Wer einen Unfall hat oder in eine lebensbedrohliche Situation gerät, muss sich darauf verlassen können, dass der Notarzt schnell zur Stelle ist. Gerade im ländlichen Süden des Landkreises Würzburg ist der Notarztdienst eine wichtige Säule in der medizinischen Versorgung. Doch immer weniger niedergelassene Ärzte sehen sich in der Lage, neben ihrem Praxisbetrieb als Notarzt zur Verfügung zu stehen. Um die drohende Versorgungslücke zu schließen, nimmt die Ochsenfurter Main-Klinik künftig an der Notarztversorgung teil.
Der Chefarzt für Anästhesie und Notarzt-Sprecher Dr. Manfred Knof nennt die Vereinbarung zwischen der Klinik und der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) einen Meilenstein für die Sicherung der Notfallversorgung in der Region und "eine ganz tolle Sache für die weitere Verzahnung von ambulanten und stationären Leistungen". Das Versorgungsgebiet umfasst den südlichen Landkreis Würzburg und angrenzende Bereiche der Landkreise Kitzingen und Neustadt/Aisch-Bad Windsheim.

Für die Main-Klinik ist die Notarztversorgung keineswegs Neuland. Seit rund 40 Jahren stellt die Klinik das medizinische Personal für den Rettungshubschrauber Christoph 18. 13 Fachärzte der Klinik sind ausgebildete Notfallmediziner, sagt Knof. Neben dem Dienst im Hubschrauber sind sie auch in die bodengebundene Notarztversorgung eingebunden, allerdings bislang nicht im Rahmen ihrer Klinik-Tätigkeit, sondern nebenberuflich in der Freizeit. Vor allem an Wochenenden stehen sie für Einsätze zur Verfügung.
"Viele Vertragsärzte haben nach wie vor eine Passion für den Notarzt-Dienst, aber er lässt sich in den Praxisalltag kaum noch eintakten."
Heiko Keller, Fachreferent für den Notarztdienst
An Werktagen hingegen ist das Versorgungsnetz löchrig geworden. Nur zwei niedergelassene Hausärzte in der Region Ochsenfurt seien noch fest in die Notarztversorgung eingebunden, so Knof. "Viele Vertragsärzte haben nach wie vor eine Passion für den Notarzt-Dienst, aber er lässt sich in den Praxisalltag kaum noch eintakten", sagt Heiko Keller, Fachreferent für den Notarztdienst bei der KVB. Wer als Notarzt zur Verfügung steht, müsse nämlich jederzeit einsatzbereit sein, auch wenn das Wartezimmer gerade voll ist.

"Auch die Akzeptanz der Patienten ist nicht mehr da, wenn ihr Hausarzt sie warten lässt, weil er zu einem Notarzteinsatz gerufen wird", sagt Manfred Knof. Bei rund 900 Notarzteinsätzen pro Jahr im Versorgungsgebiet Ochsenfurt passiert das im Durchschnitt zwei- bis dreimal täglich. Für die Kassenärztliche Vereinigung, die den gesetzlichen Auftrag zur Sicherstellung und Organisation des bodengebundenen Notarztdienstes übernommen hat, wird es deshalb immer schwieriger, diesen Auftrag zu erfüllen.
Aufgabe auf viele Schultern verteilt
Dass anstelle einzelner Ärzte ganze Kliniken direkt in den Notarztdienst einbezogen werden, ist ein noch junges Modell, mit dem die KVB die Versorgung trotz des in ländlichen Regionen drohenden Ärztemangels zukunftsfest machen will, sagt Fachreferent Heiko Keller. Im Rahmen einer sogenannten Institutionsermächtigung hat sich die Main-Klinik verpflichtet, zunächst für 22 Wochen pro Jahr die Notarztbereitschaft sicherzustellen. Das entspreche einem Drittel des Jahres zuzüglich Urlaubsvertretungen, so Manfred Knof. Der Klinik steht es dabei frei, wie sie ihre Notfallmediziner für den Notarztdienst einteilt.
"Der Vorteil eines solchen Modells ist, dass die Aufgabe auf viele Schultern verteilt werden kann", sagt der Geschäftsführer der Main-Klinik, Christian Schell. "Wir freuen uns, dass wir mit unserem Klinik-Team einen weiteren Beitrag dazu leisten können, die Bevölkerung flächendeckend medizinisch zu versorgen." Chefarzt Manfred Knof geht sogar davon aus, dass dieser Beitrag in Zukunft noch steigen wird. "Langfristig wird die Main-Klinik noch mehr Zeiten übernehmen müssen, da weitere niedergelassene Ärzte in den Ruhestand gehen werden", sagt er.