Gutes Zusammenleben funktioniert nicht ohne Vertrauen. Was aber, wenn dieses Vertrauen immer mehr schwindet? Wenn stattdessen Misstrauen, Kontrolle und Ängste überhandnehmen? Dann wird es schwierig in Beziehungen, egal ob privater oder öffentlicher Natur.
Diözesanempfang findet seit 2012 an der Universität statt
Denkanstöße geben, für Gesprächsstoff sorgen und Begegnung schaffen – das will der jährliche Empfang der Diözese Würzburg und ihres Caritasverbandes seit seiner erstmaligen Ausrichtung 2012. Und die Veranstaltung findet immer mehr Zuspruch.
Am Montagabend folgten rund 1200 Gäste aus Politik, Gesellschaft und Kirche der Einladung von Bischof Franz Jung. Thema diesmal: Vertrauen und Vertrauenskrisen. Organisiert hatte den Empfang im Zentralen Hörsaalgebäude der Uni Würzburg einmal mehr die Akademie Domschule, übertragen wurde auch digital.

Jung selbst fand in seiner Ansprache schnell zu einer Krise mit "eigener Betroffenheit": Der Missbrauchsskandal habe das Vertrauen in die Institution Kirche "tief erschüttert". Es bedürfe glaubwürdiger Personen und "enormer Anstrengungen, um sich das Vertrauen der Menschen wieder zu verdienen", sagte er selbstkritisch.
Bischof nimmt Bezug auf Trump, ohne ihn zu nennen
Doch der Vertrauensverlust hat längst übergegriffen auf Politik und Gesellschaft. Der Bischof verwies auf überbordende Dokumentationspflichten in Betrieben oder im Gesundheitswesen und das Bemühen, "sich permanent abzusichern". Dies binde wertvolle Ressourcen. Hinzu kämen Bestrebungen bestimmter Kreise, das Vertrauen in Institutionen der Wahrheitsfindung wie Universitäten, Gerichte oder Medien gezielt zu erschüttern.
Am Tag der Amtseinführung von Donald Trump fragte der Bischof: "Was ist eigentlich passiert, wenn Menschen denjenigen mehr Vertrauen schenken, die ganz offensichtlich gelogen und betrogen haben und sexuell übergriffig geworden sind und diese dann noch in höchste politische Ämter wählen?"

Antworten suchte als Gastreferent der Philosoph Martin Hartmann, seit 2024 Rektor der Hochschule Luzern. Er hielt ein Plädoyer für ein gesundes Vertrauen, das nicht blind ist und kritisches Hinschauen einschließt – das aber ein permanentes Kontroll- und Sicherheitsbedürfnis verdrängt.
Warum das gar nicht so leicht ist? "Weil wir uns damit verletzlich machen." Die Bereitschaft dazu sei geschwunden, so Hartmanns Diagnose. Vertrauen sei "akzeptierte Verletzlichkeit" – inklusive Risiko, enttäuscht zu werden. Das müsse man "wollen". Es sei ein Paradoxon unserer Zeit, dass sich Menschen nach Nähe und Emotionalität sehnen, sie mangels Vertrauen aber nicht finden. Stattdessen lasse man sich von den Algorithmen sozialer Medien leiten.
Auch wissenschaftliche Fakten brauchen Vertrauen
Hartmann skizzierte die teils drastischen Folgen für die Gesellschaft. Der demokratische Staat lebe von dem Vertrauen in Institutionen und politische Repräsentanten, ebenso die Wissenschaft. Im Zuge der Impfdebatte habe man selbst in der Medizin gemerkt: "Es reicht nicht, die Fakten zu präsentieren." Sie müssten angenommen werden, dafür brauche es Vertrauen.

Es kann umgekehrt selbst zum Problem werden. Dann nämlich, wenn Menschen sich allzu sehr zurückziehen auf das Vertraute und Bekannte, sich damit abspalten oder Populisten hinterherlaufen – "wenn also Menschen nur doch das glauben, was sie glauben wollen." Insofern habe auch Misstrauen seine Berechtigung, "Rückfragen und Kritik gehören zur Demokratie".
Teilnehmerin des Diözesanempfangs war auch Irme Stetter-Karp, die Präsidentin des Zentralkomitees der Deutschen Katholiken (ZdK). Sie lenkte den Blick auf den Deutschen Katholikentag, der im Mai 2026 in Würzburg stattfindet und dessen Motto lautet: "Hab Mut, steh auf!" Ohne Vertrauen sei dies nicht möglich.
