Es ist keine Baustelle im üblichen Sinn. 58 Meter sind es bis zur Kirchturmspitze. Nicht allein die Höhe fordert die Arbeiter heraus. Mit 600 000 Euro war die Sanierung des Turms veranschlagt. Etwa 70 000 Euro werden wohl dazukommen.
Die massiven Schäden am Turm zeigten sich erst aus nächster Nähe. Der Hauptgrund für die Mehrkosten ist ein neues Turmkreuz. Beim Abbau der Halterung des alten Kreuzes, vermutlich aus der Erbauerzeit 1694, hatte sich heraus gestellt, dass der sogenannte Kaiserstiel im oberen Bereich völlig vermorscht war.
Schweißen nicht möglich
Ebenso wie die Bauhölzer an den beiden Hauben. Beim vier Meter hohen Turmkreuz sind zur Verstärkung des Kaiserstiels aufgrund der vor drei Jahrhunderten verwendeten Legierung keine Schweißarbeiten mit heutigem Material möglich. Aus statischen Gründen war es deshalb unumgänglich, ein neues Kreuz anzufertigen.
Das neue Turmkreuz wurde bereits verzinkt und wird nun vergoldet. Auch die Kirchturmkugel und die acht Zierkugeln über der „Laterne“ werden von der Firma Menna in Würzburg neu vergoldet. Bei der Feier des Augustinusfestes am Sonntag, 27. August soll das Kreuz gesegnet und einen Tag später auf dem Kirchturm montiert werden. Die Kugel soll schon im Lauf dieser Woche ihren Platz bekommen.
Dicke Schicht Taubenkot
Eine der Besonderheiten bei den Sanierungsmaßnahmen in luftiger Höhe war der Taubenkot. Es hatte viel Zeit in Anspruch genommen, ihn zu entfernen. Teilweise war er bis zu einem halben Meter dick, und zwar meist an kaum zugänglichen Stellen. Künftig soll eine bessere Taubenvergrämung angebracht werden. Das bedeutet ebenfalls höhere Kosten als gedacht.
Jetzt gehen die Arbeiten an der Restaurierung der Natursteine voran. An der Steinbalustrade stoßen die Handwerker an die Grenze des Machbaren. Es war geplant, bestimmte Teile für das Säubern und Ausbessern abzubauen. Davon hatte der Statiker allerdings aus Gründen der Standsicherheit abgeraten. Eine fachgerechte Abdichtung des Bodens um die Balustrade herum ist nur sehr schwer herzustellen. Dabei hatte gerade das eindringende Wasser in den Boden zu den Schäden im Naturstein unterhalb der Balustrade geführt.
Nun soll der Boden mit einer Edelstahlwanne abgedichtet werden und Notausläufe zwischen den Balustern bekommen. Ein unzugänglicher Teil muss mineralisch abgedeckt und in Zukunft regelmäßig kontrolliert werden.
Abschluss vor Wintereinbruch
Die Turmrenovierung ist aufwändig und aufregend. „Ich habe festgestellt, dass es Baustellen gibt, bei denen ich als erfahrener Architekt noch dazu lernen kann“, berichtet Bernhard Schubert aus Opferbaum. Schon mehrmals seien die Fachleute am Bau an die Grenze der Einhaltung von DIN-Vorschriften und Normen gestoßen, gesteht er.
Aktuell laufen die Vorbereitungen für die Montage des neuen Turmkreuzes und der frisch vergoldeten Kugel. Wenn alles klappt, soll der letzte Teil der Aktion am 28. August, dem Gedenktag des hl. Augustinus, erfolgen. Danach wird der obere Teil des Gerüstes abgebaut. Sollten keine weiteren Überraschungen zu Tage treten, wird die Baumaßnahme vor dem Wintereinbruch fertig werden.
Prior Augustinerpater Christoph Weberbauer und seine Mitbrüder laden zum Mitfeiern am Sonntag, 27. August, ein. Der Festgottesdienst mit dem evangelische Dekan Immanuel Nau beginnt um 10 Uhr. Er predigt zum Thema „Augustinus und Luther“. Im Gottesdienst segnet Prior Pater Christoph Weberbauer das neue Turmkreuz. Das Augustinusfest wird zudem mit einem Orgelkonzert von Erwin Horn aus Würzburg gefeiert. Es beginnt um 17.30 Uhr vor dem Vespergottesdienst um 18 Uhr. Danach laden die Augustiner zur Begegnung bei Bier und Gerupften ein. Dieses Beisammensein ist bei schönem Wetter im Innenhof und Garten des Augustinerklosters.
Die Kirchenverwaltung musste entscheiden, was alles in die neue Schatulle der Kirchturmkugel kommt. Manche Stücke werden nicht mehr im Original eingelegt. Diözesankonservator Dr. Wolfgang Schneider wird sie ins Diözesanarchiv übernehmen. Dort werden sie als Eigentum der Wallfahrtskirche aufbewahrt.
Die Wallfahrtskirche in Fährbrück mit ihrem Turm steht seit 320 Jahren. Vier Mal war die Kugel seit ihrer ersten Montage 1694 schon geöffnet gewesen, und zwar in den Jahren 1840, 1872, 1945 und 1954. Wann wohl die nächste Öffnung sein wird? Die freistehende Fährbrücker Kirche wird schließlich vermutlich noch lange den fränkischen Landstrich prägen.