlich weitergeht“, erklärt der TSV-Vorsitzende, warum ihm an langem Streit nichts gelegen ist. Verstehen kann er die Beweggründe der NGG wohl ohnehin, gab es doch vor Jahren, als er selbst deren Abteilungsleiter war, schon ähnliche Bestrebungen.
Für Beck und den TSV bedeutet der Weggang der Narrengilde zwar eine gute Einnahmequelle zu verlieren. Das ist schmerzhaft. Andererseits gibt es im TSV auch ohne die NGG genug Arbeit. So viel, dass Gesamtvorstand und Ältestenrat zu Beginn des Jahres einer monatlichen Aufwandspauschale von 300 Euro für den Vorsitzenden zugestimmt haben.
Zehn bis 15 Stunden müsse er jede Woche mindestens aufbringen, hatte Beck den Antrag begründet. „Der Verwaltungsaufwand für Vereine wird immer höher. Und da auch unsere Vereinsimmobilie in die Jahre gekommen ist, muss ich immer wieder schnell vor Ort sein, um auf Probleme, etwa mit den sanitären Anlagen, reagieren zu können“, sagt Beck.
Nun ist die Trennung ebenso beschlossene Sache wie die Auflösung der TSV-Abteilung. Der geschützte Name ist bereits an den neuen Verein übergegangen. Noch nicht abgeschlossen sind die Verhandlungen bezüglich der Auslösesumme für das Equipment, also die Kostüme und den gesamten Fundus der Narren. Aber Beck und Kreuzer sind beide optimistisch: „Da werden wir uns einig. Das ist jetzt wirklich kein Problem mehr.“