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REGION WÜRZBURG: Nur das Beste für den Fürstbischof

REGION WÜRZBURG

Nur das Beste für den Fürstbischof

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    Zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts: In der Würzburger Residenz ist gut leben. Adam Friedrich von Seinsheim, geistlicher und weltlicher Herrscher des Hochstifts, dem Luxus und der Pracht zugetan, hat sich im Nordflügel, im Ovalen Saal, eine schicke Oper eingerichtet. Seine Liebe zur Musik geht so weit, dass er keine unmusikalischen Leute um sich haben will, weil, so schreibt er auf, „diejenigen, welche der Music mächtig sind, gemeiniglich die besten Talente besitzen und zu andern Wissenschaften auch die Fähigsten seien“. Seinen Schäfchen im Hochstift untersagt er allerdings bis auf wenige Ausnahmen den Genuss von Theater und musikalischen Aufführungen, aus Sorge um Sitte und Moral.

    In Veitshöchheim, im Hofgarten, entstehen auf sein Geheiß Meisterwerke, unter anderem die grotesken steinernen Rokokofiguren von Ferdinand Tietz. Im dazugehörigen Schlösschen lässt er sich Räume zu seiner Muße und Entspannung einrichten, unter anderem ein Billardzimmer. In Würzburg, vor dem Hinterausgang der Residenz, arbeitet Johann Prokop Mayer, der geniale Gärtner, zum Ruhme des Fürstbischofs. Mayer macht aus dem Hofgarten, so schreibt er später auf, „eine stolze Schöne mit aller Schminke, mit allem Putze“, die in einem „dem Pallaste ihres Fürsten würdigen Aufputze erscheinen“ solle.

    Nur das Beste für Adam Friedrich von Seinsheim. Die Nachwelt hat ihre Freude daran. Aber seinen Untertanen geht es schlecht, sie zahlen die Zeche für die schöne Welt ihres Bischofs.

    In den Mainfränkischen Studien ist 1988 Robert Seligs 362-seitige Arbeit „Räutige Schafe und geizige Hirten“ erschienen, eine Untersuchung der Auswanderung aus dem Hochstift Würzburg im 18. Jahrhundert. Der Historiker berichtet, der Großteil der Bevölkerung habe in armseligen, kleinen Selden (bäuerlichen Anwesen) gehaust, „mit gestampfter Erde als Fußboden und strohgedecktem Dach, oft ohne Schornstein, und auf Grundstücken, die kaum 50 Quadratmeter maßen“. Ackerland sei rar gewesen im fürstbischöflichen Franken, obwohl es reichlich unbebautes Land gab. Die Erklärung, so Selig, „findet sich in der Jagdlust der Bischöfe, besonders Seinsheims“. Nicht nur in Waldbüttelbrunn sei fast die Hälfte der Gemarkung öde gelegen, die Bauern hätten „den Kampf mit dem herrschaftlichen Wild um das kostbare Ackerland aufgegeben“. Die Folge beschrieb ein Zeitgenosse: „Auf einen Reichen kann man gewöhnlich 20 Arme rechnen, ja vielleicht noch einmal so viel“.

    Die Steuern waren hoch, die Fron, die unbezahlte Arbeit für die adeligen Herrn an Dutzenden Tagen im Jahr, war hart. Dazu kamen Missernten und Teuerungen. 1764 baten die Bauern von Tauberrettersheim im Ochsenfurter Gau um Nachlässe ihrer Steuerschuld, weil sie drei Missernten hintereinander gehabt hatten. Die Hofkammer, ansonsten streng geizig, wenn es um Belange des Volkes ging, hatte ein Einsehen, weil die Bauern „bekanntlich ihr nötige Brod nicht erbauen“ und „auch anheuer die Herbstertrag sehr gering ausgefallen“. Seinsheim aber lehnte die Bitte der Tauberrettersheimer rigoros ab.

    Es falle schwer, schreibt Selig, „die Regierungspraxis mit Seinsheims persönlichen Grundsätzen in Einklang zu bringen, die nach eigenen Aussagen ,immer dahin ziehlet, den armen Unterthanen so viel als möglich ist die neue Last zu ersparen, sondern diesselbe vielmehr wenn es nötig ist den Vermögenden' aufzulegen“. Später dann, 1768 und 1771, als wieder nach Missernten wieder Not im Hochstift herrschte, ließ er Steuern nach.

    Er war ein ehrgeiziger Herr. 1757 ließ er sich auch in Bamberg zum Bischof wählen. 1761 wollte er Erzbischof von Köln werden, blitzte aber ab. Das Biographisch-Bibliographische Kirchenlexikon berichtet über ihn, er sei „persönlich fromm und untadelig, seit 1731 aber auch Freimaurer“ gewesen und nennt ihn den „ersten Vertreter der Aufklärung auf den fränkischen Bischofsstühlen“.

    Der Historiker Herbert Schott beschreibt Seinsheim als „aufgeschlossen“ gegenüber den Ideen der Aufklärung. Im zweiten Band der „Geschichte der Stadt Würzburg“ belegt Schott diese Auffassung: Seinsheim „wandelte zum Beispiel die Todesstrafe für Deserteure 1778 in lebenslange Schanzarbeit um, reduzierte die Zahl der kirchlichen Feiertage und lehnte das Angebot der Regierung ab, die neue Witwengesellschaft nach ihm zu benennen“. Bemerkenswert auch, dass er 1762 die Allgemeine Schulpflicht einführte.

    1755, in seinem ersten Amtsjahr, schrieb Adam Friedrich von Seinsheim in einem Brief an seinen Bruder: Wenn „man selbst das Auge will über alles haben, so hat man genug zu tun, welches aber notwendig ist“. Und machte klar: „Die Weiber und die Religiösen haben in Regierungssachen nichts zu sagen.“

    Im Februar 1779 ist er gestorben. Schott schreibt: „Adam Friedrich war beliebt, das Volk trauerte sehr um ihn.“ Möglicherweise. Möglich ist aber auch, dass des Bischofs Chronisten nach dem Munde dessen schrieben, der sie bezahlte. Und das waren ganz gewiss nicht die Bauern aus Tauberrettersheim.

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