Von einem Heiligen, der zur Spottfigur gemacht wurde, war da beispielsweise in Leserbriefen zu lesen, und von „völlig talentfreier“ Arbeit. Vorwürfe, die dem Riedenheimer Bildhauer Fernando Gabel nahe gehen. Schließlich war er es, der dem dem völlig heruntergekommenen Standbild des Brückenheiligen wieder ein würdiges Aussehen geben sollte. Ein Unterfangen, dass ihm aus Sicht seiner Auftraggeber auch gelungen ist.
Die Ursprünge der Heiligenfigur liegen im Dunkeln. Keine Inschrift weist auf den Stifter oder die Entstehungszeit hin. Lediglich zwei Fotos aus den 30er Jahren zeugen vom Aussehen vor dem Zweiten Weltkrieg, sagt Kirchenpfleger Claus Menth. Als Vorlage einer Rekonstruktion sind sie jedoch zu ungenau.
Fest steht, dass die Figur bei der Zerstörung Aubs Ende des Zweiten Weltkriegs mitsamt der Gollachbrücke gesprengt wurde und dabei großen Schaden nahm. Erst 1954 besann man sich des Brückenheiligen wieder und stellte ihn zurück auf die Brüstung der wiederaufgebauten Gollachbrücke. „Das war damals nur noch ein Torso, den man aus der Gollach gefischt und wieder zusammengeflickt hat“, sagt Claus Menth. Der originale Kopf des Nepomuk blieb verschwunden – bis heute. Stattdessen befestigte man ein Haupt aus Beton über dem Hals der Statue. Auch das Postament, von dem der Nepomuk früher auf die Passanten hinunter schaute, ließ man weg.
Mit den Jahren gefiel die Figur den Aubern immer weniger, vor allem nicht der neue Kopf. Zu klein, dazu mit knabenhaften Zügen und devot nach vorn gesenkt, ragte er aus den Sandstein-Schultern. Unpassend proportioniert, verglichen mit der männlich würdevollen Anmutung des Originals. Wahrscheinlich, so vermutet Claus Menth heute, hatte man dem Heiligen aus Kostengründen einen fremden Kopf aufgesetzt, statt einen neuen eigens anzufertigen.
Die Kirchenverwaltung nahm es nun in die Hand, die Figur restaurieren und wieder auf ein Podest stellen zu lassen. Nach einer Beurteilung des Landesamts für Denkmalpflege und einer Ausschreibung erhielt der Riedenheimer Bildhauer Fernando Gabel dafür den Zuschlag.
Die Gesamtkosten beziffert Claus Menth auf rund 5000 Euro. Weil man aufs Geld schauen muss, beantragte man Zuschüsse und besann sich auf eine originelle Aktion. Fledermauskot aus dem Dachboden der der Stadtpfarrkirche wurde als Blumendünger verkauft und brachte 1500 Euro in die Kasse.
Bildhauer Gabel sah sich vor einer schwierigen Aufgabe. Wesentliche Details wie die Hände und der in einer fellartigen Struktur gehaltene Schulterkragen, waren bei der Reparatur in den 50er Jahren aus Steinersatzmasse nachmodelliert worden. Auch die war mittlerweile völlig verwittert.
Der Bildhauer formte fehlende Teile aus Modelliermasse nach und legte seinen Auftraggebern zwei Gipsmodelle zur Begutachtung vor, nach deren Vorbild schließlich der neue Kopf aus Sandstein gehauen wurde. Dass sich die Kritik nun einzig und allein auf den Kopf konzentriert, ärgert Bildhauer und Kirchenpfleger gleichermaßen. „Über den Kopf kann man ja von mir aus streiten“, sagt Claus Menth, „aber es geht um die ganze Figur. Dass man die erhalten hat, sollte man herausstellen.“ Hinzu kommt, dass man aus Kostengründen eine möglichst günstige Lösung angestrebt hatte.
Fernando Gabel ist sich sicher, dass jeder Kopf Anlass zur Diskussion gegeben hätte. „Egal, wie der geguckt hätte, als neues Teil wirkt immer erst einmal störend“, sagt er. Wenn der Stein erst einmal Patina angesetzt hat, werde sich auch die Wirkung ändern.
Die Kritik, die er sich hat anhören müssen, sei ihm schon gehörig an die Nieren gegangen, stellt Gabel fest. Zumal sie auch aus der Richtung einer Firma gekommen sei, die bei der Ausschreibung der Restaurierung unterlegen war – „die Art und Weise, das ist einfach nicht fair“.
Ein Stück weit hat Claus Menth zur Gelassenheit zurückgefunden. In den letzten Tagen sieht er viele Auswärtige, die sich den Stein des Anstoßes selbst ansehen wollen. Er lädt sie zu einem kurzen Abstecher in die Stadtpfarrkirche ein. Dort ist der alte Zustand der Nepomuk-Figur an einer Bildtafel dokumentiert. Vor allem gibt es dort aber die Kreuzigungsgruppe von Tilman Riemenschneider zu sehen. Dem Apostel Johannes hat der Meister einen viel zu langen Zeh geschnitzt – trotzdem ist er berühmt geworden.