zellerau (met) Die kleinste erkennt man nur hinter einem Vergrößerungsglas, die größte ist über einen Meter hoch: Die Vielfalt japanischer Puppen ist erstaunlich. Mehrere hundert Puppen und Spielwaren aus Holz, Ton, Papier, Textil und Kunststoff sind in der derzeitigen Ausstellung des Würzburger Siebold-Museums zu sehen. Das Besondere daran: Fast alle Exponate wurden der Gesellschaft in den letzten zehn Jahren von Privatleuten aus Deutschland und Japan geschenkt.
Die Geschichte japanischer Puppen reicht weit zurück: Tönerne Figuren fungierten einst als Grabbeigaben; andere Puppen dienten nicht nur als Spielgefährten, sondern sollten Unglück und böse Geister auf sich ziehen und so von den Kindern abhalten. Aus einem dünnen Holzstamm gedrechselte, je noch Landschaft unterschiedlich bemalte Quietschpuppen "sprachen" mit ihren anspruchslosen Besitzern, wenn man den Kopf auf dem stramm sitzenden Dübel bewegte.
Zum alljährlichen Knabenfest erhalten die Jungen noch heute prächtige Samuraifiguren; für das Mädchenfest wird auf einem mehrstufigen Prunkpodest das Kaiserpaar mit seinem Hofstaat aufgebaut. Eine vielteilige, anderthalb Meter hohe Luxusausgabe, so Ausstellungsmacherin Yunam Lee vom Institut für Japanologie der Würzburger Universität, lassen sich betuchte Großeltern bis zu 5000 Euro kosten. Wichtig ist übrigens, dass der Aufbau nicht länger als genau eine Woche stehen bleibt, sonst, so der Aberglaube, endet die Enkelin als alte Jungfer.
Ein solches 15teiliges Set aus Privatbesitz ist in der Ausstellung ebenfalls zu sehen: Es wurde eigens aus Japan geschickt und soll - mindestens bis zur Volljährigkeit der jetzt zweijährigen Enkelin - als Dauerleihgabe im Museum bleiben. Erstaunlich, nicht zuletzt für den Vorsitzenden der Siebold-Gesellschaft und seine Gattin, Wolfgang und Waltraut Klein-Langner selbst, welche Fülle an Spielzeug bei der Inventarisierung der Bestände ans Licht kam.
Hölzerne Kreisel, Papierdrachen, lackierte Gesichtsmasken, aufziehbare "Nudelesser" und kunstvolle Neujahrspritschen - der Witz und Einfallsreichtum japanischer Kunsthandwerker, die sich in den langen, schneereichen Wintern mit der Herstellung von Spielwaren beschäftigten, scheint unerschöpflich. Solche liebevoll gestalteten Kunstwerke lassen nicht nur Kinderherzen höher schlagen: Eingefleischte Sammler in Japan greifen für ausgefallene Exemplare tief in die Tasche.
An den folgenden Sonntagen, je- weils um 11 Uhr, führt Yunam Lee durch die Ausstellung: 4. Dezem- ber und 18. Dezember. Dabei be- steht auch Gelegenheit, einige der mechanischen Spielzeuge einmal selbst auszuprobieren. Die Schau ist noch bis zum 17. April im Sie- bold-Palais in der Frankfurter Straße 87 zu sehen. Das Museum ist täglich außer montags von 15 bis 17 Uhr geöffnet, am Wochen- ende zusätzlich von 10 bis 12 Uhr.