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Würzburg/Schweinfurt: Pflanzenschutz im fränkischen Weinbau: Besserer Wein ohne Herbizide, aber strenge EU-Auflagen sind vom Tisch

Würzburg/Schweinfurt

Pflanzenschutz im fränkischen Weinbau: Besserer Wein ohne Herbizide, aber strenge EU-Auflagen sind vom Tisch

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    Ist wütend über die jüngste EU-Entscheidung zu Pflanzenschutzmitteln im Weinbau: Grüne-Landtagsabgeordneter Paul Knoblach (links), hier mit Winzer Uwe Geßner bei der Weinlese im Oktober in Garstadt.
    Ist wütend über die jüngste EU-Entscheidung zu Pflanzenschutzmitteln im Weinbau: Grüne-Landtagsabgeordneter Paul Knoblach (links), hier mit Winzer Uwe Geßner bei der Weinlese im Oktober in Garstadt. Foto: Hannes Helferich

    Immer mehr Winzer verzichten auf Herbizide in ihren Weinbergen. Dank eines Antrags des Landtagsabgeordneten Paul Knoblach (Grüne) können sie ab sofort sogar eine Förderung von jährlich 420 Euro pro Hektar bekommen, wenn sie sich verpflichten, von 2023 bis einschließlich 2027 auf chemische Unkrautvernichtung zu verzichten.

    Herbizide wie zum Beispiel Glyphosat sind chemisch synthetische Wirkstoffe gegen die so genannten Beikräuter (im Volksmund Unkraut). Wer herbizidfrei wirtschaftet, muss diese Kräuter mechanisch regulieren, sprich mähen.  

    Über die Hälfte der Weinberge in Franken schon ohne Herbizide

    Der "Herbizidverzicht im Weinberg" wird über das Kulturlandschafts-Programm gefördert. Für 1768 Hektar Weinberge in Franken wurde ein Antrag gestellt, das sind gut ein Drittel der Rebfläche, freut sich Paul Knoblach.

    Dessen Nachbar in Garstadt (Lkr. Schweinfurt), der Winzer Uwe Geßner, hatte Knoblach auf die Idee gebracht, die Förderung zu beantragen. Warum werde eigentlich beim Ackerbau der Verzicht von Herbiziden gefördert, im Weinbau jedoch nicht, fragte er den Landtagsabgeordneten Knoblach.

    Der stellte mit seiner Fraktion einen entsprechenden Antrag. "Dem ist die bayerische Staatsregierung erfreulicherweise gefolgt", sagt Knoblach. Jetzt könnten Winzer, aber auch Hopfenanbauer noch bis Ende 2023 eine Förderung beantragen.

    Der Geschäftsführer des fränkischen Weinbauverbandes,  Hermann Schmitt, geht davon aus, dass mittlerweile über die Hälfte der Weinberge in der Region ohne Herbizide bewirtschaftet werden. Zu den Winzern jener 1768 Hektar, die sich jetzt für fünf Jahre verpflichteten, kämen noch die zertifizierten Biowinzer mit zirka 900 Hektar hinzu. Und die Flächen, die zwar herbizidfrei bewirtschaftet werden, aber für das Förderprogramm zu klein oder in staatlicher Hand seien, so Schmitt.

    Denn der Staatliche Hofkeller in Würzburg, der alle seine Weinberge ohne Herbizide bewirtschafte, könne als staatliches Unternehmen keine staatliche Förderung erhalten. Zudem sei zu bedenken, dass gerade in den Steillagen ein völliger Verzicht auf Herbizide sehr arbeitsaufwändig sei.

    Knoblach erläuterte auf Nachfrage, dass zertifizierte Biowinzer bereits Förderung erhielten. Das Programm "Herbizidverzicht im Wein" richte sich an konventionell arbeitende Winzerinnen und Winzer. Das Geld helfe den Weinbaubetrieben, gleichzeitig würden Biodiversität und der Grundwasserschutz verbessert. "Davon profitieren auch Insekten, Vögel und andere tierische Bewohner der Weinberge, weil Wildkräuter und Gräser frei wachsen dürfen und ihr Lebensraum erhalten bleibt."

