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ROTTENDORF: Naturschützer: Der Hamster blieb auf der Strecke

ROTTENDORF

Naturschützer: Der Hamster blieb auf der Strecke

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    Ist dem Feldhamster auf Rottendorfer Gemarkung Unrecht geschehen? Die geschützten Nager mussten einem Neubaugebiet weichen.
    Ist dem Feldhamster auf Rottendorfer Gemarkung Unrecht geschehen? Die geschützten Nager mussten einem Neubaugebiet weichen. Foto: Foto: dpa

    Als im vergangenen Jahr bekannt wurde, dass im geplanten Neubaugebiet „Am Sand West“ streng geschützte Feldhamster unterwegs sind, reagierte die Gemeinde Rottendorf: Der nördliche Teil wurde zunächst aus der Erschließung herausgenommen, der südliche Teil jedoch umgepflügt und in eine für den Hamster unwirtliche Schwarzbrache verwandelt.

    Nun erhebt der Bund Naturschutz in einer Pressemitteilung heftige Vorwürfe gegen dieses Vorgehen und sieht darin einen Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz: „Man merkt, dass die Gemeinde möglichst schnell bei der Erschließung des Neubaugebiets voranschreiten wollte“, erklärt auf Nachfrage Steffen Jodl vom Bund Naturschutz: „Es kann aber nicht sein, dass der Hamster dabei auf der Strecke bleibt.“

    Ein Bürger machte Fotos

    Den Stein ins Rollen gebracht hatte ein aufmerksamer Bürger, der bei einem Spaziergang zufällig auf einen Hamster traf und fotografierte. Eine daraufhin durchgeführte Untersuchung des Geländes zeigte, dass auf der 22 Hektar großen Fläche eine stattliche Anzahl von 17 Bauten vorhanden ist, neun in der nördlichen, acht in der südlichen Hälfte.

    Im Gemeinderat herrschte breites Erstaunen darüber, hatte doch eine Begehung durch ein Büro keine Vorkommen auf den bei den Nagetieren eher unbeliebten sandigen Böden gezeigt. Für den Bund Naturschutz kam das jedoch nicht überraschend. Schon 2014 hatte der Verband in einer Stellungnahme zum Bebauungsplan darauf hingewiesen, dass hier mit dem streng geschützten Hamster zu rechnen sei und eine detaillierte Kartierung erfolgen müsse.

    Landwirte pflügten Südteil um

    Ein weiterer und diesmal unwiderruflicher Fehler geschah nach Ansicht der Naturschützer dann im Februar oder März 2017, als die Landwirte mit ihren Traktoren frühzeitig und noch vor dem Ende des Winterschlafs der Hamster ausrückten und den Südteil umpflügten. Mit der Anlage einer Schwarzbrache auf dem zehn Hektar großen Südteil sei dann der Hamster endgültig vertrieben worden.

    „Damit war die Nahrung und die Deckung weg“, erläutert Jodl. Auch sei dabei keineswegs auszuschließen, dass Tiere geschädigt oder gar getötet wurden. Normalerweise werde so vorgegangen, wenn man eine weitere Zuwanderung verhindern wolle, nicht aber bevor eine Umsiedlung durchgeführt werde.

    Hierzu gibt es jedoch unterschiedliche Auffassungen: Auf Nachfrage bei der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt ist dort zu erfahren, dass der Umbruch des Erdreichs nur oberflächlich erfolgt sei und die Hamsterbauten nicht erfasst habe. Auf einer benachbarten, hamsterfreundlich bewirtschafteten Fläche nach dem Feldhamsterschutzprogramm habe man dem Nager auf zwei Hektar zudem eine Möglichkeit zum Ausweichen bereitgestellt.

    Hamster nicht geschädigt

    „Es ist nicht davon auszugehen, dass Individuen geschädigt wurden“, heißt es. Die Kartierungen von 2017 zeigten vielmehr einen wesentlichen Anstieg der Hamsterbauten im nördlichen Areal. „Daraus kann geschlossen werden, dass die Feldhamster aus dem südlichen Bereich nach Erwachen aus dem Winterschlaf dorthin abgewandert sind.“

    Auch Rottendorfs Bürgermeister Roland Schmitt kann keinen Fehler erkennen. Das Vorgehen sei mit dem Landratsamt abgestimmt worden. „Wir sind bemüht, das Thema ordnungsgemäß abzuhandeln“, versicherte er. „Wir unternehmen keine Alleingänge.

    “ Derzeit gebe es zudem unter der Leitung von Bergtheims Bürgermeister Konrad Schlier Gespräche mit anderen Gemeinden im nördlichen Landkreis, der Stadt Würzburg sowie der Regierung von Unterfranken, um ein umfassendes Umsiedlungsprogramm zu erstellen.

    Vorgehen hatte Folgen

    Sicher ist, das Vorgehen hatte Folgen: Die beiden Kartierungen, die im Mai und nochmals im August durch ein Fachbüro durchgeführt wurden, zeigen: Schon im Mai waren im Südteil keine Feldhamster mehr anzutreffen. Immerhin waren zwei Bauten auf der Ausgleichsfläche nachweisbar. Die vom August zeigt sogar, dass sich der Hamster entgegen der ersten Annahme der Gemeinde im Gebiet „Sand West“ pudelwohl fühlt: Im Nordteil sind zu den sechs, die im Mai festgestellt wurden, nochmals 16 dazugekommen. Auf der Ausgleichsfläche waren sieben Bauten nachweisbar: Insgesamt sind damit nun 29 Nachweise vorhanden. Außerdem wurden im Nordteil zusätzlich Brutvögel entdeckt, ein Kiebitz-Vorkommen und 15 Wachteln.

    Warum diese Ergebnisse in der von der Gemeinde versandten artenschutzrechtlichen Prüfung jedoch nicht auftauchen und nur als Anhang mitgeschickt wurden, ist für Steffen Jodl zumindest merkwürdig. „Inwiefern die Ergebnisse nun rechtlich verbindlich sind, kann man sich wohl selbst heraussuchen“, stellt er gegenüber der Redaktion fest. Er verweist zu dem auf einen ähnlichen Fall im Landkreis Schweinfurt: In Euerbach habe ein einziger Hamsterbau dazu geführt, dass der für den Herbst geplante Bau einer Umgehungsstraße gestoppt wurde. Nun soll es dort erst nach der Winterruhe - Ende April - und nach der Umsiedlung des Tieres losgehen.

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