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WÜRZBURG: Nautiland-Historie: „Bonzenbad“ und „Bändchenbetrüger“

WÜRZBURG

Nautiland-Historie: „Bonzenbad“ und „Bändchenbetrüger“

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    Erste Überlegungen für ein Schwimmbad in der Zellerau kommen in den 50er Jahren auf. Dann dauert es nur noch 20 Jahre: 1973 eröffnet Oberbürgermeister Klaus Zeitler nach eineinhalbjähriger Bauzeit Hallenbad mit 25-Meter-, Kinderbecken, Sauna, Solarium, Fitness-Center und Massage-Abteilung im Nigglweg. Technisches Highlight ist das Schiebedach über dem Hallenbad, das sich teleskopartig zusammenklappen lassen soll.

    „7 Millionen DM teures Hallenbad wird innerhalb von Minuten zum Freibad“ lautet die euphorische Überschrift dazu in dieser Zeitung. Angeblich soll sich das Dach ein paar Mal bewegt haben – dauerhaft funktioniert es nicht. Mitte der 70er Jahren werden auch das Freibad mit Liegewiese, 50-Meter- und Kinderbecken sowie die Eisbahn fertig.

    Angenommen wird das neue Bad von Anfang an gut. Aber es ist teuer: 5,86 Mark legt die Stadt 1983 beim Hallenbad pro Besucher drauf, 4,29 Mark beim Freibad. Um das zu ändern und der Konkurrenz im Umland zu trotzen, setzt man auf Modernisierung.

    Auch das wieder mit einem besonderen Clou: Da die Stadt kein Geld hat, werden die nötigen acht Millionen Mark vom privaten Investor, der Wuppertaler Rolba Freizeittechnik GmbH vorfinanziert und sollen später über den Eintritt zurück bezahlt werden.

    Im Anzug durch die Wasserrutsche

    So wird das schnöde Schwimmbad zum „Erlebnisbad Nautiland“ mit 85-Meter-Rutsche, Solarempore, Dampfbad, Sauna, Sprudelbecken und markanter Glaskuppel umgebaut. Im Mai 1990 eröffnet Oberbürgermeister Jürgen Weber es sportlich: Im Anzug rutscht er die Wasserrutsche herunter.

    „In Würzburg fängt der Süden an“ lautet der Slogan der „paradiesischen Ferien-Insel“. Doch paradiesisch läuft beim Nautiland von Anfang an nichts. Zum einen geht die Rolba GmbH bereits ein halbes Jahr nach der Eröffnung pleite und die Stadtwerke erbt deren Schulden vom Nautiland-Bau. Zum anderen ist das neue Bad schon vor seiner Eröffnung aufgrund seiner „unsozialen Preise“ als „Bonzenbad“ verschrieen. Bereits OB Zeitler hatte den Zellerauern versprochen, dass Nautiland und Freibad getrennt und bei letzterem die alten Tarife auch nach der Modernisierung beibehalten werden.

    Aber wie werden die Besucher getrennt? Man versucht es mit der „Bändchen“-Methode: Wer 12 Mark fürs Nautiland löhnt, bekommt ein Bändchen ans Handgelenk, wer 3,50 Mark fürs Freibad bezahlt, nicht. Acht „Kontrolleure“ werden eingestellt, um bändchenlose Besucher aus dem Spaßbad zu verscheuchen. Doch das klappt nicht: Nach zwei Wochen Ärger mit „Bändchenbetrügern“ wird der Versuch eingestellt und ein einheitlicher Bade-Tarif eingeführt.

    Die Bürger laufen Sturm. Also werden Frei- und Hallenbad 1992 wieder getrennt – per Gitter. Da aber dessen Überwachung die Einnahmen aus dem Freibad übersteigen, stellt man auch diesen Versuch bald wieder ein. Seitdem gehört das Freibad zum Nautiland.

    Preise sorgen für Verärgerung

    Kinder und Jugendliche müssen 1993 für zwei Stunden Badespaß je nach Wochentag zwischen vier und zehn Mark bezahlen – was Anfang die Bürger erneut auf die Palme bringt und die Besucherzahlen einbrechen lässt. „Mehr Bademeister als Badegäste“ heißt die Überschrift dazu. Also senkt man ein halbes Jahr später wieder die Preise. Bis zum Ende der 90er Jahre begleiteten ähnliche Diskussionen das Bad.

    Auf Dauer geht die Kalkulation, dass ein attraktives Erlebnisbad weniger Verlust macht, nicht auf: Auch das Nautiland ist für die Stadt ein teures Zuschussgeschäft. Als bereits nach zehn Jahre Nautiland vier Millionen Euro für neue Technik fällig werden, kommt zum ersten Mal das Thema Schließung auf. Aber auch das Gegenteil wird bereits Anfang 2000 überlegt: Zwischen 25 bis 30 Millionen Euro in den Umbau zum Wellness- oder Erlebnisbad zu stecken.

    Jahrelange Hängepartie

    Mit der Grundsatzentscheidung zwischen Schließung und Modernisierung beschäftigt sich der Stadtrat in den folgenden Jahren regelmäßig – ohne sie zu treffen. Stattdessen wird auch noch die Variante Abriss und ein Hallenbad-Neubau am Dallenberg ins Spiel gebracht. Nach der jahrelangen Hängepartie trifft der Stadtrat dann Ende 2009 mit dem Bäderkonzept eine Grundsatzentscheidung für die Sanierung des Nautiland.

    Es folgen Bürgerwerkstätten, um die Öffentlichkeit an der Badplanung zu beteiligen und 2012 die Gründung der Würzburger Bäder GmbH (WBG) unter dem Dach des Stadtkonzerns WVV. Erst ist eine Generalsanierung mit einem großen Saunabereich geplant. Doch im Ende Juli 2016 fällt die endgültige Entscheidung für einen 24,4 Millionen Euro teuren Neubau des Bades. Damit ist das Ende des Nautiland besiegelt – in jeder Form. der Nachfolger soll anders heißen.

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