Die Corona-Lage ist noch immer ernst - und zwar weltweit. Als die Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor wenigen Wochen angesichts eines signifikanten Anstiegs von Corona-Fällen und der unkontrollierten Ausbreitung einen internationalen Hilferuf für Papua Neuguinea veröffentlichte, entsandten die Johanniter ein Team aus Deutschland nach Ozeanien: ein Arzt, zwei Notfallsanitätern, zwei Rettungsassistenten und zwei Krankenschwestern. Der Würzburger Manfred Emmerling ist als Teamleiter in der Hauptstadt Port Moresby dabei. Im Interview berichtet der 46-jährige Logistikkoordinator bei der Johanniter-Auslandshilfe von der Lage vor Ort und welche großen Unterschiede zur Corona-Situation in Deutschland herrschen.

Frage: Herr Emmerling, wie sieht Ihre Arbeit in Papua Neuguinea genau aus?
Manfred Emmerling: Neben der medizinischen Betreuung von Patienten im Covid Care Center im Schichtbetrieb zusammen mit meinen Kolleginnen und Kollegen koordiniere und organisiere ich alles, damit der Einsatz des Teams erfolgreich durchführt werden kann. Dazu kommen Absprachen einerseits mit unserer lokalen Partnerorganisation St. John Papua Neuguinea und andererseits mit der nationalen Koordinierungsstelle, die in Zusammenarbeit mit dem Regionalbüro der Weltgesundheitsorganisation den Einsatz der Teams leitet. Das bedeutet für mich: Teilnahme an verschiedenen Meetings, die zum Großteil digital durchgeführt werden. Ebenso erstelle ich verschiedene Berichte für die verschiedensten Adressaten. Parallel dazu diene ich auch als Medienkoordinator für das Team. Ich bin sozusagen ein kleiner Allrounder.
Wie ist Ihr Tagesablauf dort?
Emmerling: Er startet in der Regel nach einem Frühstück mit einem kleinen Morgenbriefing zu den anstehenden Aufgaben und Tätigkeiten. Da ich zurzeit in der Frühschicht eingesetzt werde, geht es um 6 Uhr mit einem Shuttle zu dem Sportkomplex, der zu einem Behelfskrankenhaus umgestaltet worden ist. Dort können bis zu 300 Patienten von milden bis moderaten Symptomen isoliert und medizinisch betreut werden. Mit den nationalen Kolleginnen und Kollegen aus dem Gesundheitssektor betreuen wir die dort untergebrachten Patienten medizinisch: Erhebung der Vitalwerte, Ausgabe von Medikamenten, Versorgung mit Sauerstoff. Hinzu kommt die akute Notfallversorgung von Patienten, deren Zustand sich rapide verschlechtert. Dies geschieht unter Tragen einer Infektionsschutzbekleidung und einer FFP2-Maske bei subtropischen Temperaturen um die 30 Grad und hoher Luftfeuchtigkeit mit bis zu 90 Prozent.

Wie sieht es nach der Schicht aus?
Emmerling: Nach der Schicht in der Isolierstation geht es zurück in die Unterkunft. Hier verfasse ich tägliche Berichte, um die vielschichtigen Zielgruppen über unsere Aktivitäten, Daten und Fakten des Tages zu informieren. Im Anschluss findet gelegentlich noch eine Lage-und Einsatzbesprechung mit den Kollegen in der Operationszentrale der Johanniter-Auslandshilfe in Berlin statt. Am Ende steht dann eine Tagesabschlussrunde mit dem Team an, in dem kurz die wichtigsten Dinge geteilt und mögliche Planungen für die nächsten Tage besprochen werden. Zur später Stunde fällt man müde ins Bett und freut sich über jede Minute Schlaf, die man mehr bekommen kann.
Was können Sie etwas über die Zustände dort erzählen? Vor allem im Vergleich zur Situation in Deutschland?
Emmerling: Das Gesundheitssystem von Papua Neuguinea ist von Haus aus nicht besonders gut aufgestellt und wesentlich weniger leistungsfähig und viel weniger belastbar als das deutsche Gesundheitssystem. Hinzu kommt, dass das Gesundheitssystem aufgrund seiner 21 Provinzen viel dezentraler als Deutschland aufgestellt ist, was im Falle der Covid-Bekämpfung entsprechend herausfordernd ist. Und es gibt auch hier kritische Corona-Leugner wie in Deutschland.

Was sind die größten Unterschiede der Covid-Bekämpfung in Papua Neuguinea im Gegensatz zu Deutschland?
Emmerling: Die Maßnahmen sind im Grunde ähnlich. So gibt es die Empfehlung für das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes, der zum Teil nur halbherzig gefolgt wird. Es gibt eine häusliche Selbstisolation und die Einrichtung von Behelfskrankhäusern als Isolierstationen. Kontaktverfolgung und Screening der Bevölkerung auf Covid befindet sich noch im Aufbau und fehlen als tragendes Element bei der Pandemiebekämpfung. Auf Grund der wirtschaftlichen Lage konnte das Land bisher keinen Impfstoff beschaffen, sondern ist auf die Lieferung von Vakzinen aus den unterschiedlichen Programmen abhängig. Die ersten rund 200 000 Dosen sind gerade erst im Land eingetroffen und sollen für das medizinische Personal verwendet werden.
Warum haben Sie sich dazu entschlossen, in Papua Neuguinea zu helfen?
Emmerling: Ich war in den letzten Jahren für die Johanniter-Soforthilfe mehrfach nach Katastrophen im Ausland unterwegs. Zuletzt war ich 2019 in Mosambik nach dem Zyklon Idai sowie 2020 nach der verheerenden Explosion im Hafen von Beirut. Ein Einsatz im Rahmen der Pandemiebekämpfung im Ausland ist interessant und herausfordernd, da habe ich mich gern zur Verfügung gestellt. So kann ich meine Erfahrungen, die ich nicht zuletzt durch meine Tätigkeit in einem Impfzentrum in Berlin gesammelt habe, für die anstehenden Herausforderungen in Papua nutzen. Hinzu kommt, dass Papua nicht gerade eine Region ist, in die man so leicht und schnell hinreisen kann. Und sie hat eine spannende Kultur.
Die Johanniter-AuslandshilfeDie humanitäre Hilfe im Ausland ist eine satzungsgemäße Aufgabe der Johanniter-Unfall-Hilfe e.V. Sie wird durch die Johanniter-Auslandshilfe umgesetzt. In elf Länderbüros und in Berlin arbeiten mehr als 280 internationale und lokale Mitarbeitende. Im Juni 2017 wurde das medizinische Soforthilfeteam der Johanniter von der Weltgesundheitsorganisation als erstes Team einer NGO weltweit zum "Emergency Medical Team Mobile 1" (EMT Mobil 1) zertifiziert. Das Team war bereits nach dem Zyklon Idai in Mosambik und zur Versorgung von COVID-19 Patienten im Kosovo im Einsatz.Quelle: Johanniter