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WÜRZBURG: „Ofarin“ ist immer noch in Not

WÜRZBURG

„Ofarin“ ist immer noch in Not

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    Peter und Anne Marie Schwittek mit dem Auszug eines afghanischen Mathematikbuchs, mit dem die Schüler des Ofarin-Projekts rechnen lernen.
    Peter und Anne Marie Schwittek mit dem Auszug eines afghanischen Mathematikbuchs, mit dem die Schüler des Ofarin-Projekts rechnen lernen. Foto: Foto: Pat Christ

    Umgerechnet rund 40 Euro im Monat bekam bisher jeder Lehrer, der sich im Schulprojekt „Ofarin“ von Peter und Anne Marie Schwittek in Afghanistan engagiert. Nun stellte sich im Herbst vergangenen Jahres zufällig heraus, dass eine Lehrerin unentgeltlich unterrichtete – aus Solidarität mit dem Projekt, dem erhebliche Fördermittel weggebrochen sind. „Wir haben untersucht, ob dies öfter der Fall ist“, berichtet Schwittek. Dem war so: „Über 50 Lehrkräfte arbeiteten ohne Bezahlung.“

    25 Euro Notgehalt pro Monat

    Das darf nicht sein, entschied der Entwicklungshelfer aus Randersacker. „Wir entschieden, dass es einheitlich für alle 25 Euro im Monat gibt“, so der Mathematiker. Die Notgehälter sollen so lange gezahlt werden, bis die Ofarin-Töpfe wieder gefüllt sind. Welche Möglichkeiten es gibt, das Projekt am Leben zu erhalten, darüber wird Schwittek am 10. April in der Buchhandlung „Neuer Weg“ sprechen.

    Zwei Stunden lang werden die Ofarin-Schüler jeden Tag in einer Moschee unterrichtet. Inbegriffen ist eine halbe Stunde religiöse Unterweisung. Die Ofarin-Lehrkräfte selbst unterrichten 90 Minuten. Anfänger nehmen an einem Grundkurs teil, in dem sie Lesen und Schreiben lernen. Das sind nicht nur Kinder, so Schwittek: „Auch Jugendliche kommen zu uns, weil sie, wie sie sagen, in der staatlichen Schule nichts lernen.“ Ist der Grundkurs absolviert, wird den Schülern Rechnen beigebracht. Über drei, vier oder fünf Jahre hinweg erhalten sie den Deutsch- und Mathe-Stoff der ersten drei Grundschuljahre vermittelt.

    Ausbildung für die Lehrer

    „Uns geht es um die Qualität des Unterrichts“, unterstreicht Schwittek. Um Qualität zu gewährleisten, sind auch 20 Jahre nach Start des Projekts immense Anstrengungen notwendig. Denn diejenigen, die bei Ofarin unterrichten, sind in keiner Weise vergleichbar mit deutschen universitär ausgebildeten Lehrern. „Bevor unsere Lehrer eine neue Unterrichtseinheit übernehmen, besuchen sie unser Seminar“, schildert Schwittek. Erst, wenn sie eine Prüfung über den neuen Stoff abgelegt haben, dürfen sie die nächste Lektion erteilen.

    Regelmäßig wird der Unterricht von Ofarin-Trainern besucht, damit die Qualität nicht absinkt. Auch die Schwitteks statteten bei ihrem jüngsten Aufenthalt in Kabul verschiedenen Klassen Besuche ab. Dabei wurde wieder deutlich, wie notwendig akribische Kontrollen sind. So gab es Ärger mit dem Trainer in einer Moschee. „Er hielt es für normal, dass in seinen Klassen höchstens ein Viertel der Schüler den durchgenommenen Stoff einigermaßen beherrschte“, schildert Schwittek. Ofarin stellte den Unterricht ein, weil der Trainer nicht einsah, dass er etwas ändern musste: „Nach drei Wochen bat er uns, weiterzumachen.“

    Schulprogramm wurde abgespeckt

    Viel Zeit kostet auch das Einwerben von Fördermitteln. „Aktuell stehen uns rund 210 000 Euro zur Verfügung“, sagt Schwittek. Das soll bis bis März 2019 reichen. Das Schulprogramm allerdings, das mindestens eine halbe Million Euro pro Jahr benötigt, musste deutlich abgespeckt werden: „Vor einem Jahr hatten wir noch rund 9000 Schüler, jetzt sind es etwas weniger als 4000.“ Als Schwittek 1998 unter den Taliban begann, Unterricht in 15 Moscheen zu organisieren, nahmen 10 000 Kinder teil.

    Bis vor kurzem hoffte Schwittek noch auf Unterstützung durch das Entwicklungshilfeministerium. Doch das scheiterte an den Förderbedingungen. So legt das Ministerium Wert auf „Hilfe zur Selbsthilfe“. Doch was den Unterricht in Afghanistan betrifft, wird sich die Hoffnung, dass die Menschen vor Ort das Projekt übernehmen könnten, auf absehbare Zeit nicht erfüllen.

    Suche nach Nachfolgern

    Ein Weiteres treibt die Schwitteks um: Die Frage, wer ihre Nachfolge übernimmt. Peter Schwittek ist inzwischen 77, seine Frau 75 Jahre alt. Es wird Zeit, finden sie, an einen Leitungswechsel bei Ofarin zu denken. Pat Christ

    Vortrag und Film

    Peter Schwittek berichtet am 10. April um 20 Uhr im Buchladen „Neuer Weg“ (Sanderstraße 23) über die aktuelle Lage seiner „Organisation zur Förderung afghanischer regionaler Initiativen und Nachbarschaftshilfen“ (Ofarin). Dabei wird auch der für Arte gedrehte Film über die Ofarin-Arbeit in Afghanistan gezeigt.

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