Forschung gleich Naturwissenschaft – das denken spontan wohl die meisten. Ganz anders sehen das 15 Schüler des Röntgen-Gymnasiums. Bei ihrem Forschungsthema geht es nicht um Mathematik oder Biologie. Stattdessen dreht sich alles um das nach der Bevölkerungszahl zweitgrößte Land der Erde. „We learn from each other – Interkulturelle Zusammenarbeit am Beispiel Indiens“ ist eines der 52 Projekte, die als Teil von „Stadt der jungen Forscher 2014“, zu der Würzburg im letzten Jahr ernannt wurde, gefördert wird. Das Ziel der Schüler: Am 30. Juni der perfekte Gastgeber zu sein – an diesem Tag werden Sie indische Austauschstudenten in Würzburg empfangen.
Was einfach klingt, erfordert viel Arbeit und Forschung – zumal die Gymnasiasten im offiziellen Auftrag arbeiten. „Unser Forschungspartner, die Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt (FHWS) hat uns mit dem Projekt beauftragt, und unsere Leistung wird auch bewertet. Außerdem unterstützen sie uns, wo es geht“, erklärt Lehrerin Ingrid Hampel, die das Projekt betreut. Die enge Zusammenarbeit zwischen Forschung, Hochschulen und den Jugendlichen ist einer der Hauptaspekte bei Stadt der jungen Forscher – die Schüler können so unter professionellen Bedingungen arbeiten.
Interkulturelles Training
Das gilt auch für 15 Gymnasiasten – sie sind während der letzten Monate zu Indien-Experten geworden. Das ist auch nötig, schließlich könnten deutsche und indische Kultur, Politik und Wirtschaft kaum unterschiedlicher sein. Interkulturelles Training an der FHWS stand für die Schüler deshalb neben eigener Recherche und Referaten, mit denen erste Grundlagen geschaffen wurden, als einer der ersten Punkte auf dem Stundenplan. „Es gibt Unterschiede zwischen den Ländern, auf die man selbst nie im Leben kommen würde“, sagt die 20-jährige Lena Engerißer.
So würden Inder nur ungern zugeben, etwas nicht zu wissen. „Wenn man sie nach dem Weg fragt, beschreiben sie lieber etwas Falsches anstatt zuzugeben, dass sie den Zielort nicht kennen“, erklärt Katharina Dürr, 18. Auch würden Inder nie jemanden kritisieren – „man muss also sehr genau auf ihr Verhalten achten, um zu merken, ob sie zufrieden sind oder nicht.“ Auch bei den Benimmregeln gebe es große Unterschiede. „Die linke Hand gilt in Indien als unrein. Deshalb darf man nur mit Rechts essen oder das Essen anfassen, alles andere ist wird als unhöflich angesehen“, sagt Lena Engerißer.
Ebenfalls aus Höflichkeit reisten die Schüler nach Schweinfurt – um die indischen Studenten, die dort zur Zeit ein Auslandssemester verbringen, offiziell zur Begrüßung einzuladen. „Persönlicher Kontakt ist für Inder sehr wichtig, dort lädt man nicht über das Telefon ein“, so Ingrid Hampel. Deshalb habe man die Einladung auch schon mehrmals ausgesprochen: „Nur bei regelmäßiger Wiederholung wird die Einladung tatsächlich ernst genommen.“
Tipps vom Unternehmen
Um ihre Kenntnisse auszubauen, schauten die Schüler beim Würzburger Institut virion/serion vorbei. Das Unternehmen vertreibt seine Produkte weltweit – auch nach Indien. Gut für die Schüler, die hier Informationen aus erster Hand im Umgang mit anderen Kulturen bekamen. „Unser Bild ist auf jeden Fall authentisch. Im Internet steht ja vieles, aber wieviel davon stimmt, weiß keiner so genau. Viele, mit denen wir geredet haben, waren aber schon in Indien“, sagt Katharina Dürr.
Seit Wochen sind die 15 Schüler nun dabei, ihr Fachwissen praktisch umzusetzen. Dazu haben sie sich in Arbeitsgruppen aufgeteilt. Catering, Kommunikation, Entertainment – jede Gruppe hat ihre Aufgabe, extra auf die indischen Gäste zugeschnitten. Das gesamte Programm findet auf Englisch statt – neben Hindi die Amtssprache in Indien.
Was genau sie vorbereitet haben, wollen die Schüler noch nicht verraten. Sicher sind sie aber, dass sie auch nach dem Besuch der Gaststudenten etwas von ihrer Arbeit haben werden. „Es hat viel gebracht, allein schon, weil man lernt, nicht immer 'deutsch' zu denken“, sagt Katherina Dürr, und Lena Engerißer ergänzt: „Wir freuen uns schon total. Es wird super, wir sind einfach ne' dufte Truppe.“