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WÜRZBURG: Oldtimerstammtisch: Individualisten auf Rädern

WÜRZBURG

Oldtimerstammtisch: Individualisten auf Rädern

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    Gemeinsame Ausfahrten und soziales Engagement sind den Mitgliedern des Würzburger Oldtimerstammtisches wichtig. Hier sind (von links) Rainer Erhard, Kurt Troll und Alois Nitzsche im Jahr 2015 bei einer von ihnen organisierten Oldtimerparade am Würzburger Schenkenturm zu sehen.
    Gemeinsame Ausfahrten und soziales Engagement sind den Mitgliedern des Würzburger Oldtimerstammtisches wichtig. Hier sind (von links) Rainer Erhard, Kurt Troll und Alois Nitzsche im Jahr 2015 bei einer von ihnen organisierten Oldtimerparade am Würzburger Schenkenturm zu sehen. Foto: Foto: Thomas Obermeier

    Der dritte Donnerstag im Monat ist ihr Tag: Dann treffen sich Besitzer von mehr oder weniger alten Autos und Motorrädern aus der Region am Oldtimerstammtisch Würzburg (OSW) im DLRG-Heim (Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft) im Stadtteil Heidingsfeld. Weder Schnee- noch Sturmwarnungen konnten auch nur einmal am Termin rütteln. „Seit über 30 Jahren ist noch kein Treffen ausgefallen“, sagt Alois Nitsche stolz. Der Mann aus Leinach (Lkr. Würzburg) ist Ansprechpartner bei den Oldtimerfreunden, ein Kümmerer aus Leidenschaft. Einen Vorstand gibt es beim OSW nicht, auch keinen Kassier oder Schriftführer. Die Gruppe funktioniert auch ohne straffe Führung – oder gerade deswegen?

    Allein die Leidenschaft fürs alte Blech hält die OSWler zusammen. Die Begeisterung fürs Schrauben und Lackieren ist verbindender als jede Vereinssatzung. Hinzu kommt der Stolz, dass man selber das machen kann, wozu andere in die Werkstatt müssen. „Du brauchst halt Werkzeug“, erklärt Alois Nitsche. „Und das Wichtigste ist, dass man sich gegenseitig hilft“, ergänzt Raymund Geier aus Würzburg.

    Altersdurchschnitt jenseits der 60

    Natürlich hilft man sich auch bei der Suche nach einem trockenen Quartier für den Oldtimer. Scheunen, Garagen und Hallen sind begehrt, auch weil man dort in Ruhe schrauben und polieren kann. Im Frühling erwacht hier wie dort das Leben, Männer im Blaumann inspizieren den Wagenunterboden oder arbeiten sich durch den Motorraum des Wagens, bis alles läuft wie geschmiert.

    Den Stammtisch gründeten Winfried Rohrer, Thomas Back und Thomas Hübner 1985. Bei den monatlichen Treffen seitdem gibt es keine feste Tagesordnung – aber umso mehr zu erzählen. 30 bis 40 Mann kommen im Schnitt zu den Treffen. Der Altersdurchschnitt mag jenseits der 60 liegen. „Mir Älteren ham halt mehr Geld für den Blödsinn“, sagt einer aus der Runde und lacht.

    Blödsinn? Oldtimer-Enthusiasten haben eine sinnliche Beziehung zu ihrem Gefährt, fühlen sich ihm emotional verbunden. Sie wollen fahren und nicht gefahren werden. Sie wollen ein Auto spüren, sich an seinem Aussehen erfreuen, seinen Klang wahrnehmen und seinen Geruch. Viele möchten auch die Uhr zurückdrehen, sich an früher erinnern. An die erste Fahrt mit der Freundin im VW Käfer. An die Stunden in der bildschönen Renault Floride, den Familienurlaub im Amazon von Volvo.

    Anlässlich des 25. Jahrestages der Gründung des OSW im Jahre 2010 stellten die Oldtimerfreunde Fotos, Daten und Fakten zusammen und brachten einen umfänglichen Katalog heraus, der zu stundenlangem Blättern durch die Geschichte des Automobil- und Motorradbaus einlädt. „Das Schöne bei uns ist, dass wir so viele verschiedene Marken haben“, betont Raymund Geier. Will heißen, dass gerade diese Vielfalt den OSW von den Markenklubs unterscheidet, bei denen sich alles ausschließlich um Porsche, Mercedes oder Alfa Romeo dreht, nur um drei besonders attraktive Markennamen zu nennen.

    Beim OSW hingegen ist die Vielfalt Trumpf. Raymund Geier kann detailreich über die Besonderheiten des Motors der DKW-Sonderklasse mit Ladepumpe und Normalbenzin reden. Michael Strauch aus Höchberg (Lkr. Würzburg) hat sein Herz an ein Gefährt verloren, „das aussieht wie ein Micky-Mouse-Auto“, dessen Zweitaktmotor zehn Pferdestärken entwickelt, das 60 Stundenkilometer Spitze schafft und dann mittels Seilzügen heruntergebremst wird. Die Rede ist von einem Aero 500, von dem in den 30er Jahren gerade mal 1300 Exemplare gebaut wurden.

    Jeder der Oldtimerfreunde hat viel zu erzählen, wenn er auf sein Hobby angesprochen wird. Auch der wortkarge Rainer Bauer aus Hettstadt wird gesprächig, wenn er nach der Geschichte seines hellblauen Triumph GT6 MK1-Roadsters gefragt wird.

    Individuell möchte man mit seinem Auto sein, aber keinesfalls isoliert. Außerdem eignen sich die sympathischen, mehr oder minder betagten Gefährte gut, um die Blicke all derer auf sich zu ziehen, die eines jener modernen, oft gesichtslosen und technisch unauffälligen Autos fahren. Die werden nicht selten neidisch auf die Individualisten auf Rädern, die automatische Sicherheitssysteme als Einschränkung empfinden und selbst in riskanten Situationen lieber völlig eigenverantwortlich ihr Fahrzeug kontrollieren möchten.

    Gemeinsame Ausfahrten

    Dieser Individualismus tritt in den Mittelpunkt, wenn sich die Stammtischfreunde aufmachen, um zu Oldtimertreffen zu fahren oder eine Tour durchs Frankenland zu machen. Wobei dann schon mal 40 Fahrzeuge auf zwei oder vier Rädern unterwegs sind und das „meist mit doppelter Besetzung“, wie Alois Nitsche es ausdrückt.

    Denn anders als beim monatlichen Stammtisch sind bei Ausfahrten die Damen der Oldtimerfreunde in nennenswerter Zahl von der Partie. Die Ausfahrt am 1. Mai findet in diesem Jahr zum 13. Mal statt, es geht in den Odenwald. Im Laufe des Jahres werden etwa zehn Oldtimertreffen in der Region gemeinsam besucht, auf der von Michael Strauch gepflegten OSW-Homepage (

    www.aero-ig.de

    ) findet man die nötigen Informationen dazu.

    Neben der Freude am Hobby und der Geselligkeit mit Gleichgesinnten ist den Oldtimerfreunden das soziale Engagement ein Herzensanliegen. Die DLRG steht im Vordergrund, auch die „Arche“ in Rottenbauer und das Erthal-Sozialwerk wurden bedacht. Im Herbst konnten Gäste der ersten Gewerbeschau in Hettstadt gegen einen geringen Obulus eine Ausfahrt im Oldtimer machen, am Ende kam ein hübsches Sümmchen für die örtliche Wohngruppe des St. Josefs-Stifts Eisingen zusammen.

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