Dies bestätigt der Leiter der Abteilung Schulen bei der Regierung von Unterfranken, Gustav Eirich. Er verweist auf eine Dienstbesprechung zwischen Kultusministerium und den Regierungen, bei der man sich auf dieses Vorgehen geeinigt habe.
„In Zeiten der Krise sind kreative Lösungen gefragt“, erklärt auf Anfrage der Sprecher des Kultusministeriums, Ludwig Unger. Unger sagt, Ministerium und Regierungen seien sich einig, dass sie nach einem „gestaffelten Vorgehen“ zunächst die qualifiziertesten Bewerber auswählten und weniger qualifizierte Bewerber nur zur Überbrückung und befristet anstellten. Auf der Website des Ministeriums liest sich das unverblümter: „Jetzt Lehrer werden!“, steht dort. Als Vertretungskräfte eingestellt würden auch „Lehramtsstudenten höherer Fachsemester“ oder Akademiker „ohne Lehrbefähigung“ mit Deutsch als Fremdsprache.
„Bei uns in Unterfranken ist es so, dass es ab Januar ganz gewaltig holpert, wenn wir nicht schnell neue Lehrkräfte finden“, erklärt Eirich. Mit Blick auf die „gestaffelte Vorgehensweise“, die das Ministerium empfiehlt, sagt er, dass man schon alle greifbaren qualifizierten Lehrkräfte von der Warteliste angestellt habe. Auch habe man alle Lehrer in Teilzeit und in Elternzeit kontaktiert und sie gebeten, ihr Stundendeputat zu erhöhen.
„Seit letzter Woche werben wir um unsere jungen Pensionisten. Einige haben uns erfreulicherweise signalisiert, dass sie zurückkommen wollen“, so Eirich. Demnächst werde man versuchen, zum Februar fertig werdende Gymnasiallehrer für den Unterricht an Mittel- und Berufsschulen abzuwerben – man dürfe ihnen sogar feste Beamtenstellen anbieten. Im Notfall aber greife man tatsächlich auf Geisteswissenschaftler ohne Referendariat zurück, denn die „Bedarfe“ seien „riesig“.
Wie massiv der Bedarf ist, erklärt Eirich mit Blick auf die Berufsschulen. Schon jetzt habe man an Unterfrankens Berufsschulen 37 Übergangsklassen für Flüchtlinge eingerichtet – im Verlauf der kommenden eineinhalb Jahre müssten aber aus 37 Klassen „130 bis 135 Klassen“ werden. Gerade im September und im Oktober seien ja täglich Zehntausende von Flüchtlingen über die Grenze nach Bayern gekommen. Ab Jahresanfang bräuchten viele dieser Menschen Unterricht; der Focus liege auf dem Spracherwerb. Im Grund- und Mittelschulbereich gibt es derzeit in Unterfranken 45 Übergangsklassen; außerdem viele reguläre Klassen mit einigen Flüchtlingskindern. Auch die Zahl der Mittelschul-Übergangsklassen werde noch steigen, sagt Eirich. Ihm ist es ein großes Anliegen, den unterfränkischen Lehrerinnen und Lehrern zu danken, die bisher „kreativ und vorbildlich und mit großem Engagement“ die außergewöhnliche Situation gemeistert hätten.
„Das Kunststück für die Lehrer ist es, erst einmal herauszufinden, auf welchem Stand die Schüler sind“, sagt Christoph Rüttiger, Schulleiter der Grund- und Mittelschule Frammersbach (Lkr. Main-Spessart). Aufgrund der Inklusion habe man ja schon ohnehin sehr heterogne Klassen, – wenn jetzt noch die Flüchtlingskinder dazukämen, seien die Lehrer schon sehr gefordert.
„Wir müssen unbedingt alles tun, um die Flüchtlinge zu integrieren. Sonst entstehen Parallelgesellschaften“, sagt der Sprecher des Kultusministeriums, Ludwig Unger. Unger verweist auf das „Riesenpaket“, das das Ministerium für die Bildung der Flüchtlinge geschnürt hat: 1079 neue Lehrerplanstellen und zusätzlich über 600 weitere Stellen für Lehrer im Angestelltenverhältnis hat das Kultusministerium bewilligt. Das Paket, das fürs Jahr 2016 runde 160 Millionen Euro kostet, wird der Landtag voraussichtlich nächste Woche bei der Beratung des Nachtragshaushalts beschließen.