Zu einem erneuten Großeinsatz von Feuerwehr und Rettungskräften kam es am Donnerstag bei der Bavaria Yachtbau in Giebelstadt. 26 Mitarbeiter mussten in Kliniken eingeliefert werden. Bereits am Mittwoch waren bei einem Störfall Menschen verletzt worden.
Im Laufe des Mittwochnachmittags war in einer Werkshalle ein unbekannter Stoff ausgetreten. Mitarbeiter klagten danach über Übelkeit. Eine Frau wurde ins Krankenhaus gebracht. 13 weitere Betroffene wurden zunächst vor Ort medizinisch betreut. Als sich bei der Frau der Verdacht auf Vergiftungserscheinung erhärtete, bat man die übrigen Betroffenen ebenfalls zur Nachuntersuchung in die Klinik. Sie wurden nach ambulanter Behandlung aber wieder entlassen.
Die Halle, in der normalerweise 200 Mitarbeiter tätig sind, war geräumt worden. Noch während des Einsatzes nahmen Vertreter von Polizei, Feuerwehr und Gewerbeaufsicht die Ermittlung nach der Ursache auf. In der Nacht war außerdem ein Spezialistenteam der Berufsfeuerwehr Mannheim nach Giebelstadt gebracht worden.
Am Donnerstagvormittag haben sich erneut 15 Personen gemeldet, die über Vergiftungssymptome klagten. Die Halle wurde wieder geräumt. Im Laufe des Nachmittags stieg die Zahl der Fälle an. Bis zum Nachmittag waren es 26 Personen, die in Krankenhäuser in Ochsenfurt und Würzburg gebracht wurden. Unter ihnen auch Mitarbeiter, die bereits am Vortag in Behandlung waren. Nach Mitteilung von BRK-Sprecher Paul Justice stellten die Notärzte Übelkeit, Halsschmerzen, Kopfweh und erhöhten Blutdruck fest.
Neben der Feuerwehr Giebelstadt war der Rettungsdienst mit 50 Einsatzkräften und 17 Fahrzeugen im Einsatz.
Ursache Gabelstapler?
Derweil herrscht offenbar noch immer Rätselraten über die Ursache des Störfalls. Am Donnerstagnachmittag berichtete die Polizei noch, dass der Geruch, der sich am Mittwoch in der Halle verbreitet hatte, vermutlich von einem Gabelstapler ausgegangen war. Beteiligte bei den Einsätzen gehen allerdings davon aus, dass dieser Geruch nicht für die Vergiftungserscheinungen verantwortlich sein kann.
Seitens der Feuerwehr war keine Auskunft zu erhalten. Von Angehörigen der Rettungsdienste wird das Krisenmanagement der Geschäftsleitung gelobt. Der Öffentlichkeit gegenüber war Bavaria Yachtbau allerdings zu keiner Stellungnahme bereit. Pressevertreter wurden nicht einmal bis zum Zaun, der das Werk nach allen Seiten einschließt, vorgelassen.
Zuerst verjagte ein Sicherheitsmann einen Reporter dieser Zeitung vom firmeneigenen Parkplatz. Von einem Pförtner wurde er an die Geschäftsleitung verwiesen. An der Eingangstüre vertrieb ihn dann der Sicherheitsmann und drohte mit einer Anzeige wegen Hausfriedensbruchs.
In den vergangenen Jahren kam es in den Produktionshallen immer wieder zu kleineren Bränden. Als Ursache wurde immer Selbstentzündung angenommen. Wegen des Verdachts auf Rauchgasinhalation mussten dabei schon früher Mitarbeiter ins Krankenhaus gebracht werden.
Welche Stoffe für den neuerlichen Störfall verantwortlich sind, stand auch am Donnerstagabend noch nicht fest. Im Bootsbau kommen große Mengen von Kunstharz und Lösemitteln zum Einsatz.
Staatsanwaltschaft Würzburg und Polizeiinspektion Ochsenfurt ermitteln wegen des Verdachts der Luftverunreinigung und der fahrlässigen Körperverletzung.
Kunstharz im Bootsbau
Bootskörper werden aus Glasfaser-Matten und ungesättigtem Polyester-Kunstharz gefertigt, das sich beim Aushärten erhitzt. Der unsachgemäße Umgang mit Harz und Härter kann zur Überhitzung und dadurch zur Selbstentzündung führen. Im Harz ist außerdem Styrol als reaktives Lösemittel enthalten. Styrol gilt als gesundheitsschädlich und führt beim Einatmen zu Übelkeit, Kopfweh, gereizten Atemwegen und Erregungszuständen. Ob der Stoff mit dem Störfall in Verbindung steht ist unklar.