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WÜRZBURG: Polizei warnt vor WhatsApp-Kettenbrief

WÜRZBURG

Polizei warnt vor WhatsApp-Kettenbrief

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    Per WhatsApp wurde eine gruselige Audidatei versendet, die Kindern Angst einjagen soll.
    Per WhatsApp wurde eine gruselige Audidatei versendet, die Kindern Angst einjagen soll. Foto: Foto: Brian A. Jackson

    Den Kindern das Gruseln zu lehren, hat gewissermaßen Tradition. Schon 1844 erschien mit dem Struwwelpeter des Psychiaters Heinrich Hoffmann ein Werk, das Kindern mit einem fragwürdigen pädagogischen Hintergrund Horrorszenarien ausmalte. Der Daumenlutscher Konrad, dessen Finger wegen seines infantilen Verhaltens mit einer Schere abgeschnitten werden, ist dabei nur ein gruseliges Beispiel. Im Jahr 2017 erhalten Gruselgeschichten ein digitales Update. Statt pädagogischen Hintergründen bergen diese Schauermärchen 2.0 allerdings Gefahren.

    Aktuell beschäftigt die unterfränkische Polizei ein Kettenbrief, der über den Kurzmitteilungsdienst WhatsApp verbreitet wird. Dabei scheint allerdings auch der Begriff „Brief“ unpassend, denn es handelt sich um eine Audiodatei, in der eine computergenerierte Stimme dem Hörer gehörig Angst einjagen will. Angaben des Polizeipräsidiums Unterfranken zufolge wird darin ein Szenario beschrieben, in dem eine fiktive Person nachts neben dem Bett stehen wird und den Schlafenden am Folgetag auf grausame Art und Weise umbringen will – sollten Empfänger die Audiodatei nicht an mehrere Personen weiterleiten.

    Um das Wichtigste gleich vorweg zu nehmen: An dem ausgemalten Horrorszenario ist nichts dran. Die Polizei ist sich sicher, dass es sich dabei um eine Falschmeldung, um einen sogenannten „Hoax“, handele. Strafrechtlich sind den Behörden allerdings aus zwei Gründen die Hände gebunden: Weil die Drohung im Kettenbrief allgemein gehalten und keine Person direkt angesprochen wird, besteht kein Strafbestand. Außerdem sei es ungemein schwierig, den ursprünglichen Absender einer derartigen Nachricht festzustellen, so ein Polizeisprecher. Kein Wunder: Angaben des Unternehmens WhatsApp zufolge nutzen über eine Milliarde Menschen aus 180 Ländern die App und verschicken dabei 42 Milliarden Nachrichten pro Tag. Dazu kommen noch 1,6 Milliarden Fotos und 250 Millionen Videos.

    Auf den Kettenbrief aufmerksam wurde ein umsichtiger Großvater im Kreis Main-Spessart, der die Datei auf dem Smartphone seines Enkels bemerkte und umgehend den Behörden – in diesem Fall dem Schulamt – meldete. Dies sei genau der richtige Schritt, findet Schulpsychologin Petra Meißner. Meißner, die auch Regionalkoordinatorin des Kriseninterventionsteams an der staatlichen Schulberatungsstelle für Unterfranken in Würzburg ist, warnt vor den Folgen von Kettenbriefen, die solche Horrorszenarien suggerieren.

    „Solche Kettenbriefe sind gefährlich, weil nicht klar ist, auf welchen Hintergrund solche Horrorgeschichten beim jeweiligen Kind treffen. Ist ein Kind empfänglich für Ängste oder hat schon selbst bedrohliche Situationen erlebt, kann es gefährliche Auswirkungen haben.“ Schlafstörungen oder Angstzustände könnten die Folge sein. Doch wie sollen Eltern mit dieser möglichen Gefahr umgehen?

    „Wir raten zu einem offensiven und offenen Umgang der Eltern mit diesem Thema“, erklärt Meißner. Eltern sollten mit ihren Kindern darüber sprechen und gemeinsam die Dateien auf den Smartphones sichten. Dass das irgendwann kaum noch durchzusetzen ist, ist allerdings auch klar – ab einem gewissen Alter müsse die Privatsphäre des Kindes respektiert werden.

    Kindern den Umgang mit Smartphones zu verbieten, sei laut Meißner ebenso kontraproduktiv: „Das würde für die Schüler eine soziale Abkopplung bedeuten.“ Stattdessen könnten sich Eltern einer Klasse zusammenschließen, um etwa gemeinsame, handyfreie Zeiträume zu vereinbaren. So würde keines der Kinder ausgeschlossen werden. In diesem Punkt sieht Meißner die Verantwortung auch bei den Schulen, Bewusstsein für diese Thematik zu schaffen – beispielsweise an Elternabenden.

    Und wie sollen Eltern konkret mit derlei Horror-Kettenbriefen auf den Smartphones ihrer Kinder umgehen? „Nicht weiterschicken, keinen Freunden zeigen und löschen“, rät Meißner. Und den eigenen Nachwuchs in einem offenen Gespräch darüber aufklären, weshalb solche Nachrichten Humbug sind. Dann bleiben diese Horrorgeschichten lediglich Schauermärchen – genau wie Struwwelpeter.

    „Hoaxes“ und ihr Jäger Kettenbriefe zählen zu den sogenannten „Hoaxes“. Dieser Begriff kommt aus dem Englischen und bedeutet so viel wie Jux, Schabernack oder auch Schwindel. Die genaue Herkunft des Begriffes ist nicht geklärt – Sprachwissenschaftler gehen jedoch davon aus, dass es sich von „Hocus“, im Sinne von „Hokuspokus“ ableitet. Das Versenden von Audiodateien, um Empfängern Angst einzujagen, ist nur eine Form von Kettenbriefen. Frank Ziemann, IT-Spezialist und Mitarbeiter an der TU Berlin, unterscheidet zwischen insgesamt sieben Arten von Kettenbriefen. Dazu zählen unter anderem Schneeball-Systeme mit dem Anreiz, schnell viel Geld zu verdienen, Glücksbriefe, „Tränendrüsen-Briefe“ oder auch Verschwörungstheorien. Auf seiner Internetseite „hoax-info.de“ sammelt Ziemann, der die Homepage bereits seit 1997 kostenlos betreibt, „Hoaxes“, die im deutschsprachigen Raum kursieren. Die Liste ist so umfangreich, dass nur die wichtigsten und aktuellsten Falschmeldungen vermerkt sind. flx

    „Wir raten zu einem offenen Umgang mit diesem Thema.“

    Petra Meißner, Schulpsychologin

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