Von einem Erfolg für "Rettet die Bienen" gehen inzwischen alle aus: Gut eine Million Unterschriften muss das Volksbegehren Artenvielfalt bis zum 13. Februar sammeln. Zur Halbzeit haben schon knapp 700 000 Menschen in den Rathäusern Bayerns unterschrieben. Angesichts des Ansturms reagiert die Politik. Ministerpräsident Markus Söder (CSU) kündigte einen runden Tisch und ein umfassendes Gesetz für mehr Natur- und Artenschutz an – unabhängig vom Ausgang des Volksbegehrens.
Er wolle die Verbände und die Menschen an der Gesetzgebung beteiligen, sagte Söder am Donnerstag in München. "Das Motto muss sein: Rettet die Bienen und die Bauern." Natur- und Artenschutz gehe nur mit den, nicht gegen die Landwirte. "Das Volksbegehren darf nicht zu einem Höfesterben führen."
Söder handelt allerdings unter Zugzwang: Sowohl die Initiatoren als auch die Staatsregierung rechnen inzwischen fest mit einem Erfolg des Volksbegehrens in Bayern. Und wie sieht es in Unterfranken aus?

Auch in der Region hat der Kampf gegen das Artensterben bereits zahlreiche Menschen mobilisiert. Allerdings fällt die Beteiligung in den Gemeinden sehr unterschiedlich aus. In Würzburg beispielsweise haben sich bis Mittwochabend 9567 Bürger eingetragen, insgesamt gibt es in der Domstadt rund 98 400 Wahlberechtigte. Die nötige Zehn-Prozent-Hürde von etwa 9840 Unterschriften ist damit fast erreicht.
In Schweinfurt trugen sich bislang 2776 Menschen in die Listen ein, das sind knapp siebeneinhalb Prozent. Noch mehr Bienen-Freunde scheint es zum Beispiel in Bad Kissingen oder Haßfurt zu geben, wo jeweils bereits um die neun Prozent der Bürger für den Artenschutz unterschrieben haben (Stand Mittwoch). Und Marktbreit (Lkr. Kitzingen) ist sogar dem Trend voraus: Hier haben sich 304 von 2884 Wahlberechtigten eingetragen und damit schon zur Halbzeit die Zehn-Prozent-Hürde geknackt.
Ganz anders sieht es hingegen in Gemeinden wie Strahlungen (Lkr. Rhön-Grabfeld) oder Abtswind (Lkr. Kitzingen) aus. Dort dümpelt die Beteiligung bei zwei bis drei Prozent vor sich hin. Und auch in Lohr oder Marktheidenfeld im Landkreis Main-Spessart sind erst etwas mehr als die Hälfte der nötigen Unterschriften gesammelt.
Bis zum 13. Februar bleibt den "Bienen-Rettern" noch Zeit. Dann endet das Volksbegehren, das auf Änderungen im bayerischen Naturschutzgesetz zielt. Biotope sollen beispielsweise besser vernetzt, Uferrandstreifen stärker geschützt und der Öko-Anbau gezielt ausgebaut werden. Kritik daran kommt vom Bauernverband, der etwa vor den geforderten Mindestflächen für den ökologischen Anbau warnt und ein "Bauernbashing" beklagt.
Deshalb will Söder nun möglichst den Dialog suchen, zu seinem runden Tisch die Initiatoren des Volksbegehrens, Naturschutzverbände, aber eben auch den Bauernverband einladen. "Das Herz hat Sympathie. Aber wir müssen es so machen, dass es auch praktisch funktioniert", sagte Söder. Artenschutz müsse im Einklang mit der Landwirtschaft geschaffen werden. Söder will deshalb einen ausgewogeneren Gesetzentwurf: "Wir wollen das Gute aus dem Volksbegehren behalten, praktische Schwächen beheben, Förderungen der Landwirtschaft erhalten und sogar breiter wirken."
Mit Informationen von dpa
Wer zur Stimmabgabe wohin gehen muss, ist auf der Webseite des Volksbegehrens www.volksbegehren-artenvielfalt.de unter "Rathausfinder" aufgelistet. Zum Eintragen muss der Personalausweis mitgebracht werden. Die Eintragungszeit endet am 13. Februar.
Volksbegehren in Bayern Seit 100 Jahren ist die direkte Mitbestimmung in der Bayerischen Verfassung vorgesehen, zu Volksbegehren und Volksentscheiden kam es aber erst seit 1946. Für die Zulassung eines Volksbegehrens müssen 25 000 Unterschriften von Wahlberechtigten vorgelegt werden. Das Innenministerium entscheidet dann, ob der Vorschlag gesetzeskonform ist. Gibt es keine rechtlichen Bedenken, findet wie aktuell das eigentliche Volksbegehren statt: Innerhalb von zwei Wochen müssen sich zehn Prozent der Wahlberechtigten in Listen eintragen. Diese liegen in den Rathäusern aus. Bürger müssen grundsätzlich im Rathaus ihres Erstwohnsitzes unterschreiben. Knackt das Volksbegehren die Eintragungshürde, ist zunächst der Landtag dran. Er kann den Vorschlag zur Gesetzesänderung einfach annehmen. Eingetreten ist dieser Fall bisher nur einmal: Als 2013 der Landtag dem Nein zu Studiengebühren zugestimmt hat. Lehnt der Landtag das Begehren ab, sind die Bürger am Zug – es kommt zum Volksentscheid und alle Stimmberechtigten dürfen mit Ja oder Nein über den Vorschlag abstimmen. Eine einfache Mehrheit für Ja reicht aus, damit das Gesetz geändert wird. Doch der Landtag kann auch einen Gegen- oder leicht veränderten Vorschlag bei der Abstimmung vorlegen. Seit 1946 kam es in Bayern zu 19 Volksentscheiden, wobei sie in 13 Fällen nicht vom Volk initiiert wurden: Die Bürger sollten Verfassungsänderungen zustimmen. Diese Entscheide finden in der Regel in Verbindung mit Wahlen statt. Sechs Entscheide stammten tatsächlich aus dem Volk, erfolgreich waren drei: die Einführung kommunaler Bürgerentscheide (1995), die Abschaffung des Senats (1998) und das strenge Rauchverbot in Gaststätten (2010). (dpa)