Im vergangenen Jahr hatten die Veranstalter der 12. Italienischen Filmtage Würzburg, der Verein „Teatro in cerca - Circolo culturale italo-tedesco“ und das Team vom Central-Programmkino das große Glück, alle ihre Filme gerade noch vor den massiven Lockdown-Maßnahmen auf die Leinwand bringen zu können. Kurz darauf erloschen die Lichter in den Kinosälen. Das Kino versank für lange Monate im Dunkel. Erst vor gar nicht langer Zeit begannen die Leinwände wieder zu leuchten.
Dass die schrecklichen „kinolosen“ Zeiten nun hoffentlich für lange Zeit vorbei sind, dürfen die Besucher des Central-Programmkinos auch daran ablesen, dass auch die Italienischen Filmtage Würzburg vom 21. bis zum 27. Oktober wieder angekündigt sind. Eine Auswahl von neun aktuellen, mehrfach preisgekrönten Werken des italienischen Autorenkinos – darunter auch zwei Dokumentarfilme - sowie ein filmhistorisch bedeutsamer Klassiker aus der italienischen Filmgeschichte – alle in Originalfassung mit deutschen Untertiteln - werden in Würzburg zu sehen sein, heißt es in einer Pressemitteilung des Central-Programmkinos.
Soziale Probleme des Landes werden aufgegriffen
Es ist eine bekannte Tatsache, dass das italienische Kino seit dem neorealismo der Nachkriegszeit immer wieder Aspekte der aktuellen sozialen Problematik des Landes aufgreift. Dieses Leitmotiv durchzieht auch den Klassiker „Ladri di biciclette“ („Fahrraddiebe“) von Vittorio De Sica aus dem Jahr 1948, der am Sonntag, 24. Oktober, um 11 Uhr als Matinéevorstellung gezeigt wird.
Blättert man weiter im Programmheft, das in den meisten Buchhandlungen und in vielen italienischen Restaurants der Stadt ausliegt und das man auch auf der Website des Central konsultieren kann, wird dieser realistische Grundzug überaus deutlich. Auf eine ganz persönliche, unsentimentale, aber doch einfühlsame Art lässt uns der ebenfalls aus einem Vorort Neapels stammende Debütant Marcello Sannino in seinem Drama „Rosa pietra stella“ („Rose Stein Stern“) mit viel Empathie und ganz im Stil des neorealismo am Überlebenskampf einer nur aus Frauen bestehenden Familie in seiner Heimatgemeinde Portici teilhaben.
Portraits übereifriger Super-Eltern
Pietro Castellitto fängt dagegen in seinem Debutfilm „I predatori“ („Die Raubtiere“) die Dschungelatmosphäre des Rom von heute mittels einer Mischung realistischer und avantgardistischer Darstellungsverfahren ein. Sein Film wurde auf dem Filmfestival der Biennale in Venedig 2020 als bester „erster Film“ ausgezeichnet.
Freilich kommen auch die Freundinnen und Freunde der „commedia all’italiana“ auf ihre Kosten: Gabriele Muccino zeichnet in „Gli anni più belli“ („Auf alles, was uns glücklich macht“) die Lebenswege von vier Freunden in der großen Krise der 90er Jahre nach. Dabei wechseln tragische mit euphorischen Momenten, wie es im Leben eben üblich ist. Das Ganze erhält aber seinen besonderen Charme durch jene schlichte Lebensfreude, die als typisch italienisches Erbe im Film in allen Situationen immer wieder aufblitzt.
Laura Chiossone ist dagegen eine Meisterin der bissigen Komik und Satire: Scharf gezeichnet sind ihre Portraits übereifriger Super-Eltern in „Genitori quasi perfetti“ („Fast pefekte Eltern“) , italienische Varianten eines auch hierzulande immer häufiger auftretenden, zu deutlich neurotischem Verhalten neigenden Menschentyps.
Zwei Dokumentarfilme werden gezeigt
Sehenswert sind auch die beiden Dokumentarfilme, zum einen „A Black Jesus“ von Luca Lucchesi, der von Wim Wenders produziert wurde. Der Autor setzt hier uralte, folkloristische christliche Traditionen einer sizilianischen Kleinstadt in einen kontrastiven Zusammenhang mit dem aktuellen Hass auf die Einwanderer aus dem „schwarzen Kontinent“.
Ein völlig anderes Italien stellt uns Giorgio Verdelli in „Paolo Conte – via con me“ vor: Paolo Conte (geb. 1937) stammt aus Asti (Piemont), war zunächst Anwalt und in der Freizeit Jazzpianist, später dann auch Komponist und Sänger, aber auch Texter (besser wäre „Poet“) seiner „canzoni“, unter denen sicher die „inoffizielle Nationalhymne Italiens“, nämlich das Liedchen „Azzurro“ herausragt, die allerdings nicht Paolo Conte, sondern Adriano Celentano – zumindest in Italien - unsterblich gemacht hat. Der Film ist eine einfühlsame Biographie einer unglaublich vielseitigen, genialen Künstlerpersönlichkeit.