Pünktlich zum Beginn der fünften Jahreszeit stürmten die Narren am Wochenende wieder die Rathäuser und entmachteten die Bürgermeister und Räte. Und dabei sind sie überzeugt, dass sie viel besser regieren können, als die gewählten Volksvertreter. Auch, wenn sie trotz mancher Gegenwehr die Schlüsselgewalt fürs Rathaus bekamen, blieb ihnen die nüchterne Gewissheit: In den Kassen, die sie beschlagnahmt hatten, war wieder einmal nichts drin.
Bürgermeister sucht Zuflucht im Sitzungssaal
Zum dritten Mal seit ihrer Neuerfindung zogen die Mitglieder der Karnevalsgesellschaft „Elferrat der Stadt Eibelstadt“ vor das Rathaus. Unterstützt wurden sie dabei von einer großen Abordnung der Rottendorfer RoKaGe mit ihren Garden und Landsknechten. Doch sie stürmten das Rathaus nicht mit brachialer Gewalt. Wie in den Vorjahren musste Bürgermeister Markus Schenk seine sichere Zuflucht im Sitzungssaal verlassen und sich einer nahezu unlösbaren Aufgabe stellen.
Das Motto der Elferräte hieß heuer: Eibelstadt das Märchenland, das ham wir Narren in der Hand. Demgemäß gab die Vorsitzende des Vereins und Moderatorin des Abends, Yvonne Herrmann das Schneewittchen, welches dem „bösen Wolf“ Schenk seine Aufgabe zuteilte. Er musste sein im Rassaal am Fenster wartendes Rapunzel befreien. Weil der Zopf von Weinprinzessin Katharina noch nicht lang genug war, bestand seine Aufgabe darin, aus drei Feuerwehrleinen einen Zopf zu flechten. Die Jury bildete ein weit über Eibelstadt bekanntes Duo: die Langhaarmädchen Julia Schindelmann und Mona Mair, ihres Zeichens Friseurmeisterinnen, die unter anderem auch auf dem Oktoberfest Haare flechten.
Keine Gnade für Schenk
Es sei gleich vorweggenommen. Die dürftigen Flechtversuche des Bürgermeisters fanden keine Gnade vor den Augen der Profis. Und so wurde der Schlüssel des Rathauses wieder einmal kampflos übergeben.
Eine besondere Ehre wurde dem kleinen aber rührigen Faschingsverein an diesem Abend noch zuteil. Tobias Brand vom Fastnachtsverband Franken brachte die Sessionsorden vorbei. Eine besondere Ehre, denn alle anderen Vereine bekamen sie mit der Post.
Dann begann aber auch schon der feuchtfröhliche Teil des Abends am Marktplatz. Die einhundertelf Minuten Party mit vielen Getränken zum Aufwärmen und Leberkäsbrötchen zur Stärkung.
Zeit zum Feiern blieb nur den Eibelstadtern. Die Garden und Landsknechte der Rottendorfer Karnevals Gesellschaft hatten schon um 19 Uhr 11 ihren nächsten Rathaussturm zu bewältigen. Eingeladen wurden sie dazu von den Krackenblitzen aus Goßmannsdorf. Mit dem örtlichen Musikverein vorneweg zog eine beachtliche Streitmacht, noch verstärkt vom Ochsenfurter Carnevals Club (OCC) und den Winterhäuser Kümmeltürken, vor das ehemalige Rathaus. In dem residieren jetzt neben anderen Vereinen auch die Kracken. Eigentlich hätten sie es also gar nicht stürmen müssen . . ..
Ein furchtloser Peter Juks
Nur wenige Getreue konnte Bürgermeister Peter Juks um sich scheren. Neben seiner Stellvertreterin Rosa Behon standen ihn noch die Stadträte Ingrid Striyski und Paul Hofmann bei. Zunächst versuchten die Narren, angeführt durch die Oberkrackin Monika Herget, die Übergabe von Rathausschlüssel und Kasse auf diplomatischem Weg voranzubringen. Die Regierenden, die aus den Fenstern im ersten Stock auf die Meute herunterschauten, gaben sich gelassen.
