Für den Geschädigten und die Staatsanwaltschaft war es ein geplanter Racheakt: Vor ziemlich genau einem Jahr wurde ein Koch aus Würzburg in seiner Innenstadt-Wohnung brutal zusammengeschlagen, schwer im Gesicht verletzt und ausgeraubt. Der 37-jährige Angreifer muss sich seit Dienstag vor der 1. Strafkammer des Landgerichts unter anderem wegen schweren Raubes und Körperverletzung verantworten. Mit ihm zusammen auf der Anklagebank: Die 24 Jahre alte Ex-Freundin des Opfers, die ihn zu der Tat angestiftet haben soll.
Die beiden Personen auf der Anklagebank waren ein Paar, als sie am 4. September 2021 mit dem zweijährigen Sohn der Frau nach eigenen Angaben einen schönen Tag in Würzburg verbringen wollten. Ganz in der Nähe des Mainkais, wo sie sich aufhielten, wohnte der Vater des Zweijährigen, mit dem die 24-Jährige zwischen 2016 und 2019 liiert war. Die Beziehung endete nach zahlreichen Auseinandersetzungen, laut Anklage hat die junge Frau ihren Ex-Freund insgesamt 17-mal wegen Körperverletzung angezeigt. Mindestens einmal wurde er deshalb rechtskräftig verurteilt, weitere Strafverfahren sind noch nicht abgeschlossen, vor dem Familiengericht wird um das Sorgerecht gestritten.
Angeklagter ist mehrfach vorbestraft
Nach Auffassung der Staatsanwaltschaft hat die 24-Jährige ihrem neuen Lebensgefährten die Wohnung des Ex-Freundes gezeigt und ihn dazu überredet, den Koch zu verprügeln und Wertgegenstände aus der Wohnung mitzunehmen. Das streiten beide Angeklagte ab: "Die Tat habe ich sozusagen heimlich gemacht", gab der vielfach vorbestrafte 37-Jährige zu Protokoll. Er stand unter Bewährung, hatte schon am Vormittag Schnaps und Bier getrunken und sich außerdem Anabolika gespritzt.
Er habe seine Freundin und ihren Sohn unter dem Vorwand, einen Kollegen besuchen zu wollen, am Mainkai zurückgelassen, um den Koch in seiner Wohnung zur Rede zu stellen. Als der zunächst nicht aufmachen wollte, trat er aus Wut die Plexiglasscheibe der Tür ein. "Dann ist die ganze Sache eskaliert", sagte sein Verteidiger Jan Paulsen. Was in der Wohnung passierte, nachdem der Geschädigte die Tür geöffnet hatte, räumte der 37-Jährige ohne Einschränkungen ein.
"Sie hat auch schon früher versucht, mir Leid zuzufügen."
Opfer der Prügelattacke
Immer wieder schlug er seinem Opfer mit der Faust brutal ins Gesicht. Mehrmals ging der Geschädigte zu Boden, stand wieder auf, um erneut niedergeschlagen und auch mehrmals getreten zu werden. Mit den Schlägen hat der 37-Jährige den Koch gezwungen, sich selbst als "Hurensohn" zu bezeichnen, was er mit dem Handy des Opfers filmte. Auch den Zugangscode für das Smartphone und die PIN für eine EC-Karte "hat er aus mir heraus geprügelt", sagte das Opfer im Zeugenstand. Der Koch erlitt Brüche im Gesicht und musste mehrmals operiert werden. Er leidet bis heute unter den körperlichen und psychischen Folgen der Tat.
Nach der Prügelattacke traf sich der 37-Jährige wieder mit seiner Freundin und zeigte ihr das Video. Beim Betrachten der Aufnahme des verletzten Ex-Freundes habe sich bei der 24-Jährigen "eine gewisse Genugtuung eingestellt", sagte ihr Verteidiger Klaus Brönner: "Im Nachhinein empfindet sie das aber nicht mehr so, auch wegen der Intensität des Ganzen."
Das Opfer ist sich sicher, dass seine Ex-Freundin den 37-Jährigen auf ihn gehetzt hat: Das habe der Angreifer während der Tat gesagt, "und sie hat auch schon früher versucht, mir Leid zuzufügen". Wer von den Beteiligten die Wahrheit sagt, will das Gericht an zwei weiteren Verhandlungstagen an diesem Mittwoch (31. August) und am kommenden Dienstag (6. September) herausfinden.