Unterfrankens Obstbauern stehen vor der schlechtesten Obsternte seit Jahren. Bei den Äpfeln erwarten die Obstbauern einen Ernteausfall von mindestens fünfzig Prozent. Bei den Birnen auch. Und bei den Zwetschen wird es voraussichtlich um mindestens dreißig Prozent weniger Früchte geben. Schuld an der miserablen Ernte ist die Frostnacht vom 19. auf den 20. April.
Die schlimme Frostnacht vom 19. auf den 20. April bringt Unterfrankens Obstbauern um mindestens die Hälfte ihrer Ernte. „Sehr wenig Birnen“ werde man haben, sagt Alexander Zimmermann, Versuchsingenieur Obstbau bei der Landesanstalt für Wein- und Gartenbau in Veitshöchheim. Wegen der Frostnacht mit Temperaturen von bis zu minus sieben Grad rechnet Zimmermann bei den Birnen mit Ernteverlusten von bis zu 70 oder 80 Prozent. Ernteausfälle von mindestens 50 Prozent erwartet er bei den Äpfeln.
Hilfen des Ministeriums dürften nicht ausreichen.
Auch Thomas Riehl, Geschäftsführer des Verbands der Fränkischen Obstbauern, hält bei den Äpfeln und Birnen einen Ernteausfall von 50 bis 60 Prozent und bei den Zwetschgen einen Ernteausfall von rund 40 Prozent für realistisch. Riehl zufolge bestreiten in Unterfranken – hauptsächlich in der Mainschleife um Volkach und in der Gegend um Miltenberg – rund 40 Obstbauern ihren Lebensunterhalt fast ausschließlich mit dem Verkauf von Kernobst; für sie dürfte das Erntejahr 2017 düster werden.
Zwar können Obstbauern bei einem nachgewiesenen Ertragsrückgang von über 30 Prozent beim Bayerischen Landwirtschaftsministerium Mittel aus einem staatlichen „Hilfsprogramm für stark geschädigte Betriebe“, beantragen, aber saniert haben die Bauern ihre Finanzen damit noch nicht. „Die Entschädigung wird nicht so hoch sein wie der erwartete Gewinn“, sagt Riehl.
Auch die Verbraucher dürften die Frostschäden beim Kernobst nicht kalt lassen. Die Obstkäufer nämlich müssen sich darauf einstellen, dass Äpfel, Birnen und Zwetschgen in diesem Herbst teurer werden – man braucht kein Wirtschaftsexperte zu sein, um zu wissen, dass eine gleichbleibende Nachfrage bei gesunkenem Angebot den Preis einer Ware in die Höhe treibt. Und Kernobst ist wirklich sehr begrenzt in diesem Herbst: Denn der Frühlingsfrost hat nicht nur Franken heimgesucht, sondern andere deutschen Obstanbaugebiete auch; einzelne Anbaugebiete wie etwa die Reichenau am Bodensee beklagen mit rund 90 Prozent Ernteverlusten sogar noch höhere Forstschäden als die Franken. „Ganz Europa hat diesen Frost abgekriegt, auch Holland, auch Italien, woher viel Kernobst kommt“, sagt Thomas Riehl, der Geschäftsführer des Verbands der Fränkischen Obstbauern.
Frostschutzberegnung ist in Unterfranken nicht machbar.
Rainer Böhm ist Juniorchef des Obstanbaubetriebs Böhm in Effeldorf bei Dettelbach (Lkr. Kitzingen). Er hat die Frostnacht durchlitten, hat in der eiskalten Aprilnacht hilflos zusehen müssen, wie Abertausende von Apfelblüten auf seinem Hof durch anhaltende Minusgrade zerstört wurden. Rein theoretisch, so berichtet Böhm, hätte man die Blüten durch eine Frostschutzberegnung retten können. Bei einer Frostschutzberegnung gefriert das gespritzte Wasser auf der Blüte zu einem Eisfilm – dieser kann dann die ganze Frostnacht hindurch ungefährliche null Grad und so die Blüte am Leben halten. „In der Theorie klingt das gut, in der Praxis ist die Frostschutzberegnung gerade in Unterfranken aber nicht machbar, weil wir nicht genug Wasser haben“, sagt Böhm.

Dennoch, sagt Böhm, habe er noch Glück gehabt. Zwar hätten die Bäume der Altanlage Frostschäden; glücklicherweise hätten die jungen Apfelbäume der Neuanlage üppig getragen. „Die Bäume der Neuanlage haben zwei Tage später geblüht – das hat den Unterschied gemacht.“ Grundsätzlich begegnet der Effeldorfer Juniorchef dem problematischen Erntejahr 2017 mit Fassung: „Wir arbeiten mit der Natur; da trägt einfach jedes Anbaujahr sein Risiko. Einmal ist es der Frost, dann wieder ist es die Trockenheit, der Hagel oder ein Schädling“. Was Böhm aber wirklich umtreibt, ist der Umstand, dass die Apfelbäume heuer viel zu früh geblüht haben. „Normal blühen sie Anfang Mai. Heuer Mitte April – wo die Wahrscheinlichkeit einer harten Frostnacht einfach größer ist als im Mai.“ Dass die Apfelblüte früher kommt als im letzten Jahrhundert, ist Böhm zufolge ein deutliches Indiz für den Klimawandel.