Auch diverse Anschuldigungen, wie der sinnlose Bau von Ampelanlagen, oder der schleppende Brückenneubau prallten wie gewohnt an ihnen ab. „Ich hab kei Angst vor ein paar lumperte Faschingsleut“, tönte Juks vollmundig. Das wurde denn Narren dann doch zu bunt. Mit Rufen wie „Krack- flieg, Kümmel-Türk und OCC-Helau“ machten sie sich Mut. Die Kleinsten waren es dann, die den Sturm aufs Rathaus eröffneten. Mit Papierbällen bombardierten die Kinder der Purzelgarde die Rathaustür und die tapferen Jungs der Jugendfeuerwehr, die das Portal bewachten. Schnell ließ ihr Kampfgeist nach und sie konnten ohne weiteres von kräftigen Armen beiseite gehoben werden.
Wieder einen Prinz gefunden
Nachdem immer mehr verkleidete Narren das Rathaus füllten, gaben Bürgermeister und seine Getreuen klein bei. Der Schlüssel wurde übergeben.
Glücklich ist auch die letztjährige Prinzessin Jasmin. Ihr damaliger Prinz, so sagt sie, habe sich wieder in einen Frosch zurückverwandelt. Doch für die künftigen Monate fand sich glücklicherweise Ersatz. Kilian Herget, bekannt als Büttenredner und Tänzer bei den Kracken und der Sohn der Vorsitzenden, hat das Amt gerne übernommen. Und zwar ganz freiwillig, betonte seine Mutter.
Göttliche Unterstützung
Am nächsten Abend trafen sich dieselben Narren wieder beim Sturm auf das Ochsenfurter Rathaus. Wobei der OCC dabei noch Verstärkung von den Albertshöfer Höppers und der Remlinger Faschingsgesellschaft bekam. Vor dem Wortgeplänkel am Rathaus holte sich die Faschingsgesellschaft noch geistliche Erbauung. Denn der Abend begann mit einem Gottesdienst der ganz anderen Art. In der Spitalkirche zeigten Diakon Norbert Hillenbrand und Vikar Julian Knödig, dass Narretei und Glaube sich nicht ausschließen. Mit einer Andacht, bei der gesungen und gelacht wird, bevor es dann beim Rathaus kracht. Ihre Predigt hielten sie als Gesangsstück zu einer bekannten Schlager-Melodie. Eisen, Stein und Brücke bricht, aber die zwischen Gott und Menschen nicht, sangen sie im Refrain. Nach Gottes Segen zog die ganze Schar, angeführt von der Kleinochsenfurter Trachtenkapelle, zum Marktplatz. Dort hatte die Vorsitzende des OCC, Conny Leimeister dem Bürgermeister und seinen getreuen Stadträten einiges zu sagen.
Von Schiffen, die hier anlegen, aber keine Touristen ins Städtle bringen. Natürlich wurde auch der Leerstand angeprangert. Und auch das strittige Thema Wohnmobilstellplatz ließ sie nicht aus. „Wohnmobile könnten da stehn. Das fanden Anwohner nicht schön. Umsonst war wieder alle Mühe. Da schei. . . jetzt statt Hunden Kühe“, reimte sie. Und statt auf der Picknickwiese mit vier Brötchen, Käse, Wurst und einem Ei am Boden zu sitzen, will sie lieber wieder in einen Ochsenfurter Biergarten gehen.
Gnade - und doch keine
Die Kritik ließ Bürgermeister Peter Juks nicht auf sich sitzen. „Immer nur zu motzen hat das Narrenpack und die Trunkenbolde.“ Er reimte dagegen: „Wir halten hier die Stadt in Schuss. Trotz leerer Kassen und Verdruss.“
Das sah die Narrenschaft dann doch ein und beschloss, dass Bürgermeister und die Stadträte weiter wursteln dürfen. Doch den Schlüssel fürs Rathaus und die Stadtkasse wollten sie trotzdem. Für die Eroberung hatten sie auch die Ochsenfurter Böllerschützen an ihrer Seite, die lautstark knallten. Die Stadtkasse, leer wurde geplündert, der Bürgermeister gefangen genommen und der Sieg die ganze Nacht lang im Schützenhaus gefeiert. Helau!