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OCHSENFURT: Nigerianer will bei seiner deutschen Ehefrau bleiben

OCHSENFURT

Nigerianer will bei seiner deutschen Ehefrau bleiben

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    Pia Ighodaro und ihr Mann Destiny am Tag ihrer Hochzeit auf der Alten Mainbrücke in Ochsenfurt.
    Pia Ighodaro und ihr Mann Destiny am Tag ihrer Hochzeit auf der Alten Mainbrücke in Ochsenfurt. Foto: Foto: Ighodaro

    Pia Ighodaro erkennt ihren Mann fast nicht wieder. Vor drei Jahren noch, als die beiden sich kennenlernten, war der Nigerianer fröhlich und lachte viel. Jetzt ist er in sich gekehrt, grübelt, kann nicht schlafen. Am 14. Mai soll Destiny Ighodaro ausreisen. Obwohl er am 27. April seine Pia auf dem Standesamt in Ochsenfurt geheiratet hat.

    Pia Ighodaro versteht die Welt nicht mehr. „Was für ein Problem hat die Regierung eigentlich?“, fragt sie wütend. „Wir bestreiten unseren Lebensunterhalt selbst und wollen nur ein ganz normales, bürgerliches Leben führen. Aber die machen unsere Liebe kaputt.“ Für die 45-jährige Ochsenfurterin ist klar, dass ihr Mann in seinem Heimatland um sein Leben fürchten muss – obwohl Behörde und Gericht das anders sehen.

    Angst vor der Ogboni-Gesellschaft

    Die Geschichte, die der 28-Jährige erzählt, ähnelt der anderer nigerianischer Männer. Der Vater ihres Mannes habe einer der in Nigeria verbreiteten Ogboni-Gesellschaften angehört, erzählt Pia Ighodaro. Diese Gesellschaft habe verlangt, dass Destiny Ighodaro ebenfalls beitrete. Der 28-Jährige hat seiner Frau erzählt, diese Leute würden auch Menschen entführen und töten. Deshalb habe er sich geweigert, Mitglied zu werden. Daraufhin hätten Mitglieder der Gesellschaft ihn misshandelt.

    Destiny Ighodaro zeigt Narben an seinen Händen und auf dem Kopf. Mit einem Messer sei er traktiert, mit einer Pistole auf den Kopf geschlagen worden. Von weiteren Narben an seinem Körper gibt es Fotos. Der Arzt des Nigerianers hat bestätigt, dass diese Narben älter sind. Zumindest müssten sie aus einer Zeit stammen, als er noch nicht in Europa lebte.

    Flucht über das Mittelmeer

    Um sich dem Zugriff der Ogboni-Gesellschaft zu entziehen, sei er aus Nigeria nach Libyen geflüchtet, erzählt der Afrikaner. Dort arbeitete er als Handwerker, was jedoch nicht lange gut ging. Es herrschte Krieg, Ighodaro wurde für seine Arbeit nicht mehr bezahlt. Der einzige Ausweg schien ihm eine Flucht nach Europa. Im Boot die Überfahrt übers Mittelmeer gewagt, auf See gerettet, in Italien an Land gesetzt – eine Flüchtlingsgeschichte, wie viele sie erzählen können. In Italien aber habe es so gut wie keine Betreuung gegeben, sagt der 28-Jährige.

    Ighodaro stieg in einen Zug nach München. Dort wurde er von der Polizei aufgegriffen und nach Würzburg gebracht. Kurz nach seiner Ankunft dort besuchte der Nigerianer eine Diskothek, in der an diesem Abend auch eine deutsche Frau zu Gast war: Pia. Zwei Wochen später verabredeten die beiden sich zum ersten Mal – zum Besuch des Africa-Festivals.

    Die Klage blieb erfolglos

    Seitdem sind Pia und Destiny ein Paar. Für die 15-jährige Tochter der Ochsenfurterin ist der Nigerianer schon längst ihr Papa. Seine deutsche Familie hat von Anfang an um ihn gekämpft. Pia Ighodaro hat ihn begleitet, als er seinen Asylantrag stellte, als er zu dessen Begründung vorsprechen musste, als er wegen des abgelehnten Asylantrags vor dem Würzburger Verwaltungsgericht klagte. Die Klage blieb erfolglos. Destiny Ighodaro rettete sich von Duldung zu Duldung, bis, kurz vor der geplanten Hochzeit, der Bescheid mit der Aufforderung zur Ausreise eintraf. Am 14. Mai soll der Nigerianer Deutschland verlassen, andernfalls droht ihm die Abschiebung.

