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WÜRZBURG: Neue Pläne für Ein- und Mehrfamilienhäuser am Nikolausberg?

WÜRZBURG

Neue Pläne für Ein- und Mehrfamilienhäuser am Nikolausberg?

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    Der Blick vom Leutfresserweg zur Festung ist heute noch genauso, wie 1927 vom Expressionisten Erich Heckel gemalt. Die Eigentümer möchten die rund 13 000 Quadratmeter große Wiese mit Ein- und Mehrfamilienhäusern bebauen.
    Der Blick vom Leutfresserweg zur Festung ist heute noch genauso, wie 1927 vom Expressionisten Erich Heckel gemalt. Die Eigentümer möchten die rund 13 000 Quadratmeter große Wiese mit Ein- und Mehrfamilienhäusern bebauen. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Wenn es nach den Eigentümern des Guts „Neue Welt“ geht, soll eine große Wiese am Nikolausberg zu einer „Gartensiedlung“ mit Ein- und Mehrfamilienhäusern werden. Die Stadtverwaltung hält eine „maßvolle“ Bebauung gegenüber der Festung für möglich.

    Das Gut „Neue Welt“ sowie knapp sieben Hektar Land gehören der Wolfgang-Langguth-Stiftung. Deren Baubegehrlichkeiten sorgen immer wieder für Schlagzeiten. 1999 gelangten Planskizzen der Stadt für elf Häuser auf der Streuobstwiese am Gut in die Öffentlichkeit. Stadtbaurat Christian Baumgart erklärte damals, dass die Stiftung seit längerem dort bauen will und mit ihm im Gespräch sei. Der Widerstand von Natur- und Denkmalschützern und verschiedenen Mitgliedern des Stadtrats war groß, und die Pläne wurden fallen gelassen.

    Jetzt liegen neue auf dem Tisch. Das Rathaus hält die „Idee einer maßvollen Bebauung“ mit acht bis neun Einfamilienhäusern auf der Wiese neben dem Gut für „weiterverfolgenswert“.

    Dabei müsste sowohl ein „adäquater Abstand“ zum Gut eingehalten sowie vorhandene Grün- und Biotopflächen geschont beziehungsweise integriert werden.

    Erheblicher Eingriff in den Naturraum

    In der Vorlage der Verwaltung heißt es weiter, dass die Bebauung „einen erheblichen, wenngleich grundsätzlich ausgleichbaren Eingriff in den Naturraum“ darstellt. Eine Empfehlung für oder gegen die Bebauung gibt die Verwaltung nicht ab. Das ist ungewöhnlich. „Wir haben diese Fragestellung bewusst offen gestaltet, um ihnen die Entscheidung zu überlassen“, erklärte Kämmerer Robert Scheller in der jüngsten Sitzung des Umwelt- und Planungsausschusses den Stadträten.

    Laut Scheller sprechen die Nachfrage nach Wohnraum sowie die Abrundung der Siedlung am Nikolausberg für eine Bebauung. Nachteilig seien die Steilheit des Geländes und dass Grünfläche zerstört werde.

    Der Ausschuss verschob die Entscheidung und beschloss, sich die Situation vor Ort anzusehen. Zwei Mitglieder des Stadtrats sprachen sich sofort gegen die Aufstellung eines Bebauungsplans an dieser Stelle aus. Sonja Buchberger (CSU) „will nicht die letzten idyllischen Fleckchen der Stadt bebauen“. Karin Miethaner-Vent (Grüne) ärgert, „dass die Verwaltung der Erbengemeinschaft eine mögliche Bebauung signalisiert, obwohl wir diese in den vergangenen 20 Jahren regelmäßig abgelehnt haben.“ Die Wiese dürfte aus denkmalpflegerischen, kulturgeschichtlichen und ökologischen Gründen nicht angetastet werden.

    Illegale Rodung von 200 Obstbäumen

    Bereits 2008 ließ der Eigentümer auf der Wiese, die er jetzt bebauen will, illegal Bäume und Hecken roden. Ein Bußgeld gab es damals nicht. Vier Jahre später wurden etwas weiter oberhalb gleich 200 alte Obstbäume gefällt. Als man damals munkelte, das Biotop sei vorsätzlich zerstört worden, um die Bebauung vorzubereiten, erklärte das Baureferat: In diesem Bereich sei diese „definitiv nicht“ geplant. Anfragen dahingehend seien schon vor Jahren grundsätzlich abschlägig beschieden worden. Konsequenzen für die 2012 widerrechtlich gefällten 200 Bäume und etliche Hecken hat die Stiftung nicht akzeptieren wollen.

    Sie klagte gegen die Auflagen der Stadt wegen der Verstöße gegen das Naturschutzgesetz. Vor dem Amtsgericht Würzburg hat die Stiftung vor kurzen verloren. Jetzt muss sie über 10 000 Euro zahlen und Ersatzpflanzung leisten.

    Wo die neuen Bäume hin sollen, steht noch nicht fest. Die Wiese neben dem Gut will der Eigentümer nicht neu bepflanzen: Hier haben Nachbarn vor kurzen Vermessungsarbeiter beobachtet.

    Aus der Geschichte des Guts „Neue Welt“ Gertraud Rostosky wuchs im Gutshof „Neue Welt“ oder „Zur Neuen Welt“ (Leutfresserweg 32) auf. Dieser war im Jahr 1867 von ihren Großeltern errichtet worden. In den 1880er Jahren begann Rostoskys Mutter Maria, im ehemaligen Schweine- und Pilzzuchtbetrieb eine Pension sowie einen Salon für Konzerte und Lesungen zu betreiben. Zu den Gästen gehörte damals auch der Schriftsteller Max Dauthendey, der seine Aufenthalte und seine Jugendliebe Gertraud Rostosky in seinem Roman „Josa Gerth“ verarbeitete. Um Malerin zu werden, verließ Gertraud Rostosky das Gut. 1913 kam sie zurück und prägte nach dem ersten Weltkrieg den Künstlertreff „Neue Welt“. Hier wirkten auch Erich Heckel, Otto Modersohn und Alfred Kubin. 1920 verkaufte Rostosky das Gut an den Moselwinzer Franz Langguth. Während des Zweiten Weltkrieges diente der Gutshof als Notquartier für Bombengeschädigte. In den Fünfziger Jahren traf sich nochmals ein kleiner Kreis vornehmlich einheimischer Künstler und Literaten auf der „Neuen Welt“. Als am 30. Mai 1959 Gertraud Rostosky starb, war die Geschichte der „Neuen Welt“ als gastfreundliches Haus für Künstler und musisch Ambitionierte zu Ende. Der Gutshof wird heute weiterhin zu Wohnzwecken genutzt.

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