    Der Verzicht auf Herbizide sei für viele Winzer ein Schritt in Richtung biologischen Weinbau. Pflanzenschutz freilich dürften die Winzer, die sich verpflichten, weiter betreiben.

    Keine Sonderregelungen für Landschaftsschutzgebiete

    Das derzeit in Brüssel verhandelte "Programm zur nachhaltigen Verwendung von Pflanzenschutzmitteln" habe unter den fränkischen Winzern für große Unruhe gesorgt, so Weinbau-Geschäftsführer Hermann Schmitt. An diesem Mittwoch hat das Plenum des EU-Parlaments die Vorschläge für eine EU-Verordnung über die nachhaltige Verwendung von Pflanzenschutzmitteln (SUR) überraschend abgelehnt.

    Sie hätte bedeutet, dass in bestimmten Schutzgebieten überhaupt kein Pflanzenschutz mehr möglich gewesen wäre. Dies hätte selbst Biowinzer betroffen, bestätigt Knoblach auf Nachfrage. Denn auch die dürfen natürlichen Pflanzenschutz betreiben.

    Dennoch ist Knoblach "bestürzt und wütend", dass das Europäische Parlament auch das Ziel der 50-prozentigen Pestizidreduzierung bis 2030 gekippt habe. Das sei ein Sieg für die agrarchemische Industrie, die Düngemittelindustrie und den europäischen Bauernverband, die zusammen eine "unselige Allianz gegen das Leben" bildeten.

    Kulturlandschaft und Schutzgebiet, gerade weil dort Wein angebaut wird: Die Volkacher Mainschleife im Herbst. 
    Kulturlandschaft und Schutzgebiet, gerade weil dort Wein angebaut wird: Die Volkacher Mainschleife im Herbst.  Foto: Thomas Güra

    Das Ziel der 50-prozentigen Reduzierung beim Pflanzenschutz bis zum Jahr 2028 gebe es aber weiterhin in Bayern, sagt Schmitt und daran würden die Winzerinnnen und Winzer in Franken arbeiten. Sie seien dabei auf einem guten Weg. Auch er sei überrascht, dass auf europäischer Ebene nun alles gekippt worden sei, so Schmitt.

    Winzer in Franken können aufatmen

    In Bezug auf die Landschaftschutzgebiete und "sensiblen Gebieten" sei dies eine große Erleichterung für den Weinbau. Denn die gesamte Volkacher Mainschleife sei Landschaftsschutzgebiet. Aber auch der Würzburger Stein sei ein "sensibles Gebiet", weil er an bebautes Stadtgebiet grenze.

    Selbst der Escherndorfer  Lump reiche so nah an besiedeltes Gebiet, dass er von einem Total-Verbot jeglichen Pflanzenschutzes betroffen gewesen wäre. Zum Glück sei dieses Verbot jetzt vom Tisch.   Insgesamt hätte es rund 50 Prozent der fränkischen  Weinlagen getroffen.

    Winzer Uwe Geßner, der schon seit einigen Jahren auf Herbizide verzichtet, ist überzeugt, dass seine Trauben dadurch länger gesund bleiben: "Durch die längere Reifezeit an sonnigen Herbsttagen und in kühlen Nächten steigt auch die Qualität unserer Weine."

    Der Garstadter Winzer hat jetzt Kleegrasmischungen und Blühpflanzen in seinen Weinberg gesät. Zu Freude der Bienen und Insekten, aber auch, weil der Boden dadurch in trockenen Sommern länger feucht bleibe. Er sieht seinen Betrieb mittlerweile auf dem Weg zum Biobetrieb.

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