    Was in Nigeria passieren wird, ist für Pia Ighodaro klar: „Dann bin ich schneller Witwe, als ich geheiratet habe.“ Die Ogboni-Gesellschaft werde ihn suchen und jagen. „Aber die Behörden glauben ihm nicht“, sagt seine Frau. „Dabei sind seine Narben doch sichtbar!“ Was die Ochsenfurterin am allerwenigsten versteht: Warum soll ihr Mann das Land verlassen, wo sie doch nun verheiratet sind? Man hat ihr gesagt, Destiny solle bei der deutschen Botschaft in Nigeria ein Visum zum Ehegattennachzug beantragen, damit könne er dann wieder nach Deutschland einreisen.

    Online-Petition für Destiny Ighodaro

    Wieso muss ihr Mann in seinem Heimatland eine Familienzusammenführung in die Wege leiten, die doch in Deutschland längst stattgefunden hat? Das fragt sich Pia Ighodaro und befürchtet, dass sie und ihr Mann sich auseinanderleben könnten, wenn er nach Nigeria zurück muss. Sie habe gehört, dass die Beantragung eines solchen Visums in dem afrikanischen Land bis zu zwei Jahre dauern könne.

    Eine gute Freundin der Familie hat eine Online-Petition für Destinys Verbleib in Deutschland gestartet. Pia Ighodaro selbst ist dabei, eine Petition beim Landtag einzureichen; bei der Zweigstelle der Zentralen Ausländerbehörde in Würzburg hat das Paar ein Attest vorgelegt und nochmals eine Duldung beantragt. Der Afrikaner müsse wegen der starken psychischen Belastung, die die angedrohte Abschiebung für ihn bedeute, behandelt werden und sei nicht reisefähig, schreibt sein Arzt.

    Regierung sieht kaum Chancen

    Bei der Regierung von Unterfranken hält man die Chancen des Nigerianers, der Ausreise zu entgehen, dennoch für gering. Das Verwaltungsgericht Würzburg habe am 18. April einen Antrag auf Aussetzung der Abschiebung und auf Ausstellung einer Duldung abgelehnt, schreibt Pressesprecher Johannes Hardenacke. Zwar sei noch ein Hauptsacheverfahren anhängig, an der Ausreisepflicht von Destiny Ighodaro ändere das aber nichts. Man könne der Verpflichtung zu einer legalen Einreise nicht einfach durch Heirat mit einer deutschen Staatsangehörigen entgehen, sagt Hardenacke. Das sei die Auffassung, die die Regierung von Unterfranken vertrete.

    Fakt sei, dass der Nigerianer ohne Visum eingereist sei. Nun müsse er den ordnungsgemäßen Weg beschreiten, um seinen Aufenthalt nach der Eheschließung zu legalisieren, schreibt Johannes Hardenacke. Ighodaro müsse bei der deutschen Botschaft in Nigeria ein Visum zum Zwecke der Familienzusammenführung beantragen. Dies sei ihm durchaus zuzumuten. Er könne zuvor sogar bei der zentralen Ausländerbehörde eine Vorab-Zustimmung beantragen.

    Der ehemalige Chef war zufrieden

    Diese könne die Erteilung des Visums in Nigeria beschleunigen, denn die Ausländerbehörde bescheinige damit, dass der Antragsteller in Deutschland verheiratet sei. Wenn nun Destiny Ighodaro mit seiner ärztlichen Bescheinigung erneut die Duldung beantragt habe, werde die Ausländerbehörde auch diesen Antrag selbstverständlich prüfen.

    Wie die Behörde entscheiden wird, darauf wartet das Ehepaar voller Anspannung. Beide hoffen, dass sie das ersehnte „bürgerliche Leben“ in Deutschland werden führen können. Pia Ighodaro arbeitet als Kinderpflegerin in einem Kindergarten und nebenher in einer Gaststätte in einem Nachbarort. Dort hatte auch ihr Mann einen Job als Küchenhilfe. Der Chef habe bescheinigt, dass er den Nigerianer gerne weiter beschäftigt hätte, sagt Pia Ighodaro. „Immer heißt es, die Ausländer sollen sich integrieren. Was sollen wir denn noch tun?“

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