D er Berliner Ring ist das Lieblings-Bauwerk von Würzburgs bekanntestem Lästerer Erwin Pelzig. Weil der 1960 eingerichtete Kreisverkehr für den Autofahrer die größte Herausforderung sei. "Wer's hier schafft, schafft's überall auf der Welt", sagt Pelzig und folgert, dass der Würzburger deshalb so heimatverbunden ist: "Weil die meisten schon im Berliner Ring gescheitert sind und gedacht haben, dann bleib' ich halt."
Interessanter philosophischer Ansatz für die Bodenständigkeit der Würzburger Autofahrer. Aber auch für die Auswärtigen. Wer deren Bemühungen im Ring beobachtet, dem wird klar, wie groß selbst in TBB, MSP, oder NES die Sehnsucht nach der weiten Welt sein muss. Nach dem Scheitern am Prüfstein Ring bleiben auch sie - leider hier.
Das Bleiben ist Programm auf Würzburgs Straßen. Damit keiner an Flucht denkt (beispielsweise es doch noch mal im Ring probiert, es vielleicht schafft und dann in die weite Welt oder wenigstens nach Schweinfurt davonfährt) wird ihm spätestens alle 200 Meter rot vor Augen. Das hat nichts damit zu tun, dass die Würzburger Verkehrsregler den Begriff "grüne Welle" offenbar für eine politische Bewegung halten, die es aus dem Verkehr zu ziehen gilt. Nein, die städtisch verordnete Rotlichtbehandlung soll den Würzburger erst mal zum Stehenbleiben und letztlich zum Bleiben animieren.
Wer sich einmal am Mainkai, wo jeder Fußgänger eine eigene Druckknopfampel besitzt, entlang gestaut hat, kann die Philosophie des Bleibens nachvollziehen. Beim Blick auf Meekuh und Arbeitsamt kommt jeder ins Sinnieren: So schlecht isses hier gar nicht. Jedenfalls besser als am Berliner Ring. Wer die 33 Rotphasen vom Heuchelhof zur Stadt durchgestanden hat, bleibt auch. Künftig in der Innenstadt. Oder fährt Straßenbahn. Oder denkt an Sex. Wie angeblich ein Drittel aller Autofahrer im Stop-and-go-Verkehr. Gelegenheiten dazu gibt's genug: 185 Ampelknotenpunkte (Ampeln sind's einige mehr) sind über die Stadt verteilt: Würzburg ein gigantisches Rotlichtviertel. Und die anderen zwei Drittel? Denken vielleicht an die Gattinger Straße. Oder daran, dass in Amsterdam eine Stunde Parken 3,20 Euro kostet. Und bleiben.
Bleibt rätselhaft, weshalb Stadtbaurat Christian Baumgart nun die Ampeln durch viele kleine Kreisverkehre wie in der Sanderau oder Zellerau ersetzen möchte. Sind wir zu viele geworden? Oder sollen nur die TBB-ler Kreiselfahren für die weite Welt da draußen üben?