„Würzburg braucht mehr Wohnraum“ ist der Tenor des Stadtrats – deshalb hat er am Donnerstagabend gleich die Aufstellung zweier Baugebiete beschlossen: Neben dem 14 Hektar großen Wohngebiet für Reihen- und Mehrfamilienhäuser, das in Lengfeld entstehen soll, ist ein weiteres, kleines am Waldfriedhof geplant. Dort sollen angrenzend an das Wohngebiet „An den drei Pappeln“ 30 bis 45 Einzel- und Doppelhäuser gebaut werden.
Das Gelände, das zum Teil der Stadt, zum Teil Privatleuten gehört, liegt gegenüber des Waldfriedhofs und wird heute landwirtschaftlich genutzt. Die Haltung des Stadtrats zu Neubauten auf grünen Wiesen ist gespalten – was ganz gut die Haltung in der Gesellschaft widerspiegelt: Notwendiges Wachstum contra unsinnigen Flächenverbrauch.
„Würzburg muss wachsen“, ist die Meinung von Oberbürgermeister Christian Schuchardt, Stadtbaurat Christian Baumgart und der Mehrheit der Stadträte. Denn erstens ist die Nachfrage nach Wohnungen und Häusern weiter enorm hoch und zweitens will die Stadt keine Einwohner an das Umland verlieren – und damit keine Steuereinnahmen. Obwohl gerade am Hubland, auf dem ehemaligen US-Kasernengelände, ein riesiges neues Wohngebiet geplant wird, seien zusätzliche wie in Lengfeld und am Waldfriedhof deshalb wichtig für die Zukunft, so der Tenor.
CSU-Stadtrat Wolfgang Roth erklärt: „Würzburg sollte in allen Gebieten Bauland vorhalten.“
Flächenfraß am Waldrand
Vor allem die Grünen kritisieren diese Sichtweise. "Ein bisschen habe ich den Eindruck, als hätten wir vergessen, dass wir ein Konversionsgelände entwickeln und dort erheblich Wohnbaufläche schaffen", hatte Grünen-Stadtrat Patrik Friedl im Umwelt- und Planungsausschuss erklärt, warum er dem dortigen Baugebiet nicht zustimmt. Da am Hubland Wohnungen für 4000 bis 5000 Menschen entstehen würden sei ein neues Wohngebiet am Rande der Stadt nicht notwendig. Die dortigen Flächen seien nie dafür vorgesehen gewesen.
Der am Waldfriedhof geplante „Flächenfraß am Waldrand“ ist laut Grünen-Stadträtin Karin Miethaner-Vent ein Negativbeispiel für Stadtplanung: „So gehört es gerade nicht gemacht.“ Zum einen werde viel Land für wenige Häuser verbraucht. Zum anderen verliere das Naherholungsgebiet zwischen dem Steinbachtal und Heidingsfeld seinen Charakter, wenn die offene Landschaft verschwindet. Drittens sei das geplante Baugebiet weit von der Innenstadt entfernt.
Stadtbaurat Baumgart verteidigte seine Planung gegen diese Kritik. Das Baugebiet am Waldfriedhof sei gut zu erschließen und stadtnah, außerdem sei es an den ÖPNV angebunden und: „Die Bauplätze sind nicht im Naherholungsgebiet, sondern auf heute landwirtschaftlich genutzten Flächen geplant.“ CSU-Fraktionschefin Christine Bötsch argumentierte, dass „die vorhandenen Biotope erhalten und verknüpft werden sollen“. Außerdem entstünden mit den Gärten der Häuser ja auch Grünflächen. Zwischen 450 und 800 Quadratmeter sollen die Grundstücke für die Einzel- und Doppelhäuser groß werden.
WL-Fraktionsvorsitzender Jürgen Weber führte als Vorteil an, dass nahe der Autobahn Ausgleichsflächen langfristig angelegt und gepflegt und die Infrastruktur des Waldfriedhofs im Zuge der Erschließung verbessert werden könne. 27 Stadträte stimmten für die Aufstellung des Bebauungsplans, 17 dagegen – neben Stadträten der Grünen und der ÖDP unter anderem auch der CSU.
Kritik an der Aufstellung beider Bebauungspläne übt der Bund Naturschutz (BN). Wenn tatsächlich Bedarf an zusätzlicher Wohnbebauung bestehe, sollte das Gebiet der ehemaligen Faulenbergkaserne an der Nürnberger Straße überplant werden. So würde man nicht in den Lebensraum bedrohter Tierarten eingreifen und keine Flächen verbrauchen, die zur Nahrungsmittelproduktion nötig sind. „Nicht nur um Gewerbebetriebe, sondern auch um Einwohner ist unter den Kommunen ein regelrechter Konkurrenzkampf entbrannt“, bedauert Armin Amrehn, Vorsitzender der BN-Kreisgruppe Würzburg, die Entscheidung des Stadtrats.