Sie dürfte wohl eine der umstrittensten und am längsten diskutierten ihrer Art sein – die geplante Windenergieanlage bei Neuses am Berg. Schon im Dezember 2002 hatte der Investor – ein Neuseser Bürger – eine entsprechende Voranfrage gestellt. Zehn Jahre danach scheint das Projekt nun vor der Realisierung zu stehen. Konkret geht es um den Bau einer Anlage „Enercon E-101“ mit einer Gesamthöhe von 185,90 Metern (Nabenhöhe 135,40 Meter, Rotorradius 50,5 Meter).
Die zehn Jahre seit 2002 waren gekennzeichnet von einem erbitterten Rechtsstreit zwischen dem Bauherrn und der Genehmigungsbehörde, dem Kitzinger Landratsamt. Zunächst hatte der Dettelbacher Bauausschuss das Vorhaben befürwortet. Das Landratsamt lehnte jedoch einen positiven Vorbescheid ab und erhielt – nach einem Widerspruch des Investors – von der Regierung von Unterfranken Recht.
Dagegen klagte der Mann im März 2004 vor dem Verwaltungsgericht Würzburg – und verlor. Erfolg hatte er in der nächsten Instanz, beim Bayerischen Verwaltungsgerichtshof. Der VGH wies das Landratsamt im August 2007 an, einen positiven Vorbescheid auszustellen. Mit ihrer Revision gegen das Urteil blieb die Behörde im April 2008 beim Bundesverwaltungsgericht in Leipzig erfolglos.
Daraufhin stellte das Landratsamt Kitzingen eine Genehmigung der Anlage unter Auflagen in Aussicht. Inzwischen hat der Investor bei der Behörde einen Antrag auf Baugenehmigung eingereicht. Während er in Hinblick auf den Standort (etwa in der Mitte zwischen Schnepfenbach und Neuses) de facto Baurecht hat, geht es nun noch um die Anlage selbst, die im Vergleich zur Voranfrage von 2002 etwa 50 Meter höher ausfällt.
Grenzwerte werden eingehalten
Zu dem Vorhaben wird auch die Stadt Dettelbach gehört, am Montagabend war das Windrad Thema im Stadtrat. Dort stellte Bürgermeister Reinhold Kuhn noch einmal klar, dass es gegen den Standort keine rechtliche Handhabe gebe: Die Voranfrage stamme noch aus der Zeit, als die Stadt kein Sondergebiet für Windkraft ausgewiesen hatte – das geschah erst 2007.
Auch unterschreitet die geplante Anlage hinsichtlich der angrenzenden Orte Schnepfenbach und Neuses alle geforderten Grenzwerte für Lärm und Schattenwurf.
Mit Blick auf die juristische Niederlage des Landratsamtes warnte Kuhn den Stadtrat davor, das Vorhaben abzulehnen. Trete dadurch eine weitere Verzögerung ein, müsse die Stadt möglicherweise Schadenersatz leisten. Er schlug vor, lediglich „Bedenken“ anzumelden und Forderungen zu stellen.
So solle das Windrad mit einer Abschaltautomatik für den Fall ausgestattet werden, dass die Grenzwerte doch einmal überschritten werten. Der Neuseser Ortssprecher Richard Kohlhaupt lehnte den geplanten Bau rundweg ab. Die Anlage beeinträchtige nicht nur das Ortsbild, sondern mindere auch den Wert der Häuser. Außerdem gehe in Neuses das Gerücht um, dass weitere Windräder geplant seien.In dieser Frage konnte Bürgermeister Kuhn zumindest teilweise Entwarnung geben: Konkrete Voranfragen lägen nicht vor, außerdem habe die Stadt – im Gegensatz zum jetzt behandelten Windrad – die Planungshoheit.
Effeldorfs Ortssprecher Norbert Schneider kritisierte den Bau ebenfalls. Auch er führte eine mögliche Wertminderung von Grundstücken und Immobilien ins Feld und monierte die „Auswirkungen für das besonders charakteristische Landschaftsbild der Mainschleife“.
Christine Konrad wies darauf hin, dass der jetzige Antrag mit der Anfrage von 2002 nicht mehr viel zu tun habe: „Das Windrad soll 50 Meter höher werden. Das ist nicht mehr dieselbe Anlage.“
Dieser Aspekt soll nun in die Bedenken der Stadt ebenso aufgenommen werden wie die mögliche Wertminderung und die von Kuhn erwähnte Abschaltautomatik, ferner ein Mindestabstand von 800 Metern zu Wohnbebauung.
„Ob das Landratsamt unsere Forderungen berücksichtigt, steht jedoch auf einem anderen Blatt“, dämpfte Kuhn die Erwartungen. Neuseser Bürgern, die sich am Ende der Stadtratssitzung zu Wort meldeten, empfahl er, ebenfalls ihre Bedenken zu notieren.
Diese könnten der Stellungnahme der Stadt beigefügt werden. Insgesamt seien 30 Träger öffentlicher Belange am Anhörungsverfahren beteiligt.